In „Voll ins Leben“ kündigt ein Animateur seinen Job und sucht in Paris nach seiner Jugendliebe. Das Problem: Er hat seinen Arbeitsplatz, ein Urlaubsresort, nie zuvor verlassen. Zu sehen ist der Film seit 14. September im Kino.
Dany Boon ist in Frankreich ein Superstar. Durch seine Filme wie „Willkommen bei den Sch’tis“ und „Nichts zu verzollen“ ist der 57-Jährige auch beim deutschen Kinopublikum bekannt. Nun kommt mit „Voll ins Leben“ eine neue Komödie mit Boon auf die Leinwände.
Tridan hat sein Leben im mexikanischen Urlaubsresort Club Med verbracht. Er wurde dort geboren und kennt nichts anderes als diese recht eingeschränkte Welt, in der die Menschen ihre Ferien verbringen. So ist Tridan an die Tatsache gewohnt, dass seine Freundschaften selten länger als eine Woche dauern. Nun ist er 50 Jahre alt geworden und möchte nach einem Zusammenbruch sein Leben umkrempeln. Da muss doch mehr sein jenseits von Pools, Appartements und All Inclusive? Außerdem hat er nie richtig vergessen, dass er sich einmal im Leben verliebt hat – und zwar als Kind in die gleichaltrige Violette. Um sie wieder zu finden, verlässt Tridan den Club und fliegt nach Paris. Dort gelandet sieht er die Weltstadt mit naiven Augen und wirkt etwas verloren, er ist aber glücklich und voller Vorfreude. Eine Unterkunft findet er bei Louis, seinem Halbbruder. Der aber ist etwas genervt von Tridan und möchte ihn eher früher als später loswerden. Seine Idee: Er bittet seine Freundin Roxane, sich als Violette auszugeben. Das scheint zu klappen. Tridan meint, seine Jugendliebe auf den ersten Blick zu erkennen.
Figur, mit der sich das Publikum identifiziert
Wie in vielen seiner Erfolgsfilme zuvor spielt Dany Boon erneut den einfachen Mann, der sich nicht über seine Menschen erhebt, sondern ihre alltäglichen Rituale filmisch spiegelt. Die französischen Kinogänger und Kinogängerinnen bevorzugen schon immer diese Geschichten, in denen die Helden und Heldinnen mit ihnen auf Augenhöhe sind. Dany Boon hat diesen modernen französischen Heimatfilm mit seiner Sch’tis-Reihe perfektioniert. In „Voll ins Leben“ präsentiert der Schauspieler erneut den Antihelden und den einfachen Franzosen, mit dem sich jeder Zuschauer identifizieren kann. Auf seiner Reise von Mexiko nach Frankreich begegnet er jedem Menschen mit Sympathie, Freundlichkeit und Offenheit – ganz so, wie er es Zeit seines Lebens erfahren hat. Immerhin sind ihm die Urlauber im Club Med ebenso positiv gegenüber getreten – warum also sollte es in der französischen Hauptstadt nicht so sein? Im Flugzeug greift er schon mal zur Gitarre und bringt Passagiere ebenso wie Flugbegleitung zum Singen und Tanzen. Die nüchternen Fragen der Flughafenangestellten interpretiert er als Komplimente, das herablassende und abweisende Verhalten seines Halbbruders nimmt er gar nicht wahr, so groß ist die Freude auf sein neues Leben. Wie unterfahren er ist im Großstadtleben, zeigt sich auch im Restaurant. Tridan vergisst, seine Rechnung zu begleichen. Ja wie? Ist das nicht alles „all inclusive“?
Dass „Voll ins Leben“ gut funktioniert, ist auch Boons Co-Stars zu verdanken. Charlotte Gainsbourg spielt Roxane, die in die Rolle von Tridans unbekannter Jugendliebe Violette schlüpft und dabei schier alles falsch macht. So charmant und verdreht ist die Tochter von Serge Gainsbourg und Jane Birkin wohl noch nie in einem Film aufgetreten. Kein Wunder, dass sich Tridan gern der Illusion hingibt, Roxane sei tatsächlich seine echte Violette. Wie sich die beiden kennenlernen, miteinander ausgehen und den Alltag erleben, ist so wunderbar zu sehen, wie es wohl nur in einem französischen Film zu erleben ist. Dass bei ihrem Kennenlernen die „Stadt der Liebe“ ihrem Namen alle Ehre macht, ist da wohl selbstverständlich. Den Gegenpart zu so großer Lebensfreude spielt Kad Merad als Tridans Halbbruder Louis. Merad überzeugt nach seinen Auftritten in den Sch’tis-Filmen erneut als ewig schlechtgelaunter Grießgram mit liebevollem, aber etwas verborgenem Herzen.
Charmant verdrehte Darstellung
Multitalent Dany Boon spielt in „Voll ins Leben“ nicht nur die Hauptrolle, er hat sich den Tridan als Drehbuchautor auch selbst auf den Leib geschrieben und die Regie geführt. Das Ergebnis ist nicht ganz so charmant wie die Sch’tis-Filme oder „Im Taxi mit Madeleine“ und „Mein fabelhaftes Verbrechen“, in denen Boon auch die Hauptrollen innehat. In manchen Szenen ist „Voll das Leben“ etwas platt geraten, etwa wenn Tridan sich immer wieder vor Omnibussen erschreckt und sich an sein Trauma erinnert: Jeder, den er in seinem Urlaubsresort liebgewonnen hat, ist ja letztlich wieder mit einem Bus abgereist, jedes Mal ist Tridans Einsamkeit größer geworden. Aber die Franzosen haben aus „Voll ins Leben“ dennoch einen Kinoerfolg gemacht – und die charmante Tragikomödie wird auch das deutsche Publikum gut unterhalten.