Die Ente, der Citroën 2CV, wird 75 Jahre jung
An jedem 2. Oktober feiern die Amerikaner den Gib-Deinem-Auto-einen-Namen-Tag (National Name Your Car Day). So zu lesen vor Kurzem in einer überregionalen süddeutschen Zeitung. Laut einer Studie gaben in Deutschland bereits 2020 ein Viertel aller deutschen Autobesitzer ihren vierrädrigen „Lebenspartnern“ einen Kosenamen – um so ihren Gefühlen Ausdruck zu geben, was sie für ihr Auto empfinden. Favoriten waren damals Dicker, Baby, Moppel und Schorsch, wahlweise auch Brummi und Hustelinchen bei Anspringschwierigkeiten.
In die Jahre gekommene Gefährte wurden dann auch schon mal als „lahme Ente“ bezeichnet. Womit wir beim Thema wären. Die berühmteste Ente in Automobilisten-Kreisen ist nicht Donald Duck, sondern der französische Citroën 2CV. In Frankreich Deux-chevaux, in Deutschland und Österreich üblicherweise Ente und in der Schweiz Döschwo genannt.
Der Citroën 2CV war das populärste Modell des Automobilherstellers Citroën mit einem luftgekühlten Zwei-Zylinder-Viertakt-Boxermotor und Frontantrieb. Die Leistung wurde von 9 PS (1955) schrittweise über die Laufzeit auf 12 PS und dann auf 16 PS hochgeschraubt. Und die Ente brauchte bei ihren deutschsprachigen Besitzern auch keinen weiteren Kuschel- oder Kosenamen, denn sie watschelte schon mit Spitznamen vom Band.
Die Entwicklung begann Mitte der 1930er-Jahre. Kriegsbedingt stellte Citroën den neuen 2CV erst am 7. Oktober 1948 in Paris der Öffentlichkeit vor. Von der Fachpresse anfangs belächelt, wurde der 2CV in den folgenden Jahrzehnten zu einem der bekanntesten Automodelle Frankreichs. Jetzt feiert die Ente ihren 75. Geburtstag. Bei einer Parade sollen aus Anlass dieses Ehrentages 75 Enten in Paris um das Citroën-Museum schnaufen und watscheln.
Zwischen Sommer 1949 und Mitte 1990 wurden 3.868.631 viertürige Limousinen und 1.246.335 Lieferwagen („Kastenente“, „Fourgonnette“) hergestellt. Von 1960 bis 1968 wurden 694 Stück der Sahara-Ausführung „4×4“ mit zwei Motoren und Allradantrieb gebaut, die 1958 vorgestellt worden war und auch „Bimoteur“ genannt wurde. Mitte 1990 wurde die Produktion eingestellt, am 27. Juli 1990 verließ im Citroën-Werk Mangualde in Portugal der endgültig letzte Wagen dieses Typs – ein grauer 2CV6 „Charleston“ – die Montagehallen. Ihre Zeit war abgelaufen, au revoir!
Wie der deutsche VW Käfer und das „Cremeschnittchen“ von Renault war die französische Citroën-Ente zu Lebzeiten ein Klassiker und stand mit ihrer Wellblech-Karosse und dem Mini-Motor für Bescheidenheit, Verlässlichkeit und einen eignen Lebensstil. Für Gauloises, Pernod und Liberté. Wohl dem, der heute noch nach 33 Jahren Produktionsende immer noch einen fahrtüchtigen 2CV sein eigen nennt.
Abenteuerlich und kultig wie das ganze Leben des Wasservogels war seine Nutzung und seine Lebensgeschichte. Immer legendär die Weltrekordversuche, möglichst viele Studenten auf einmal in einer Ente unterzubringen. Und abenteuerlich und unvergesslich die ersten Ausflüge nach dem Abitur mit Omas-Geschenk-Ente über die Alpen in das Land, wo die Zitronen blühen: Schafft sie den Berg oder schafft sie ihn nicht?
Natürlich hat sie den Berg immer geschafft, wenngleich auch schon damals manchmal nur so „schnell“, dass sie von Radrennfahrern überholt wurde. Aber den Enten-Fahrer schert das nicht, Tempo und Glamour sind ihm und dem kleinen Buckelwagen aus Blech egal. Denn für so etwas war er nicht konstruiert.
Citroën-Direktor Pierre-Jules Boulanger hat seinerzeit seinen Entwicklern den Auftrag erteilt, für die Landbevölkerung ein praktisches Auto zu konstruieren: „Entwerfen Sie ein Auto, das Platz für zwei Bauern in Stiefeln und einen Zentner Kartoffeln oder ein Fässchen Wein bietet, mindestens 60 km/h schnell ist und nicht mehr als drei Liter Benzin auf 100 Kilometer verbraucht!“ Zusätzlich sollte der kommende 2CV so gut gefedert sein, dass selbst auf buckeligen Feldwegen ein Korb mit Eiern die Fahrt unbeschadet überstehen würde.
Und so war der Deux Chevaux denn auch gebaut, hat sich über Jahrzehnte so gehalten und seine eigene Legende gestrickt! Bis zum heutigen Tage. Joyeux anniversaire, cher ami!