Wenn über die Zukunft der Rente diskutiert wird, geraten auch Pensionen ins Blickfeld. Die Belastungen für die öffentlichen Haushalte sind beträchtlich. Forderungen nach grundlegenden Änderungen im System haben aber wenig Chancen.
Es ist ein finanzielles Pulverfass, auf dem Bund und Länder sitzen. Bereits im vergangenen Jahr zahlten Bund und Länder über 80 Milliarden Euro für die Beamtenpensionen. Diese Zahl wird sich, nach vorsichtigen Schätzungen des Statistischen Bundesamtes, in den kommenden zehn Jahren verdoppeln. Bereits heute ist jeder Steuerzahler bundesweit bei den Pensionen für die Beamten in Bund und Ländern mit gut 10.000 Euro persönlich beteiligt. Eine Steigerung von fast 90 Prozent gegenüber dem Jahr 2000.
In den nächsten Jahren werden die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen, weit über eine halbe Million Arbeitskräfte, die Anfang 2030 nicht nur in ihren Dienststellen fehlen, sondern auch die Allgemeinheit viel Geld kosten werden.
Aktuell gibt es im Bundesbereich rund 600.000 Pensionäre, im Länderbereich rund eine Million und bei den Kommunen knapp 150.000, also insgesamt rund 1,8 Millionen (Quelle: statista).
„In den kommenden Jahren steigen die Ausgaben für die Pensionen von Bundes- und Landesbeamten in nie gekannte Höhen. Der Barwert der Pensionsverpflichtungen des Bundes – also der auf heute abgezinste Wert der künftigen Zahlungen – belief sich Ende 2019 auf rund 809 Milliarden Euro. Doch damit nicht genug: Für die Länder türmt sich der Wert der Pensionszusagen, zu denen auch die Beihilfen zur Krankenversicherung der Ruheständler zählen, auf insgesamt 1,2 Billionen Euro“, stellte das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in einer Studie bereits 2020 fest. Zusammen ergibt das eine Summe von gut zwei Billionen Euro.
Die amtierende Bundesregierung mit Finanzminister Christian Lindner steht vor der Herausforderung, diese gigantische Summe zu finanzieren – und nicht nur sie, sondern auch etliche Folgeregierungen. Die Ansprüche sind jetzt erworben, und anhand der Lebenserwartung von Beamten ergeben sich entsprechend dauerhafte Belastungen, die weiter steigen werden.
An mögliche Reformen, die in diese Ansprüche eingreifen würden, ist nicht zu denken. Für den Präsidenten des Deutschen Beamtenbundes (DBB), Ulrich Silberbach, ist so etwas auch wenig realistisch, denn Beamte müssten gegenüber den Angestellten im öffentlichen Dienst ja auch Nachteile in Kauf nehmen. So würden die Beamten bei vergleichbaren Tätigkeiten weniger Vergütung bekommen als ihre angestellten Kollegen. Obendrein kann sie der Dienstherr nach personellem Bedarf einfach versetzen, und Beamte dürfen nicht streiken.
Der Beamtenbund legt ansonsten keinen großen Wert auf eine tiefergehende Debatte mit FORUM über die Zukunft einer gerechten Pensionsberechnung. Politiker in Bund und Ländern fassen das Thema öffentlich auch nur ungern an. Was nicht nur daran liegen dürfte, dass auch ihre Alterseinkünfte auf Grundlage der Beamtenbesoldung berechnet werden.
Dabei gibt es gravierende Unterschiede in den Berechnungen bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und Beamten. Bei den Arbeitnehmern wird die Rente nach den lebenslangen durchschnittlichen Einzahlungen in die Rentenversicherung berechnet, bei Beamten berechnet sich die Pension nach der letzten, somit höchsten erreichten Besoldungsgruppe.
Eine Frage der Gerechtigkeit?
Dass die Schere zwischen Pensions- und Versorgungsansprüchen auf der einen und Renten auf der anderen Seite weit auseinanderklafft, ist nicht neu. In der Regel ist das auch kein großes Thema, wenn es nicht einen Auslöser gibt, durch den die ungleiche Situation noch einmal deutlich wird.
Das war zuletzt der Fall, als es um eine Inflationsprämie von 3.000 Euro für Beamte ging. Da war nur schwer zu erklären, warum andere in finanziell deutlich schlechteren Verhältnissen, die die Auswirkungen der Inflation vielleicht sogar noch viel deutlicher zu spüren bekommen, nicht ebenso behandelt werden.
Die Gerechtigkeitsfrage stellt sich aber auch grundsätzlich, wenn Pensionen im Schnitt um runde eintausend Euro höher ausfallen als Renten.
Nicht nur in der Politik versucht man, dem Thema nicht allzu viel Raum zu geben. Auch Gewerkschaften, die im öffentlichen Dienst ihre Mitglieder haben, sind eher zurückhaltend in diesen Fragen.
„Die Altersversorgung der Beamtinnen und Beamten ist ein völlig eigenständiges System der Alterssicherung, welches mit der gesetzlichen Rente nicht vergleichbar ist. Die Beamtenpension deckt die erste und zweite Säule der Altersvorsorge ab. Die erste Säule ist die gesetzliche Rente, die zweite Säule ist die betriebliche Altersvorsorge, d. h. Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes“, heißt es in Begründungen unisono von Bundesinnenministerium über Beamtenbund bis zu Ver.di. Soll heißen: Das mit den Vergleichen sei etwas komplizierter, als es auf den ersten Blick aussieht.
Trotzdem bleibt es schwieriges Feld, was sich auch darin widerspiegelt, dass Vorschläge zu Änderungen des gesamten Systems der Altersversorgung, also Renten und Pensionen, immer wieder aufgerufen werden. Die Finanzierungsprobleme der Rente, so die Begründung von Reformvorschlägen, liegen auch daran, dass eben nicht alle einzahlen. Die logische Forderung also: auch Selbstständige, Abgeordnete und eben Beamte müssten daran beteiligt werden. Dass das machbar ist, zeigen einige europäische Nachbarn.
Im Koalitionsvertrag der Ampel-Partner findet sich zwar viel zum Thema Rente, auf den Einstieg in ein grundlegend anderes Modell konnten sich die Partner aber offenbar nicht verständigen.
Umso deutlicher vernehmbar sind allerdings wieder entsprechende Forderungen im Zusammenhang mit den aktuellen Renten.
Dass die Diskussionen an das Gerechtigkeitsempfinden vieler gehen, ahnen wohl auch Bundeskanzler Scholz und die meisten der Kabinettskolleginnen und Kollegen. Auch sie erhalten die 3.000 Euro Inflationsprämie, wie Beamte, Richter und Soldaten, weil solche Tarifabschlüsse gleichlautend auch auf Bundesminister übertragen werden. Schulz und etliche Regierungsmitglieder haben angekündigt, das Geld zu spenden.