Durch einige neue Parteien könnte es rein rechnerisch neue Koalitionsoptionen in Luxemburg geben. Derzeit regiert eine Gambia-Koalition der sozialdemokratischen Arbeiterpartei mit den Grünen und der Demokratischen Partei von Ministerpräsident Xavier Bettel.
Für die Wahl am 8. Oktober kandieren insgesamt elf Parteien. Die Parteienlandschaft ist in letzter Zeit durch Neugründungen bunter geworden. Die Wahl wird allgemein als offen eingeschätzt, weniger, weil den Neu-Parteien besonders große Erfolge zugetraut werden. Aer deren Ergebnisse könnte mögliche Koalitionsbildungen nach der Wahl beeinflussen, je nachdem, woher ihre Stimmen kommen.
Die Gambia-Regierungsparteien:
DP und Premierminister Xavier Bettel
Die Liberalen sind zwar nur drittstärkste Kraft, stellen aber den Regierungschef. Nach zehn Jahren hat das Ansehen von Xavier Bettel naturgemäß auch einige Kratzer bekommen, aber seine Wahlkampfqualitäten (er wird schon mal als Wahlkampfmonster, als charismatisch und rhetorisch begabt, bezeichnet) werden von den politischen Mitbewerbern gefürchtet. Mit sechs Zukunftsthemen ist die Partei in den Wahlkampf gestartet: Wohnungsbau, Inflation, Energie, Arbeit, Familie und Bildung. Bettel selbst zieht eine „starke Bilanz“ seiner bisherigen Amtszeit, bezeichnet die Pandemie als schwerste Herausforderung. Das richtige Verhältnis „zwischen Freiheit und Restriktion“ zu finden, sei ein schwieriger Balanceakt gewesen, gerade für ihn als Liberalen. Die Partei sieht sich selbst gerne als Sowohl-als-auch-Partei, die für Arbeitnehmer ebenso sorgt wie sie Unternehmen in den Krisen hilft. Im Wahlprogramm stehen zudem auch die großen Themen wie Investitionen in den Wohnungsbau, Energiewende und weitere Infrastrukturprojekte. Alles Projekte mit enormen Finanzbedarf. Außerdem wird die Erfüllung eines älteren Wahlversprechens fällig, nämlich einer grundlegenden Steuerreform.
LSAP (Arbeiterpartei) und Paulette Lehnert
Im Kabinett arbeitet Paulette Lehnert eng mit Xavier Bettel zusammen, im Wahlkampf herrscht Konkurrenz. Lehnert könnte erste Regierungschefin im Großherzogtum werden.
Die Juristin kam 2018 als Ministerin ins Kabinett (Entwicklungszusammenarbeit), übernahm dann 2020 das Gesundheitsressort, bewährte sich als Krisenmanagerin in der Pandemie. „Hätte ich die Wahl gehabt, wäre mir keine Pandemie lieber gewesen. Es mussten schnelle Entscheidungen her, und das in einem unklaren Kontext mit vielen Bedenken. Ich bin stolz darauf, dass ich das ‚überlebt‘ habe“, sagt sie in der Zeitschrift „L‘Essentiel“. Sie hat es nicht nur überlebt, sondern führt die Rangliste beliebter Politiker an. Die LSAP wirbt mit einem ganzen Themenpaket und dem Slogan: „Zesummen“, zusammen. „Gesellschaftlicher Zusammenhalt ist keine Selbstverständlichkeit mehr“, sagt LSAP-Spitzenkandidatin Paulette Lenert. Entsprechend liegen Schwerpunkte im sozialen Bereich, umfassen Maßnahmen für Senioren und Jugend, Gesundheit, Ehrenamt, aber auch Medien, Diversität, Demokratie – und natürlich Außenpolitik, wenn schon der dienstälteste Außenminister in den eigenen Reihen ist. Natürlich gehören auch die beiden Megathemen Wohnen und Mobilität zum Programm.
Dei Gréng (Grüne) und Sam Tanson
Bei der letzten Wahl (2018) konnten die Grünen fünf Prozentpunkte zulegen und damit drei zusätzliche Mandate gewinnen. Sie stellen derzeit fünf Minister, mit denen sie auch im Wahlkampf als prominente Zugpferde auftreten: neben Spitzenkandidatin Sam Tanson (Justiz, Kultur) sind das François Bausch (Vize-Premier, Mobilität), Henri Kox (Ex-Präsident von Eurosolar, Minister für Wohnen), Claude Tumes (Ex-Europaabgeordneter, Minister für Energie) und Joelle Welfring (Umwelt). Spitzenkandidatin Sam Tanson steht für klassische grüne Politik: „Die größte Herausforderung für meine Generation ist, unsere umweltpolitischen Ambitionen aufrechtzuerhalten und Klimaneutralität zu erreichen. Das wird uns nicht durch eine einzelne Maßnahme gelingen. Wir müssen unser Land in den Bereichen Mobilität und Energie weiter modernisieren und die Unternehmen weiterhin beim ökologischen Wandel begleiten“. Ihr Ziel ist, mindestens das gute Ergebnis von vor fünf Jahren zu halten (15 Prozent, neun Abgeordnete).
Die Opposition:
CSV (Chrëschtlech-Sozial Vollekspartei) mit Luc Frieden
Die konservative, pro-europäische CSV, vergleichbar der deutschen CDU, hatte im katholisch geprägten Luxemburg bis vor zehn Jahren quasi ein Regierungsabo. Auch nach der Ablösung ist sie weiter die stärkste politische Partei, allerdings mit einer immer weiter nachlassenden Zustimmung. Vor fünf Jahren fuhr sie ihr bislang schlechtestes Ergebnis (28 Prozent) ein.
Auf Social Media beschreibt sich die CSV selbst mit dem Slogan: „Mir sinn d‘Vollekspartei vun der sozialer Mëtt“ (Volkspartei der sozialen Mitte). In der Opposition hat sich die Partei mit Erneuerung schwer getan. Ihr neues Parteilogo soll mehr bunte Vielfalt und Modernität signalisieren. Spitzenkandidat ist allerdings jemand, der 15 Jahre im Kabinett von Jean-Claude Juncker Minister war: Luc Frieden. Aus Sicht der Partei steht er damit für Kompetenz und Krisenerfahrung, aus Sicht der politischen Mitbewerber verkörpert er altes, neoliberales Denken. Er selbst sagt: Luxemburg braucht in den aktuell schwierigen Zeiten „vor allem Fortschritt und Bewegung“.
Déi Lénk (Linke)
Sie ist aktuell mit zwei Abgeordneten im Parlament vertreten. Politisch spielt die Linke keine besondere Rolle, nach einem eher enttäuschenden Abschneiden bei den Kommunalwahlen geht es für sie vor allem darum, den Wiedereinzug in die Chamber zu erreichen.
Piratenpartei
Die Piraten haben sich in Luxemburg zu einer festen, wenn auch kleinen Größe etabliert. Mit 6,5 Prozent bei der letzten Wahl haben sie aktuell zwei Abgeordnete. Sie vertreten klassische Piratenpositionen wie bedingungsloses Grundeinkommen und Basisdemokratie.
FOKUS mit Frank Engel
Die Partei wurde erst letztes Jahr gegründet von ehemaligen Mitgliedern der Regierungsparteien CSV, DP und Grünen, allen voran Frank Engel, ehemals Parteipräsident (Vorsitzender) der CSV. FOKUS bezeichnet sich als „pragmatisch und ideologiefrei“, verortet sich in der politischen Mitte. Bei den Kommunalwahlen im Juni erreichte sie zwischen zwei und 2,5 Prozent. Damit würde sie den Einzug ins Parlament verpassen, ihr Ergebnis könnte Beobachtern zufolge vor allem zulasten der CSV gehen.
ADR (Alternativ Demokratesch Reformpartei)
Die ADR ist entstanden als Ein-Themen-Partei (Rentengerechtigkeit), hat sich inzwischen zu einer rechtspopulistischen Partei mit nationalen Tönen entwickelt. 2018 erhielten sie 8,3 Prozent der Stimmen. Auch wenn vieles in der Entwicklung der ADR an die deutsche AfD erinnert, halten Beobachter einen vergleichbaren Höhenflug für ziemlich unwahrscheinlich.
Liberté-Fräiheet mit Roy Reding
Roy Reding ist einer der schillerndsten Figuren der luxemburgischen Politik. Zunächst bei der LSAP war er zuletzt Abgeordneter für die ADR und gründete schließlich vor Kurzem Liberté Fraiheet, die er bewusst nicht als Partei sondern als Bewegung bezeichnete. Redings Weg ist begleitet von einer Reihe von Skandalen und juristischen Auseinandersetzungen. Er selbst bedient sich gern etlicher Narrative der „Schwurbler“-Szene („Querdenker“).
Déi Konservativ – d‘Fräiheetspartei
Dies ist eine kleine konservative Partei, gegründet von ehemaligen ADR-Mitgliedern. Sie tritt nur in zwei Wahlbezirken an, ihre politische Bedeutung ist überschaubar, sie könnte aber der ADR die ein oder andere Stimme wegnehmen.
Außerdem treten noch die KPL, die Kommunistesch Partei Lëtzebuerg, sowie VOLT, die Europapartei, zur Wahl an. Beide dürften mit dem letztendlichen Wahlausgang allerdings wenig zu tun haben.