Ein kulinarischer Besuch jenseits der Grenze lohnt sich in unserer Region immer. Unser Gastro-Kritiker gibt Tipps, wo er selbst immer wieder gern hingeht.
Immer wieder fragen mich wildfremde Menschen nach interessanten Brasserien, Bistros oder Wirtshäusern in der französischen Nachbarschaft. Aber auch bekannte saarländische Köche! Das klingt dann so: „Hallo Rolf, ich suche ein kleines Bistro in Frankreich, nicht zu weit von der Grenze. Bedingung: Ich will da am Montag hinfahren, ich habe Montag doch Ruhetag.“ Ich habe schon einmal an dieser Stelle in FORUM meine Favoriten zusammengefasst. Doch es kommen immer wieder neue hinzu – Zeit für ein Update.
Die Reise zu den Nachbarn startet dieses Mal in Saarbrücken, denn am Grenzübergang Goldene Bremm steht die „Neue Mohr’sche Anlage“. Dort kocht der Franzose Antony Moller eine lothringisch-saarländische Küche. Antony kocht gern traditionell und klassisch; bürgerlich, bodenständig aus beiden Ländern, und die Portionen sind reichlich. Seine Fonds zieht er selbst, und auch die Kuchen backt er selbst. Ansonsten gilt hier: essen, trinken, schwätzen.
Sowohl die Preise als auch die Qualität der Speisen kommen beim Stammpublikum gut an. Die besondere Grenzsituation dieses Gasthauses prägt auch die weitere Speisekarte. Ob nun die in Frankreich so beliebten burgundischen Schnecken auf der Wunschliste stehen oder die deftigen saarländischen „Gefillde“ oder „Hoorische“: Hier wird jeder fündig.
Vielen Besuchern des Saarlandes ist „der Woll“ in Spichern bekannt. Und zu einem Besuch an der Saar gehört ein Essen in Frankreich! Also hoch zum „Restaurant Woll“ nach Spichern. Natürlich wollen vor allem deutsche Gäste hier französische Gerichte essen. Das sind dann bei den Vorspeisen häufig Froschschenkel, Weinbergschnecken, Quiche Lorraine oder Pâté du Chef. Andere bestellen gern „Crevettes roses“.
Bei den Hauptgängen orientieren sich viele am Fleisch der Metzgerei Schwamm. Lammkoteletts, Entrecôtes oder Cordon bleu Munster. Da kann man gar nichts falsch machen! Viele Gäste kommen auch extra für einen Flammkuchen hierher. Dieser wird immer noch nach dem uralten Familienrezept der Familie Woll zubereitet. Ein echter Renner, der sich immer lohnt.
Ein Bistro, wie ich es aus Paris kenne, gibt es in Kreutzwald: „Le Baron rouge“. Wer allerdings ein beschauliches Gasthaus sucht, um in Ruhe ein Mittagessen zu genießen, ist hier falsch. Im „Le Baron Rouge“ wird täglich das Leben gefeiert. Hier ist es voll, fröhlich, hier wird man zuvorkommend empfangen und ist für zwei Stunden in einer anderen Welt. Ich habe bei meinem Besuch 14 (!) Tafeln gezählt, auf denen Weine und Speisen notiert waren. Und obwohl es proppenvoll war, war es richtig lustig und angenehm, aber nicht sinnlos laut. Ich kam mir eher vor wie in einem Theaterstück.
Dieses Bistro ist wirklich einmalig. Hier soll man sich wohlfühlen, gut essen und nicht als arme Kirchenmaus das Haus verlassen.
Seit Jahrzehnten fahre ich auch gern nach Montenach ins Dreiländereck zur „Auberge de la Klauss“. Familienoberhaupt Charles Keff überzeugte mich schon in den 1980er-Jahren mit seinem Angebot. Mittlerweile ist er im Ruhestand und sein Sohn Frédéric mit Ehefrau Valérie sind verantwortlich für Bistro und Hof. Sein anderer Sohn Alexandre betreibt gegenüber mit Ehefrau Mathilde eines der schönsten Hotels mit exquisitem Restaurant in unserer Gegend. Beide Häuser sind hervorragend geführt, und all die wohlschmeckenden Dinge, die es hier zu kosten gibt, können Sie auch mit nach Hause nehmen. Nebenan befindet sich ein kleiner Hofladen, das „Magasin de L’Auberge“, wo all die Produkte des Bauernhofs, hervorragende Weine, regionale Käse und auch Wurst, Eier und Terrinen erstanden werden können.
Besondere Weine aus der Region
Weiter geht’s ins „krumme Elsass“. In Zeiten, in denen viele Menschen Urlaub daheim machen, bieten die Regionen südlich von Saargemünd viel Natur und wundervolle Überraschungen für alle, die ein gutes Glas Wein und ein besonderes Essen schätzen. Wir sind am Saar-Kohle-Kanal unterwegs. Auf der Seite, auf der wir ankommen, steht das original Schleusenhäuschen mit der Nummer 16. Auf der anderen Seite, weit sichtbar, finden wir das Restaurant „Ecluse 16“. Das Anrichten der Teller erinnerte mich an höchste Kochkunst großer Restaurants und lässt keine Wünsche offen. Ich fragte den Chef nach seiner Philosophie, und der sympathische Jean-Yves Leroux antwortete mir: „Es geht mir immer um das beste Produkt und um gutes Handwerk.“ Mein Tipp: Wenn Sie diese große Kochkunst kennenlernen wollen, fahren Sie mittags hierher und bestellen Sie sich ein besonderes Mittagsmenü.
Ein weiterer Tipp: Vic-sur-Seille zwischen der lothringischen Seenplatte und Lunéville. Nicht weit von Dieuze und dem Étang de Lindre, der ruhigste von den fünf großen Seen der lothringischen Seenplatte. Ein besonderes Essen gibt es hier im Bistro „L’Event“. Küchenchef Sébastien Louis ist ein Großer, und das schmeckt man! Bei unserm letzten Essen standen, nach dem gemischten Vorspeisenteller, Rinderkotlett aus Altweiler,Kalbskopf mit Sauce gribiche, Wolfsbarsch mit Püree und einer Kokos-Curry-Sauce zur Auswahl. Danach Mousse au Chocolat mit roten Früchten oder eine Bourbon-Vanillecreme mit Äpfel und Birnen. Ich nahm Kalbskopf, Wolfsbarsch und Mousse au Chocolat. Wenig später fuhr ich wieder hin, weil es hier einfach so gut schmeckt. In dem historischen Ort Vic-sur-Seille mit seinen 1.200 Einwohnern findet man als Gast Ruhe, gutes Essen und besondere regionale Weine aus Vic-sur-Seille selbst. Außerdem Museen sowie Rad- und Wanderwege in einer herrlichen Landschaft. Und zu den großen Seen ist es auch nicht weit – falls Sie schwimmen gehen wollen.
Vor Kurzem fuhr ich mit meinem Freund Ralf nach Alberschweiler. Wir gingen in das Naturschwimmbad der Roten Saar schwimmen und hatten anschließend ordentlich Hunger. Also ab in die „Auberge de la Forêt“. Und was soll ich sagen: Wir waren sehr zufrieden. Ein toll geführtes Haus mit riesigem Garten und nicht nur einem außergewöhnlichen Wochenmenü und guter Weinkarte. Es gibt hier eine Speisekarte der Jahreszeiten, beeindruckend gekocht. Mittlerweile hat hier die junge Generation übernommen. Alexandra und Hugo führen das Werk der Mutter Nicole Risch und Großmutter Odile weiter.
Neben Restaurant auch ein Bistrot
Öfter fahre ich auch mit meinem Freund Oliver nach Ostfrankreich zum Essen. Für uns ist das immer verbunden mit Erinnerungen an Kindheit und Jugend, wenn der Vater sagte: „Heute fahren wir nach Frankreich essen.“ Fénétrange hat einen wunderschönen historischen Ortskern und eine lange Geschichte. Wir lieben es, durch die alten Gassen zu streifen. „La Licorne Bleue“ ist ein traditionelles Haus. Das Angebot „Plat du jour“ hängt für den ganzen Monat an der Tür. Ein Haus von Frauen geführt. Seit 2020 arbeiten hier Christelle in der Küche und Marie-Claude im Service. Die Küche ist wohlschmeckend und besonders, mit frischen Produkten der Jahreszeiten. Die lothringische Paté „Le pâté lorrain du roi Stanislas“ könnte ich wöchentlich essen. Auch die Weinkarte ist nicht zu verachten.
Früher fuhren wir auch häufig nach Phalsbourg, um die große französische Küche goutieren zu können. Das mache ich heute immer noch gern. Seit der Übernahme durch Küchenchef Philippe Jégo im „La Table de l’AN 2“ gibt es hier jetzt auch ein Bistro – das „Bistrot du Soldat“. Auf der riesengroßen Tafel im Bistro sind die unterschiedlichen Angebote unter den Bezeichnungen „Meer“ und „Erde“ zu finden. Einige Gerichte von ihm sind sensationell. Etwa Kalbskopf, „wie in Paris mit Salzkartoffeln“ wurde in einer Pfanne serviert, deren Stil dem Eiffelturm glich. Wie in Paris meinte wohl: unvergesslich. Und so war er. Viele große Stücke Fleisch vom Kalbskopf, natürlich mit Fett – ein Traum. Das war genau mein Ding. Seine Küche ist eine Verbeugung vor der großen bürgerlichen Küche Frankreichs.