Ernährungsberaterin Lena Glas aus Saarbrücken hat alles, was sie über Ernährung gelernt hat, an sich selbst ausprobiert und über mehrere Jahre optimiert. Dabei hat sie festgestellt: Der weibliche Körper hat ganz spezielle Bedürfnisse.

„Meine Vision ist es, Frauen dabei zu unterstützen, sich endlich wieder wohl in ihrem eigenen Körper zu fühlen und im Einklang mit sich selbst zu leben“, sagt Lena Glas mit Bestimmtheit. Die 31-jährige Saarländerin hat sich vor über einem Jahr als Ernährungsberaterin selbstständig gemacht und sich auf Frauen spezialisiert. Hier berät sie auch aus der Rolle einer selbst Betroffenen. „Ich habe früher unter extremen Gewichtsschwankungen, Heißhunger und Fressattacken gelitten“, blickt Lena Glas zurück. „Bereits als Jugendliche habe ich schulischen Druck mit viel Essen kompensiert und manchmal drei Teller Nudeln auf einmal gegessen. Um das Gewicht wieder zu verlieren, habe ich mir dann selbst Diäten auferlegt und tagelang nur Tütensuppe gegessen. Ich hatte komplett verlernt, intuitiv zu essen.“
Nach dem Abitur und einem freiwilligen sozialen Jahr ging Lena Glas zunächst für ein Jahr als Au-Pair nach Amerika. Zurück in Deutschland, absolvierte sie eine Ausbildung als Hotelfachfrau und arbeitete hinterher in verschiedenen Positionen in der Kundenberatung und am Empfang renommierter Firmen. „Ich hatte immer das Gefühl, dass es nicht das Richtige ist und die Arbeit mich nicht wirklich erfüllt“ sagt Lena rückblickend. „Es lag schon immer in meiner Natur, Menschen zu helfen. Und ich wollte deshalb auch beruflich schon immer Menschen in irgendeiner Art und Weise unterstützen.“
Gleichzeitig war das Thema Ernährung stets präsent in Lenas Leben. „Nach Amerika fiel es mir noch schwerer, Gewicht zu verlieren. Ich habe so ziemlich alle Diäten ausprobiert, die schließlich immer wieder in Heißhunger und Essattacken endeten. Irgendwann hatte ich es buchstäblich satt und habe selbst angefangen, mir Wissen zum Thema Ernährung anzueignen und zu schauen, was für mich persönlich am besten funktioniert. Ich wollte professioneller an die Sache rangehen – wissen, was tatsächlich dahintersteckt.“ Um ihr Wissen zu prüfen, absolvierte Lena Glas eine Ausbildung zur Ernährungsberaterin. „Ich hatte ursprünglich gar nicht daran gedacht, das mal beruflich zu machen – die Motivation kam eher aus persönlichem Interesse heraus. Aber schon während der Ausbildung habe ich gemerkt, wie viel Spaß mir das Thema Ernährung bereitet und dass das ein Beruf sein könnte, mit dem ich Menschen tatsächlich mit meinem Wissen und meiner Erfahrung helfen kann.“
Zu der Zeit ging gerade ihr letzter Arbeitsvertrag zu Ende. Lena Glas ist der Meinung: „Es gibt keine Zufälle, sondern es passiert immer alles aus einem bestimmten Grund, und ich fühlte eine Berufung, Menschen zu helfen und an meinen Erfahrungen teilhaben zu lassen.“ Also wagte sie im März vergangenen Jahres mit „Vorsichtgesund“ den Weg in die Selbstständigkeit. „Gemeinsam mit meinen Kundinnen schaue ich sehr individuell, was die jeweiligen Bedürfnisse sind und wie die Ernährung dementsprechend langfristig umgestellt werden kann.“
Zuckerverzicht gegen Heißhungerattacken
Dazu betrachtet Lena jede Kundin ganzheitlich und bezieht in ihr Coaching auch Themen wie Stressmanagement mit ein. Grundlage jedes Coachings ist eine Bestandsanalyse des Essverhaltens: „Es gibt einen Fehler, den fast alle machen: Sie nehmen zu wenig Nährstoffe mit den einzelnen Mahlzeiten zu sich. Wenn mir meine Klientinnen am ersten Tag ein Bild von ihrem Frühstück schicken, ist es oft nur eine Scheibe Brot mit Käse. Das ist sehr einseitig, enthält wenig Nährstoffe und hat sehr wenig Volumen. Man kann diese Mahlzeit recht einfach größer und nährstoffreicher gestalten, indem man Gurken, Tomaten und Salat ergänzt. Das sättigt wesentlich länger – und schmeckt auch besser.”
Außerdem sei das Frühstück besonders wichtig, betont Lena Glas: „Vom langen ‚Fasten‘ nachts ist der Blutzuckerspiegel niedrig. Wenn man den Körper daran gewöhnt, morgens nichts zu essen, muss er sich seine Energie woanders herholen. Er hält sich dann mit Kortisol über Wasser – ein Stress-Hormon, das sich, wenn es dauerhaft produziert wird, letztendlich in Form des unschönen Unterbauchfettes zeigt.“ Zudem beobachtet die Expertin, dass viele Menschen oft ungeplant essen und keinen geregelten Ablauf haben. „Dadurch wird viel zwischendurch gegessen, was dann meist eher ungesunde Alternativen sind.“
Lena Glas hatte zu dem Zeitpunkt ihre eigene Ernährung weitestgehend optimiert und die überwiegend pflanzliche Ernährung als die für sich perfekte Ernährungsweise gefunden. Trotzdem litt sie hin und wieder unter dem für sie unerklärlichen Heißhunger. „Es gab eine Stellschraube, an der ich noch nicht gedreht hatte: der Zucker. Ich habe mich dann intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und in einem Selbstexperiment fast ein Jahr lang komplett auf Industriezucker verzichtet. Man muss sich vor Augen führen, dass der Blutzuckerspiegel nach dem Konsum rasant nach oben schnellt und genauso schnell wieder absinkt, was dann wiederum zu den Heißhungerattacken führt. Das ist ein ewiger Teufelskreis“, sagt sie. „Die Idee ist aber, den Blutzuckerspiegel die ganze Zeit über möglichst stabil zu halten.“

Der Verzicht habe ihr letztendlich geholfen, die Heißhungerattacken in den Griff zu kriegen: „Ich habe mich tatsächlich auch fitter gefühlt, meine Haut wurde wesentlich besser. Allerdings habe ich nach dem Jahr für mich festgestellt, dass ein kompletter Verzicht langfristig sehr einschränkt, daher bin ich Fan von der ‚80/20-Regel‘. Auf ein Stück Kuchen am Wochenende oder zu Festen kommt es nicht an. Die Dosis macht ja bekanntlich das Gift.“ Ihr Fazit: „Mit einer überwiegend pflanzlichen Ernährung und einer Reduzierung meines Zuckerkonsums habe ich schließlich meine optimale Ernährungsweise gefunden, mit der ich ohne Verzicht mein Wohlfühlgewicht und außerdem ein völlig neues Lebensgefühl erreicht habe.“
Allerdings sei es gar nicht so einfach, Zucker zu reduzieren, gibt Lena Glas zu bedenken: „Die meisten machen den Fehler, dass sie ihre Gewohnheiten von jetzt auf gleich komplett ändern wollen, aber das funktioniert nicht. Es ist wichtig, Schritt für Schritt neue Routinen in den Alltag zu integrieren. Ich versuche dann, Alternativen an die Hand zu geben. Wenn man zum Beispiel Lust auf Schokolade hat, ist es eine Möglichkeit, ein Stück Schokolade in eine gesunde Mahlzeit einzubinden, zum Beispiel mit Joghurt und Früchten. Dann hat man seine Gelüste befriedigt, aber gleichzeitig gesunde Nährstoffe aufgenommen. Man ist satt und isst nicht auch noch den Rest der Tafel. Außerdem sind Trockenfrüchte in Kombination mit Nüssen eine super Alternative für Naschkatzen.“ Heißhunger auf Schokolade kann aber auch auf einen Magnesium-Mangel hinweisen, dem man wiederum mit magnesiumhaltigen Lebensmitteln wie eben Nüssen, Bananen oder auch Rohkakao entgegenwirken kann.
„Zucker ist ein großes Problem“

Anhand ihrer eigenen Erfahrungen und der Erfahrung mit Kundinnen hat Lena Glas eine Vier-Phasen-Strategie entwickelt, um Zucker zu reduzieren. Diese war zuerst als Workshop angedacht, fließt jetzt aber eher als ergänzende Expertise in die Coachings ein, um insbesondere Frauen, die unter Zuckersucht leiden, zu unterstützen. „Zucker ist tatsächlich ein großes Problem – die Nachfrage nach Beratung in diesem Bereich ist enorm.“
Doch eine Sache machte Lena Glas im Bezug auf ihren Körper noch sehr zu schaffen. „Ich litt unter starken Periodenschmerzen”, erzählt die 31-Jährige. „Und emotional gesehen ging es mir nur eine Woche im Monat richtig gut. Ich weiß aus etlichen Gesprächen, dass es vielen Frauen so geht.“
Bei ihren Recherchen stieß sie auf die sogenannte zyklische Ernährung. „Die meisten Ernährungsempfehlungen gelten pauschal für Männer und Frauen. Dabei unterliegen Frauen hormonellen Schwankungen und haben individuelle Bedürfnisse. Frauen brauchen daher ein individuell auf sie abgestimmtes Ernährungskonzept“, erklärt Lena Glas.
Das Offensichtlichste sei den meisten noch bekannt: Einmal im Monat verlieren Frauen eine größere Menge an Blut, sodass es notwendig ist, die Eisen- und Zink-Speicher wieder aufzufüllen. „Aber das ist zu kurz gegriffen”, sagt Lena Glas. „Man kann den weiblichen Zyklus wie die vier Jahreszeiten betrachten – der Körper verändert sich wie die Natur. Man kann die jeweiligen hormonellen Bedürfnisse durch bestimmte Lebensmittel beeinflussen.“ Neben der Ernährung gehe es bei der Zyklus-Achtsamkeit aber auch darum, den Alltag an die vier inneren Jahreszeiten anzupassen und zyklisch zu leben.
Der Zyklus beginnt mit der Menstruation, dem ‚Winter‘. „Dieser geht mit einer dunklen, grauen und schlechten Stimmung einher. Man ist extrem schlapp und braucht viel Energie und entsprechend auch mehr Kalorien“, berichtet die Ernährungsberaterin. „Stärkereiche, warme Gerichte mit viel Eisen wie zum Beispiel Hülsenfrüchte, Rote Bete, Kürbis und Süßkartoffeln tun dem Körper dann gut. Aber auch ein wärmendes, sättigendes Porridge wirkt in dieser Phase wahre Wunder.“ Es gehe darum, sich Zeit für sich selbst zu nehmen, auszuruhen und auch Dinge wie Sport und Freizeittermine etwas ruhiger angehen zu lassen. „Wenn man das einmal verstanden hat, ist es viel leichter zu akzeptieren und nicht mehr gegen sich selbst zu arbeiten. Sonst ist man im ständigen Kampf mit dem eigenen Körper. Viele halten sich zurück wenn sie Hunger haben, aus Angst zuzunehmen. Dabei braucht der Körper in dieser Phase tatsächlich etwas mehr Energie.“ Kaffee und Alkohol verstärken als ‚Hormonstörer’ wiederum die Menstruationsschmerzen – und sollten in dieser Phase bewusst weggelassen werden.
In der Follikelphase, dem ‚weiblichen Frühling‘, steigen der Östrogenspiegel und damit das Wohlbefinden und Fitness-Niveau wieder an. „Jetzt sind probiotische Lebensmittel wie Joghurt oder Sauerkraut hilfreich, um den Darm auf den hormonellen Anstieg vorzubereiten“, so Lena Glas. „Der Eisprung ist dann bei den meisten Frauen die Zeit im Monat, wo sie sich rundum wohlfühlen. Das kann man ausnutzen mit leichten Gerichten und einem gesteigerten Trainingsniveau. Auch Alkohol verträgt man in dieser Zeit am besten.“
Fernstudium: Frauengesundheit

In der Lutealphase, dem Herbst, sinkt das Energie-Level langsam wieder ab. „Um Wassereinlagerungen vorzubeugen, ist es sinnvoll, Salz und Zucker zu reduzieren und wieder stärkereicher zu essen – beispielsweise Kartoffeln, Nudeln und Reis. Cashewkerne mit dem darin enthaltenen Tryptophan können sich positiv auf die Stimmung auswirken.”
Lena Glas ließ sich erneut auf ein Selbstexperiment ein – mit Erfolg. „Schon nach zwei Monaten hatte ich deutlich weniger Beschwerden”, berichtet sie. „Mittlerweile habe ich gelernt, jede einzelne Phase des Zyklus zu akzeptieren und für mich zu nutzen. Den ‚Herbst‘ nutze ich zum Beispiel, um zu reflektieren, wo ich gerade stehe, was ich brauche und was ich verbessern kann. Es dauert zwar ein bisschen, aber wenn man lernt, mit den einzelnen Phasen zu leben und sie für sich zu nutzen, kann man viel Lebensqualität gewinnen. Mein Leben hat sich ganzheitlich zum Positiven verändert – und viele meiner Kundinnen berichten von ähnlichen Erfahrungen.“
Doch Lena Glas gibt sich nicht damit zufrieden, auf der Stelle zu stehen. Sie absolviert derzeit ein Fernstudium zum Thema Frauengesundheit: „Ich sauge alle Informationen zur weiblichen, ganzheitlichen Gesundheit auf wie ein Schwamm. Sämtliches Wissen, das ich weitergebe, habe ich an mir selbst ausprobiert. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man mit Ernährung super viel erreichen kann, um mit sich selbst und seinem Körper im Einklang zu sein.“