Die Schweiz ist an spektakulären Anblicken sicher nicht arm. Einen der schönsten findet man im Kanton Schwyz in der Zentralschweiz. Mit der steilsten Standseilbahn der Welt geht es auf den Stoos.

Schön, spektakulär, steil – Stoosbahn. So lässt sich der Weg nach Stoos und Umgebung wohl in Kürze am besten beschreiben. Am spektakulärsten kommt man zu dem autofreien 150-Seelen-Dorf im Kanton Schwyz mit den Stoosbahnen. Davon ist die allerspektakulärste sicherlich die Verbindung mit der Standseilbahn Schwyz-Stoos – ihre maximale Neigung von 47,73 Grad macht sie mit einer Steigung von 110 Prozent zur steilsten Standseilbahn der Welt. Diese neueste Version einer Standseilbahn nach Stoos nahm 2017 den Betrieb auf und überwindet auf einer Länge von 1.740 Metern eine Höhendifferenz von 744 Metern.
Das schnittige schwarz-gelbe Gefährt mit den auffälligen vier Kabinen, die Fässern ähneln, gilt als technisches Meisterwerk. Die Stoosbahn ist so beeindruckend, dass sogar der Gesamtprojektleiter Bruno Lifart in einem Interview mit dem Magazin „GO!“ zugab, dass seine Emotionen bei der Premierenfahrt ähnlich steil fuhren wie die Bahn selbst. „Ich hatte vielleicht 200 Puls, vielleicht nur 180, aber auf jeden Fall war das sehr erfüllend.“ Neben den technischen Finessen ist die Fahrt den Berg hinauf das eigentliche Erlebnis. Denn die zylinderförmigen Gondeln bleiben selbst an der steilsten Stelle immer waagrecht. Man merkt also von dem Anstieg nichts bis sehr wenig.
„Diese Bahn ist eine Summe der absolut neuesten Technologie und da schlägt das Herz eines Maschineningenieurs höher“, fasste Lifart im Interview zusammen. Zwei Motoren mit einer Leistung von jeweils 1.000 Kilowatt – das entspricht in etwa der Leistung von 200 Mittelklassewagen – treiben die Bahn an. Sie erreicht dabei eine Höchstgeschwindigkeit von 36 km/h und bremst ebenso feinfühlig ab, wie sie auch losfährt. Sie kann bis zu 1.500 Gäste pro Stunde transportieren, was zu „Stoos-Zeiten“ auch notwendig ist, da nicht nur die Fahrt selbst, sondern auch die Umgebung des Dorfes Stoos hoch oben großartig ist und Tausende Touristen anzieht.
„Absolut neueste Technologie“
Nach dem Parken an der Talstation oder auf einem der zahlreichen Parkplätze direkt gegenüber dem Eingang – ein Euro pro Stunde nur – kann man erst mal eine Art Stoos-Fanshop mit Selbstbedienung besuchen. Oder man spart sich das für oben auf; dort gibt es einen noch größeren Shop mit Shirts, Kuhglocken, Schnapsgläsern, Kühlschrankmagneten, Regenschirmen, Kleinigkeiten zum Essen und Trinken und vieles mehr. Und was sich auf der Fahrt mit der Standseilbahn mit dem Passieren von drei Tunneln bereits andeutet, wird hier eindrucksvoll bestätigt: der Blick auf die Urner Alpen, eine Gebirgsgruppe in den Westalpen.
Von der Talstation aus startet man die 744 Höhenmeter bei 562 Meter über dem Meeresspiegel. Von der Bergstation auf dann 1.306 Metern aus geht es per Sessellift nochmals mehr als 900 Meter höher. Entweder fährt man auf den Fronalpstock (1.920 m.ü.M.) oder auf den Chlingenstock (1.935 m.ü.M.). Wie auch immer – die Aussicht ist grandios. Da Stoos ein beliebtes Skigebiet ist, hat das Dorf zwar nur rund 150 ständig dort lebende Bewohner, aber dafür etwa 2.200 Gästebetten. Mit einem Pkw darf man lediglich mit einer Ausnahmegenehmigung hochfahren, ansonsten ist Stoos autofrei.

Daher sind die Stoosbahnen auch nicht nur eine reine Touristenattraktion, sondern sie sorgen dafür, dass der Ort Stoos erreichbar ist. Neben der Standseilbahn und den Sesselliften hat der Stoos noch die Luftseilbahn Morschach–Stoos zu bieten. Diese führt seit 1981 über 475 Höhenmeter auf mehr als zwei Kilometern Luftlinie hinab nach Morschach. Der kleine Ort mit seinen rund 1.200 Einwohnern liegt am Vierwaldstättersee (ehemals „Luzerner See“) und somit auf dem Gebiet der Kantone Uri, Schwyz, Unterwalden und Luzern. Allein in der Umgebung des 114 Quadratkilometer großen Sees kann man mehrere Tage verbringen und Schiffsfahrten buchen, Tauchen lernen oder Wassersport wie Stand-up-Paddling betreiben.
In Morschach selbst gibt es diverse Wanderwege mit unterschiedlicher Schwierigkeit und Streckenlänge. Vom „Tourismusplätzli“ im Dorfzentrum gelangt man beispielsweise zur Alp Schilteli, wobei der Weg teilweise auf dem „Weg der Schweiz“ verläuft. Der obere Teil auf die Alp bietet einem ein gewaltiges Panorama – vom Schwyzer Talkessel bis zu den Urner Alpen. Auf dem Weg zurück zum Ausgangspunkt passiert man idyllische Heimwesen und zwei Kapellen. Wer sich dabei ruhig verhält, hat die Chance, das eine oder andere Wildtier zu beobachten.
Frische Luft und viele Kühe
Zurück auf den Stoos. Das Dorf kann gemütlich durchschritten werden. Stetes Gebimmel von Kuhglocken und Stimmen von spielenden Kindern oder sich unterhaltenden Naturbewunderern sind dort die Begleiter. Es gibt für einen so kleinen Ort zahlreiche Möglichkeiten zur kulinarischen Einkehr, auch einige Shops, etwa Geschäfte für Sportartikel oder Bekleidung. Der Ort ist so, wie man sich die Schweiz im Klischee vorstellt. Grüne Wiesen, 360-Grad-Blick auf beeindruckende Berggipfel, Almhütten für die Freizeit nach dem Sportspaß, private Wohnhäuser für gut Betuchte, frische Luft, sauberes Wasser und Kühe – überall Kühe.
Schon auf den 1.306 Metern in Stoos bietet sich ein wunderbarer Ausblick auf viele Gipfel der Zentralschweiz. Den kann man gemütlich auf mehreren gut zu gehenden Wanderwegen genießen. Die „Stooshorn-Runde“ beispielsweise ist mit ihren rund 2,8 Kilometern gut für Kinder und Eltern mit Kinderwagen geeignet. Der Weg, der gerade ausgebaut und Anfang August fertiggestellt wird, ist mit einer gelben Katze gekennzeichnet und hat diverse Attraktionen für die jungen Besucher, etwa eine Riesenschaukel, mit der man durch die Luft fliegen kann. Über den Weg verteilt sind weitere spielerische Elemente und Tafeln mit QR-Codes. Über das Handy können zudem verschiedene Kurzgeschichten angehört werden, in denen man mehr über die Vergangenheit erfährt und in die Geschichte vom Stoos eintaucht.
Wem das noch nicht reicht, setzt sich in den Sessellift und fährt auf den Chingenstock. Dort auf dem Gipfel beginnt der luftige „Gratweg Stoos“, von wo einen der Blick hinunter auf den Vierwaldstättersee ständig begleitet. Der etwa vier Kilometer lange Weg ist schmal, aber gut ausgebaut. Falls es mal eng wird, sind einige Auf- und Abstiege mit Treppen durchsetzt und abschüssige Stellen mit Ketten gesichert. Der Weg setzt Trittsicherheit und Schwindelfreiheit voraus, ist aber breit genug, sodass sich zwei Personen queren können. Offiziell wird der Weg in die angegebene Richtung empfohlen, damit man nicht so oft mit anderen Besuchern den Weg kreuzt – wie gesagt: Das Ziel ist äußerst beliebt.

Wer es exklusiver mag, kann eine Sonnenaufgangsfahrt auf den Fronalpstock buchen. Dabei kann man jeden Freitag im August und September die mystische Morgenstimmung auf dem Gipfel erleben und dem Tag dabei zuschauen, wie er die Schlafmütze beiseiteschiebt und sich reckt und streckt, um die Massen an Touristen zu stemmen. Allerdings fährt die Standseilbahn im August bereits um 5 Uhr und im September um 5.40 Uhr auf den Stoos, danach geht es mit den Sesselbahnen auf den Fronalpstock. Im Gipfelrestaurant gibt es die Möglichkeit, ein Frühstücksbuffet zuzubuchen. Die Sonnenaufgangsfahrten sollen nicht nur dem Auge etwas bieten; sie bieten auch die Gelegenheit, praktisch allein auf dem unbevölkerten Wanderweg unterwegs zu sein.
Stoos grenzt direkt an die Gemeinde Muotathal und diese wiederum liegt im Muotatal. Dort gibt es ebenfalls atemberaubende Möglichkeiten, die Freizeit zu verbringen. Mit dem Swiss Holiday Park ist beispielsweise das größte Ferien- und Freizeitresort der Schweiz in unmittelbarer Nähe. In der Erlebniswelt Muotathal kann man eine Husky-Lodge besuchen und diverse Führungen mit den hübschen Hunden buchen. Ebenfalls einzigartig zeigt sich ein Höhlenerlebnis: Mit mehr als 200 Kilometern bekannter Länge gilt das Hölloch als eines der größten Höhlensysteme der Welt. Dort kann man verschiedene Führungen mitmachen und kriechend das System erkunden.