Jill Barber hat viel erreicht. Ihre bezaubernden Lieder sammeln nicht nur zahlreiche Klicks, sie werden auch weiterhin ausgesprochen gerne als physische Tonträger konsumiert, sind also beeindruckend sammleraffin. Zudem wurden sie als TV-serientauglich befunden – „Orange Is The New Black“ und „Heartland“ profitierten beispielsweise von Barbers Song-Grandezza.
Bemerkenswert ist vor allem die stilistische Vielfalt der Kanadierin. Eigentlich vom Country-Folk kommend, überzeugte sie auch mit Ausflügen in den Jazz („Chances“, 2008) und ins Frankophile („Entre-sous“, 2020). So entstand wohl auch das Image eines „Canada’s Sweetheart“ – ein mithin zwiespältiger Stempel, den die Künstlerin mit dem Album „Homemaker“ nun spürbar loswerden möchte.
Inmitten der häuslichen Realität als „überforderte“ (Selbstaussage) zweifache Mutter und Ehefrau empfand sie zuletzt eine zunehmende Diskrepanz zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen. Heute Massey Hall, morgen Bodenschrubben … Kurzum: Barber erreichte einen Punkt, an dem dieses Album geschrieben werden musste! Die beiden Versionen ihrer selbst galt es miteinander zu versöhnen.
In dieser Mission ist Jill Barber wahrhaftig ein echtes Gänsehaut-Album gelungen. Stilistisch greift sie auf ihre Country-Folk-Wurzeln zurück. Mit berückender Ehrlichkeit, Zartheit und Reife greift uns dieses Repertoire ans Herz. Es findet nicht nur den passenden Ton, das authentische Wort für einen mutigen Realitätsabgleich, sondern auch betörende Melodien!
Intakt bleibt dabei auch Barbers Händchen für kongeniale Mitstreiter. Unter den Begleitern tummeln sich nämlich Koryphäen wie Paul Rigby an diversen Saiten, Geoff Hicks am Schlagwerk oder Meredith Bates an der Violine.
Alle Songs sind fein gewebt und strahlen zugleich Würde und Ruhe sowie eine fabelhafte Wärme aus. Getragen werden sie von einer Stimme, die das Beste von Nanci Griffith, Dolly Parton, Alela Diane und Jewel vereint. Im Titelstück feiert Barber übrigens, dass es manchmal schon eine große Leistung ist, den Tag irgendwie durchgestanden zu haben. Wie wahr.