Im Finale um den DFB-Pokal treffen Titelverteidiger RB Leipzig und Eintracht Frankfurt aufeinander. RB kann den Titel aus dem vergangenen Jahr wiederholen, Eintracht und Oliver Glasner einen zweiten Titel im zweiten Jahr schaffen. Vor allem in Frankfurt ist einiges los.
Im vergangenen Jahr sorgte RB Leipzigs Mittelfeldspieler Kevin Kampl für ordentlich Kopfschütteln nach dem erstmaligen DFB-Pokalsieg der Sachsen. Er goss eine Dose des Energydrinks von Red Bull, dem Hauptsponsor des umstrittenen Leipziger Fußballprojekts, in die Trophäe. Unverständnis war schon damals die häufigste Reaktion, da RB Leipzig ohnehin schon als seelenloses Konstrukt gesehen wird. Dieses Jahr steht der Club erneut im Pokalfinale. Der Gegner ist diesmal Eintracht Frankfurt. Kampl möchte seine Aktion aus dem Vorjahr wiederholen. „Absolut. Wenn wir den Pott holen, würde ich es genauso wieder machen. Hinter dem Foto steckt nichts Böses, das war in dem Moment pure Emotion“, rechtfertigte er sein Verhalten gegenüber „Bild-TV“. Kampl hob hervor, dass es nichts Neues sei, das Getränk eines Sponsors in den DFB-Pokal zu kippen. „Das ist ein Getränk unseres Sponsors. Das machen andere Vereine genauso, andere kippen da Alkohol rein“, sagte der Slowene.
Glasners letztes großes Spiel
Mit der Reaktion und der Entrüstung, die folgte, hätte Kampl nicht gerechnet: „Ich hatte 4.000 Nachrichten auf meinem Handy danach. Da waren unschöne Sachen dabei, die auf meine Kinder und meine Familie gegangen sind.“ Doch mit seinem Verhalten hatte Kampl nicht nur Fans, sondern auch andere Fußballvereine verärgert. Vor allem Traditionalisten wollten das Bild nicht sehen. Besonders Eintracht Frankfurt würde diese Geste dieses Jahr am liebsten verhindern. Für die Frankfurter geht es in dem Spiel auch deshalb um so viel, weil es neben dem Pokalsieg die Möglichkeit bietet, sich für das internationale Geschäft zu qualifizieren – und dem Kapitel Glasner ein versöhnliches Ende zu bieten. Denn Eintracht Frankfurt und Trainer Oliver Glasner werden sich nach dem DFB-Pokal-Finale in Berlin trennen. Dies hat ein kurzfristig angesetztes Gespräch in der vergangenen Woche zwischen Glasner und Sportvorstand Markus Krösche ergeben. Dass die Ergebnisse des harmonisch verlaufenen Krösche-Glasner-Treffens am späten Montagabend kurz nach dessen Ende bereits in einem „Bild“-Bericht öffentlich wurden, hat die Eintracht-Führung zusätzlich irritiert. Denn eigentlich sollten die Gespräche noch weitergehen. Eine kurzfristige Trennung noch vor dem 3. Juni ist erst einmal vom Tisch. Nach einer Wutrede im Anschluss an die Niederlage bei der TSG Hoffenheim hatte Vorstandssprecher Axel Hellmann Eintracht-Trainer Glasner öffentlich kritisiert und eine gemeinsame Zukunft mit dem Trainer angezweifelt. Der Coach besitzt bei der Eintracht eigentlich noch einen Vertrag bis 2024.
Die Eintracht-Bosse sollen in den vergangenen Wochen immer verstimmter über das öffentliche und das interne Verhalten von Glasner gewesen sein. Das öffentliche, immer noch ziemlich positive Bild von Glasner und das interne Bild sollen sich stark unterschieden haben, heißt es. Dazu passen Informationen, nach denen das Verhältnis von Glasner und einem Teil der Mannschaft nicht mehr intakt sei. Die Wutrede von Glasner nach der 1:3-Niederlage in Sinsheim soll das Fass dann zum Überlaufen gebracht haben. So hatte Glasner behauptet, dass sich Eintracht-Oldie Makoto Hasebe derart aufopfere, dass er nach den Spielen Blut im Urin gehabt haben soll. Nach Informationen aus dem Umfeld der Eintracht soll das jedoch nicht den Tatsachen entsprechen. So setzte sich bei der Eintracht immer stärker die Erkenntnis durch, dass es mit Glasner keine vertrauensvolle Zukunft geben könne. Dass er die Form von Souveränität, die sich die Eintracht-Oberen wünschten, nicht garantiere. Glasner steht also nur noch bei den ausstehenden Bundesliga-Spielen und im DFB-Pokal-Endspiel Anfang Juni gegen RB Leipzig an der Außenlinie. Zunächst einmal musste er jedoch eine Rot-Sperre absitzen. In Hoffemheim hatte er einen Ball auf das Spielfeld befördert und die Regel nicht gekannt, die besagt, dass Trainer für ein derartiges Vergehen von der Bank fliegen. Auch das soll die Eintracht-Bosse irritiert haben.
Toppmöller ein Topkandidat
Im Sommer soll scheinbar Dino Toppmöller die Nachfolge von Glasner antreten. Fix ist jedoch noch nichts. Toppmöller spielte in der Saison 2002/03 ein Jahr für die Eintracht und war zuletzt Co-Trainer bei Bayern München. Dem Vernehmen nach haben beide bereits über Details gesprochen. Krösche und Toppmöller kennen sich aus gemeinsamen Leipziger Zeiten, der Eintracht-Sportvorstand schätzt den 42-Jährigen sehr.
Dabei muss auch Krösche aufpassen. Krösche kann sich nun als Sieger fühlen, aber er sollte eines nicht vergessen: Die positiv verrückte Fan-Schar, die mit 40.000 Menschen in Barcelona war und das größte Fußballwunder dieses uralten Vereins erlebte, standen und stehen bis zuletzt hinter Glasner. Man hat das in den Momenten nach dem Halbfinalsieg in Stuttgart gesehen. Weil er authentisch ist. Ein Typ. Ein Erfolgstrainer. Wenn diese Leute lesen, dass sich eine Führungsetage echauffiert, dass ein Trainer trotz der Misserfolge in der Liga nach dem Pokalfinaleinzug mit einem Diver vor den Fans jubelt, dann haben die Verantwortlichen nicht verstanden, dass eine Kurve von Eintracht Frankfurt nur für diese Momente lebt. Weil die Liga seit Jahrzehnten meistens eine triste Veranstaltung ist. Man muss die Feste feiern, wie sie fallen. Für Oliver Glasner soll das offensichtlich nicht gelten. Auch bei der Bewertung von anderen Dingen. Der Sportjournalist Swen Thissen brachte es in seiner Kolumne auf den Punkt: Würde ein Christian Streich einen Ball aufs Spielfeld werfen, würde man in einschlägigen Medien lesen, wie authentisch und unverbiegbar er sei. Würde ein Jürgen Klopp per Wutrede nach einer zugegebenermaßen völlig harmlosen und berechtigen Frage eines Journalisten seine Mannschaft verteidigen, wäre ihm der Applaus des Boulevards sicher.
Krösche geht volles Risiko
Krösche und Hellmann, der übrigens bis vor Kurzem noch mit einem Wechsel zur DFL kokettierte, haben nun die Möglichkeit zu beweisen, dass mit einem anderen Trainer noch viel mehr möglich ist. Wobei man durchaus bezweifeln kann, ob das realistisch ist, wenn auch weiterhin in einem Pflichtspiel die defensive Dreierreihe aus Frührentner Makoto Hasebe, einem formschwachen Evan N’Dicka und einem dauerverletzten Almamy Touré besteht. Eintracht Frankfurt hat zuerst seinen Abwehrchef David Abraham verloren, um dann seinen anderen Abwehrchef Martin Hinteregger durch ein vorzeitiges Karriereende abgeben zu müssen. Einen Ersatz sucht man bis heute vergeblich. In der Hinrunde haben das Kolo Muani und eine weit über ihren Verhältnissen spielende Dreierreihe Götze-Kamada-Lindström vergessen gemacht. Hätte Krösche da nicht nachrüsten müssen? Und wer will ernsthaft Oliver Glasner böse sein, dass ihn diese Situation bis zur Explosion wütend macht? Erst recht, wenn sein Vorgesetzter nonstop und fernab jeglicher Realität Ziele ausruft, die mit dem aktuellen Kader einfach nicht zu erreichen sind. Im Sommer steht nun ein radikaler Umbruch bevor. Kamada wird gehen, Lindström, N’Dicka, Kolo Muani und vielleicht auch Djibril Sow ebenso. Oliver Glasner wurde nicht müde zu betonen, dass man mehr Qualität brauche, um sich wirklich via Liga für Europa zu qualifizieren.
Der Cheftrainer hat, das muss man ihm zum Abschied ankreiden, dennoch im Tagesgeschäft bei Weitem nicht das Optimum aus der Mannschaft herausgeholt. Er darf in der kommenden Saison nicht beweisen, dass er es besser kann – zumindest nicht bei der Eintracht. Markus Krösche hingegen muss nun zeigen, dass er weiß, was er tut.
Gewinnt Glasner nun auch das DFB-Pokal-Finale hat er im zweiten Jahr mit der Eintracht den zweiten Titel an den Main geholt. Gewinnt Leipzig, bestätigen sie den Titel aus dem vergangenen Jahr. So oder so – die Zeitungen werden voll damit sein.