Unruhe beim BFC Dynamo: Beim Berliner Regionalligisten steht der nächste mittlere Umbruch auf der Agenda.
Er war vielleicht das Gesicht des BFC Dynamo der vergangenen zwei Jahre: Christian Beck, seines Zeichens Stürmer mit langer Vorgeschichte beim 1. FC Magdeburg. Für die Elbestädter brachte es der inzwischen 35-Jährige von der Regionalliga bis zur 2. Liga alleine auf 290 Einsätze und stolze 123 Tore. Daher war man beim BFC Dynamo im Sommer 2021 stolz, sich die Dienste des Torjägers sichern zu können – und in der folgenden „Mammutsaison“ war auf den 1,96 Meter großen Angreifer sogleich Verlass: Alle 38 Ligapartien absolvierte Beck, seine 23 Treffer reichten sowohl zum Gewinn der Staffelmeisterschaft wie zu Platz eins in der Torschützenliste. Die absolute Krönung blieb allerdings versagt: In den Qualifikationsspielen zur 3. Liga gegen Nord-Meister VfB Oldenburg konnte man sich nicht durchsetzen. Mit einem neuen Trainer zur Saison 2022/23 und einigen personellen Änderungen im Kader galt der Titelverteidiger dann diesmal nicht als heißester Anwärter auf den Meistertitel – Becks Quote ist mit 14 Toren bei 28 Einsätzen aber immer noch beachtlich. Doch schon vor dem Heimspiel gegen Greifswald Anfang April eröffnete ihm der Verein, dass man sich kommende Saison neu ausrichten wolle und dabei ohne ihn plane. Wegen Familienzuwachs im heimischen Magdeburg hatte Beck ohnehin überlegt: „Da hat mir der Verein die Entscheidung abgenommen – ich gehe also nicht im Groll.“ Ein Verein in der Nähe seiner Familie – „nicht unterhalb der Oberliga“ – gilt somit als Voraussetzung für Becks kommende, vielleicht letzte Karrierestation. Die vom BFC Dynamo nun bereits bekannt gegebene „Rückholaktion“ von Rufat Dadashov (FC Schalke 04 II/RL West) verspricht dabei allerdings keine größere Veränderung der Stilrichtung im Spiel nach vorne. Der aserbaidschanische Nationalspieler – schon 2017/18 eine Saison bei Dynamo aktiv (23 Tore) – ist mit 31 Jahren ebenfalls erfahren und zwar sieben Zentimeter kleiner als Beck, aber ein klassischer Zielstürmer.
23 Treffer in 38 Ligaspielen
Und: Der sportliche Leiter Angelo Vier war zu seiner besten Zeit ebenfalls erfolgreicher Zweitligaangreifer und dürfte daher wissen, welche Spieler es gerade in der Offensive braucht. „Die Qualität und Intensität in der Regionalliga wird immer höher – da braucht man die passenden Spieler, um mitzuhalten“, erklärte der 51-Jährige dieser Tage zu dem Thema im „Kicker“. Doch Dadashov ist nicht der einzige Zugang, der bereits für die neue Spielzeit in Hohenschönhausen bekannt gegeben werden konnte. Mit Vasileios Dedidis wurde etwa ein weiterer Angreifer verpflichtet: Der von Ligakonkurrent Carl Zeiss Jena verpflichtete Spieler ist mit seinen 23 Jahren dabei einer, der noch über Entwicklungspotenzial verfügt. Das erkannte Manager Vier offenbar auch bei Amar Suljic (24), dessen im Sommer auslaufender Vertrag beim BFC gerade um ein Jahr verlängert wurde. Offen dadurch noch die Frage, ob es auch mit Cedric Euschen (sieben Tore in 27 Einsätzen diese Saison) im Sportforum weitergeht – der 25-Jährige war erst vor der Saison auf Betreiben des damals neuen Trainers Heiner Backhaus nach Berlin gelotst worden.
Neben Christian Beck stehen im Übrigen beim BFC Dynamo die Abgänge zweier weiterer verdienter Spieler zum Saisonende bereits fest, die wie der Stürmer im Sommer 2021 beim BFC landeten, aber in zwei Jahren Spuren hinterlassen haben. So brachte es Mittelfeldspieler Niklas Brandt schnell sogar zum Kapitän der Weinrot-Weißen – nun aber ist Schluss für den 31-Jährigen, der sich Ligakonkurrent Greifswalder FC anschließen wird. Linksaußen Darryl Geurts (28, SV Tasmania/Oberliga) sucht dazu sein Glück sogar eine Spielklasse tiefer. Die Abgänge weiterer, auch gestandener Kräfte sind dabei wahrscheinlich – denn Angelo Vier beschrieb die Saison 2022/23 zwar insgesamt als zufriedenstellend, das Aus im Halbfinale des Berlin-Pokals und die damit verpasste erste Runde im kommenden DFB-Pokal warf aber grundlegende Fragen zum Personal auf. Auch für Trainer Backhaus war dieser Misserfolg Anlass, sich Gedanken über die richtige Mischung in der Mannschaft zu machen. So wurde auch defensiv bereits gehandelt: Leon Bätge (VSG Altglienicke) etwa soll die „Baustelle“ des BFC zwischen den Pfosten endlich beheben. Vor dieser Saison war erst Mathias Hamrol (ZFC Meuselwitz) als Nummer eins verpflichtet worden, durch eine Verletzung lief BFC-Urgestein Kevin Sommer dem Neuzugang jedoch den Rang ab. Der 33-Jährige, der aus der eigenen Jugend stammt, bringt allerdings nicht die nötige Konstanz auf hohem Niveau mit. Neuzugang Bätge dürfte somit 2023/24 gesetzt sein, wodurch die Zeichen für Hamrol auf Abschied stehen könnten – denn Sommer ist als BFC-Getreuer praktisch unantastbar und wäre als Nr. 2 obendrein die perfekte Besetzung. Auch für die defensive Außenbahn wurde der BFC fündig, ebenfalls bei der VSG Altglienicke: John René Liebelt bringt mit seinen 21 Lenzen dabei bereits die nötige Qualität und Erfahrung vom Ligakonkurrenten mit und erhöht dadurch den Druck auf die arrivierten Kandidaten im Kader.
BFC steckt in einem Dilemma
Fakt ist allerdings, dass der BFC Dynamo mit Blick auf die kommende Spielzeit in einem Dilemma steckt. Einerseits ist 2023/24 schließlich die Tür für den Nordost-Meister zum direkten Aufstieg in die 3. Liga geöffnet – verlockend für die Hohenschönhauser, aber eben auch viele andere Traditionsvereine in dieser Staffel, alle Reserven für die „günstige Gelegenheit“ zu mobilisieren. Dazu hat Dynamo das Problem, dass auch im zweiten Jahr unter Trainer Backhaus wieder ein Umbruch stattfindet, was den Konkurrenten mit gewachsenen und nur punktuell verstärkten Teams einen Vorteil verleihen dürfte. Dazu hinkt die Infrastruktur für die 3. Liga immer noch hinterher – der neue Regierende Bürgermeister Kai Wegner soll dem Vernehmen nach zwar die Gelder für den der Spielklasse entsprechenden Umbau des Sportforums in Aussicht gestellt haben. Aber so schnell, das ist hinlänglich bekannt, geht es mit Planung und Umsetzung in der Hauptstadt nicht. Sollte sich die aktuelle Saison jedenfalls als verloren erweisen, weil in Folge des nächsten Umbruchs auch 2023/24 der Kader erst einmal zusammenfinden muss und somit nicht um den Aufstieg mitgespielt werden kann, dürfte es im emotionalen wie anspruchsvollen Umfeld des Vereins bald ungemütlicher zugehen. Dessen bewusst, hatte Angelo Vier bereits im November Druck vom Kessel zu nehmen versucht: „Das mittelfristige Ziel ist es“, erklärte der BFC-Manager damals, „irgendwann den Aufstieg zu schaffen.“