Die Universität Luxemburg hat gerade ein rundes Jubiläum gefeiert. 20 Jahre jung – und längst etabliert. Die Erwartungen sind groß. Sie soll ein Nukleus bei der digitalen Transformation des Landes sein.
Vom dicken Stress der letzten Vorbereitungen des großen Jubiläums ließ sich Jens Kreisel wenig anmerken. Ein bisschen Stolz und Selbstbewusstsein schimmerte aber doch ab und an durch, als der Rektor der Universität Journalisten der Landespressekonferenz Saar Ideen, Konzepte und Visionen der noch jungen Universität erläuterte.
Dieser Tage feierte die Universität Luxemburg ihr 20-jähriges Bestehen. Einerseits kaum zu glauben, dass das Großherzogtum erst Anfang der 2000er-Jahre zu dem Entschluss kam, dass zu dem Land auch eine eigene Universität gehören sollte. Kaum zu glauben auch deshalb, weil sie inzwischen längst zu einer derart festen Größe geworden ist, dass man den Eindruck haben muss, sie gehöre schon länger als 20 Jahre dazu.
Schon der Blick aus der Ferne auf Belval signalisiert, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Uni handelt. Mit viel architektonischer Fantasie sind die neuen Gebäude rund um die alten Hochofensilhouetten des Ex-Stahlkocherstandortes gruppiert, eine ehemalige Produktionshalle der Hütte hat sich zu einer hochmodernen Landesbibliothek gemausert, mit 1.000 digitalen Arbeitsplätzen und einem Blick auf die industrielle Vergangenheit.
Digitalisierung ist überhaupt das zentrale Motto. Im Selbstverständnis ist die Uni Teil der großen digitalen Transformationsstrategie des Landes, die im Übrigen auch dazu beitragen soll, Luxemburg das bislang wesentlich als Finanzplatz reüssiert, breiter aufzustellen.
Breit aufgestellt in der Ausbildung und ansonsten „fokussiert auf Exzellenz“, beschreibt Kreisel das Konzept. Kreisel ist erst seit Jahresbeginn Rektor, zuvor war der Physiker und Materialwissenschaftler fünf Jahre Vize-Rektor. Der gebürtige Deutsche aus Dortmund hatte zuvor eine internationale Karriere mit Stationen in Lyon und Grenoble, Oxford und Warwick hinter sich. Er gilt als profunder Kenner der luxemburgischen und europäischen Forschungslandschaft.
Exzellenz strebt die Uni vor allem in drei Feldern an: digitale Transformation, digitale biomedizinische Forschung und digital gestützte Nachhaltigkeit. Die großen Überschriften sind noch kein Alleinstellungsmerkmal, das ergibt sich erst daraus, dass die Universität in Luxemburg die Schnittstellen zwischen diesen Bereichen identifiziert und ihre Forschung darauf konzentriert. Dafür hat sie nach den Worten von Rektor Kreisel eine „Strategie der Interdisziplinarität“ entwickelt nach dem Motto „partnerships as key“. Und für die Exzellenz hat die Uni sich selbst eine „Kultur des Nischen-Suchens“ verordnet.
Zahlenmäßig ist die Uni eher klein, aber der Blick auf die Zahlen spiegelt eindrucksvoll die Ambition von Exzellenz wider: 3.000 Bachelor-Studierende, 2.000 Master-Studierende und 1.000 Doktoranden. Ein Verhältnis, das es so nur selten gibt. Den internationalen Anspruch unterstreicht auch, dass Studierende und Lehrende aus 130 Nationen an Luxemburgs Uni versammelt sind. Für den Erfolg der Strategie des Landes spricht auch, dass etwa die Hälfte ausländischer Studierender nach dem Studium im Land bleibt.
Auf die Frage, ob die Uni einen Wachstumskurs einschlagen will, winkt der Rektor eher ab. Sein Ziel sei „nicht unbedingt eine Erhöhung der Studierendenzahlen“. Vielmehr betont er: „Mein Ziel ist Qualität.“
Forschungsstrategie für die Zukunft Luxemburgs
Dabei versteht sich die Uni ganz auf Linie der Landesstrategie in der digitalen Transformation, und das hat auch unmittelbare Auswirkungen. „Heute dient die Universität dem Land als strategischer Partner bei der Gestaltung der Zukunft Luxemburgs und ist einer der größten Arbeitgeber des Großherzogtums“, so Jens Kreisel. Es gibt zwar, ähnlich wie im Saarland, so etwas wie eine Leistungsvereinbarung zwischen Hochschule und Land. Darin sind aber inhaltliche Ziele beschrieben, weniger quantitative wie etwa Studierendenzahl oder Zahl der Habilitationen und Promotionen oder Veröffentlichungen. Obwohl sich auch deren Zahlen sehr gut sehen lassen können.
Im internationalen Vergleich kann die Luxemburger Uni in der vergleichsweise kurzen Zeit in einigen Rankings auf durchaus bemerkenswerte Platzierungen verweisen. Das Times Higher Education (THE) World University Ranking 2021 platziert die Universität Luxemburg unter die 250 besten von 1.527 Universitäten weltweit.
Für die Perspektiven der Entwicklung des Wissenschaftsstandorts hatte Claude Meisch, Minister für Hochschulwesen und Forschung, bereits 2020 eine Forschungs- und Innovationsstrategie samt nationaler Forschungsprioritäten vorgestellt. Übrigens das erste Mal, dass Luxemburg eine formale nationale Forschungsstrategie vorgelegt hat. Darin wird beschrieben, wie sich das „wissenschaftliche Ökosystem“ Luxemburgs in den nächsten zehn Jahren, also bis 2030, entwickeln und in welchen Bereichen hauptsächlich investiert werden soll. Dabei wurden die Grundlagen beschrieben, auf denen die von Kreisel beschriebenen Fokussierungen beruhen.
Die Finanzierung des 300 Millionen Euro starken Budgets kommt weitgehend aus öffentlicher Hand, etwa 70 Millionen davon werden von der Uni nach eigenen Angaben selbst eingeworben, etwa durch Forschungsförderung. Über 170 Projekte stammen aus dem EU-„Horizon“-Topf, dem großen EU-Forschungsförderprogramm, das für den Zeitraum von 2022 bis 2027 mit fast 100 Milliarden Euro ausgestattet ist.
Den Standort auf dem Konversionsgelände in Esch-Belval mit einem Großteil der Institute und der Verwaltung hat erst 2015 den Betrieb aufgenommen. In Luxemburg-Stadt gibt zwei weitere kleinere Standort auf dem Kirchberg und dem Lippertsberg.
Anlässlich ihres Jubiläums hat die Universität eine neue öffentliche Vortragsreihe gestartet, auch Teil des Selbstverständnisses ihrer Rolle im Land. Das Motto „20 Years of Ideas“ greift vielfältige Themen von gesellschaftlichem Interesse auf, von Fintech zu öffentlichem Recht, von Künstlicher Intelligenz bis zum Wohnungsmarkt, von Biomedizin zu digitaler Geschichte, von digitaler Ethik zur inklusiven Finanzwirtschaft und vielem mehr: Forscher aus unterschiedlichen Fachgebieten präsentieren Forschungsergebnisse und Lösungen für die Welt von morgen. Die Vorträge finden vom 21. September bis zum 29. Februar 2024 statt. Auch diese Reihe soll ein Beitrag dazu sein, wie es in der Forschungs- und Innovationsstrategie beschrieben ist: Luxemburg 2030 – eine „vielfältige und nachhaltige Wissensgesellschaft“.