Ein autistischer Junge und sein Vater beim Groundhopping durch Deutschlands Fußballstadien: „Wochenend-Rebellen“ läuft seit dem 28. September im Kino.
Ein autistisches Kind kann seine Eltern zur Verzweiflung bringen: Das strikte Beharren auf dem Einhalten von Regeln, verbunden mit der Unfähigkeit, die Gefühle anderer Menschen zu verstehen, ist für viele Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung typisch. Wer nicht weiß, was los ist, nimmt das Verhalten leicht als unverschämt wahr. Wenn zum Beispiel in einer Szene des Films „Wochenendrebellen“ der zehnjährige Jason (Cecilio Andresen) von einer älteren Frau an der Bushaltestelle verlangt, dass sie „seinen“ Sitzplatz freimacht – obwohl direkt neben der Frau zwei Plätze frei sind, auf die er sich eigentlich auch setzen könnte.
Der Film basiert auf dem im Jahr 2017 erschienenen autobiografischen Buch „Wir Wochenendrebellen“ von Mirco von Juterczenka, dem Vater von Jason. Der hatte bereits ab etwa dem Jahr 2012 die Erlebnisse der beiden in dem Blog „Der Wochenendrebell – Groundhopping mit Asperger“ veröffentlicht.
Um realistische Darstellung bemüht
Die Welt von Jason ist von strikten Regeln geprägt. Zum Beispiel beim Essen: So dürfen sich – neben diversen anderen Regeln – verschiedene Komponenten auf seinem Teller nicht berühren, etwa Nudeln und Tomatensoße. Die Regeln muss nicht nur er einhalten; er verlangt das auch von den Menschen in seiner Umgebung. Seine Eltern Mirco (Florian David Fitz) und Fatime (Aylin Tezel) haben sich daran gewöhnt. Trotzdem ist der Umgang mit Jason für sie eine enorme Belastung, die sich auch auf die Beziehung der beiden auswirkt.
„Wochenendrebellen“ ist um eine realistische Darstellung von Autismus bemüht. Der Film zeichnet das Bild eines Jungen, der einerseits in seiner durch extrem starre Regeln organisierten Welt festsitzt, der gleichzeitig aber auch sehr spezielle Interessen hat – die Astronomie – und in diesem Bereich richtig gut ist. In der Schule kommt er trotzdem nicht klar, vor allem nicht mit seinen Klassenkameraden. Was sich darin äußert, dass er zu Wutausbrüchen neigt.
Es ist eine große Leistung des im Jahr 2011 geborenen Cecilio Andresen, sich in die Rolle von Jason zu begeben. „Wochenendrebellen“ ist sein erster Kinofilm. Zuvor war er lediglich im Jahr 2020 in einem Werbespot zu sehen. Vor den Dreharbeiten traf er den echten Jason.
Die entscheidende Änderung in Jasons Leben bahnt sich eher unscheinbar an: Sein Opa Gerd (Joachim Król), der öfter zu Besuch kommt, ist Fußballfan. Und auch sonst hat jeder in der Familie seinen Lieblingsverein. Nur Jason nicht. Dass muss sich ändern, beschließt er. Doch um sich für einen Verein entscheiden zu können, muss er ihn in seinem Stadion gesehen haben. Denn auch an seinen Lieblingsverein hat Jason klare Anforderungen: Es darf kein hässliches Maskottchen geben, die Spieler dürfen keine Schuhe in zu vielen unterschiedlichen Farben tragen, sie dürfen keinen Kreis bilden, um sich anzufeuern, es dürfen keine Nazis bei den Spielen sein, der Verein muss auf Nachhaltigkeit achten, und das Stadion muss barrierefrei sein.
Film erzählt sehr persönliche Story
Doch wie lässt sich überprüfen, ob ein Verein all diese Bedingungen erfüllt? Das geht nur, wenn er sich selbst ein Spiel anschaut, ist sich Jason sicher. Kurzerhand schlägt Mirco seinem Sohn einen Deal vor: Wenn er seine Wutausbrüche in den Griff bekommt, wird er sich mit ihm am Wochenende Fußballspiele anschauen. Ein paar mal ins Stadion gehen, kann ja ganz nett sein, denkt sich Mirco. Womit er nicht gerechnet hat: Jason will sich alle Vereine der ersten drei Profi-Ligen anschauen. Es sind 56 Spiele in ganz Deutschland, zu denen Vater und Sohn hinfahren müssen.
Die Eltern bekommen Zweifel: Eigentlich ist ein Fußballstadion ja das Gegenteil von dem, was Jason braucht, denken sie. Es ist laut, es ist eng, und man wird bei der Sicherheitskontrolle am Eingang abgetastet – alles Dinge, die Jason eigentlich nicht aushalten kann. Doch er ist fest entschlossen, dass er da durch muss.
Am Ende sind ihre Ausflüge für Sohn und Vater ein Befreiungsschlag. Für Jason, weil er lernt, seine Grenzen zu überwinden. Und für Mirco, weil er seinen Sohn von einer ganz anderen Seite kennenlernt und ein inniges Verhältnis zu ihm aufbauen kann.
Was man nicht vergessen darf: „Wochenendrebellen“ erzählt eine sehr persönliche Geschichte. Jeder Mensch ist anders – und auch die Ausprägung von Autismus kann höchst unterschiedlich sein. Daher darf man nicht den Fehler machen, Allgemeingültigkeit zu erwarten. Es ist nun einmal der Weg, den Jason und Mirco gegangen sind – und der für sie funktioniert hat.