Sängerin Nicole Freytag ist werktags Fahrlehrerin und am Wochenende Schlagerstar. Ihre Auftritte führen sie zu kleinen Vereinspartys bis hin zu Fernsehshows.
Nicole hat uns wieder verzaubert, eine richtige Zauberfrau.“ So und ähnlich schwärmten Fans aus dem thüringischen Suhl nach dem letzten Konzert in Ahrensfelde, allen voran ihre männlichen Verehrer. Die Rede ist von Nicole Freytag, einem Schlagerstar aus der Provinz, aus dem ostbrandenburgischen Rüdersdorf. Schon seit 25 Jahren behauptet sich die kleine Sängerin mit der großen Stimme in der hart umkämpften Branche.
2023 kamen neue Songs und Videodrehs auf den Kanaren dazu. Mindestens zwei Gründe also, sich mit der Künstlerin zum Interview zu verabreden. Das Treffen findet beim Italiener am Straussee knapp 30 Kilometer östlich von Berlin statt. Die Sängerin kann das Gespräch an einem Montagvormittag gut mit dem Dienstlichen verbinden. Denn werktags steht sie ihre Frau im Job als Fahrlehrerin. An Wochenenden begeistert sie Fans dagegen auf den Schlagerbühnen des Landes – ob in Fernsehshows, auf Stadtfesten oder kleineren Vereinspartys.
Feingefühl und Humor
Ein zweites Standbein könne im Showbusiness nicht schaden, sagt die Märkerin, die ursprünglich mal Augenoptikerin lernte. „Mich erdet also das ganz normale Leben“, lacht die taffe Rüdersdorferin, der Starallüren fremd sind. Ihre umsichtige Art hat sich bei Fahrschülern rund um den Strausberger Straussee herumgesprochen. Mit Feingefühl und Humor bleibt die Sängerin („Zauberland“) auch im Zweitjob auf der richtigen Spur. Apropos Seenland: „An diese tolle Ecke hab’ ich mein Herz verloren. Wir wohnen da, wo andere Urlaub machen. Bei uns zu Hause in Rüdersdorf müssen wir beispielsweise nur einmal über die Straße, schon sind wir am schönen Kalksee“, schwärmt die 43-Jährige von ihrer Heimat.
Aber auch Sachsen trage sie im Herzen, wie Nicole Freytag (bürgerlich Nicole Freitag) verrät. Drei Jahre lebte sie in dem Bundesland und gründete dort zwischenzeitlich sogar eine eigene Fahrschule. „Als mich das Heimweh nach Rüdersdorf zurückführte, nahm ich mir aber ein Stück Sachsen mit: meinen Partner“, schmunzelt die Sängerin. Die Menschen in Sachsen sind ihr nahe, wegen ihrer herzlichen Art und dem entspannten Gemüt. Auch ihr Management habe sie nach wie vor im sächsischen Waldheim.
Beim Thema Sachsen darf natürlich die Erwähnung ihrer großen Show am 30. September auf dem Alten Markt in Leipzig nicht fehlen: Im Rahmen der Leipziger Markttage mixte Nicole Freytag bereits ihren „18. Schlagercocktail“. Bald darauf ging es auf die Kanareninsel Teneriffa: „Zu neuen Songs gehören schließlich auch neue Videos, die wir dort professionell aufgenommen haben“, so die Künstlerin, die auf Birgit Langer, Ex-Sängerin des „Fernando-Express“, verweist. Sie lebe auf der Insel und habe das Drehteam, Unterkunft und Flüge organisiert.
Die Karriereleiter erklomm Nicole Freytag Stück für Stück. Schon ihre Musiklehrerin aus der 1. Klasse erkannte die Ausnahme-Stimme. „Neben dem Schulchor besuchte ich den Mädchenchor der Musikschule Berlin-Köpenick. Nach fünf Jahren kam Einzelgesangsunterricht an der Musik- und Kunstschule Fürstenwalde dazu“, erinnert sich Nicole Freytag, die übrigens an einem Freitag geboren ist. Mit ihrer ersten Band „Die Himmelsstürmer“ wurde sie von Schlagersänger Uwe Jensen entdeckt. Kurz darauf durfte sie noch den großen Entertainer und Talenteförderer des Ostens, Heinz Quermann, kennenlernen und in der Live-Version seiner legendären TV-Show „Zwischen Frühstück und Gänsebraten“ auftreten.
Zwar habe sie „den Osten“, also die DDR, nur in ihrer Kindheit erlebt. Dennoch seien ihr die seinerzeit strengeren Qualitätskriterien in der Unterhaltungskunst vertraut. „Wer öffentlich auftreten wollte, brauchte eine Einstufung, also einen Berufsausweis. Das sorgte für Qualität auf der Bühne. Dort durfte nur singen, wer es auch konnte.“
Anfang der 2000er-Jahre folgten erste große Auftritte: Von MDR-„Silvesterparty“ bis ARD-„Silvesterstadl“. Von Achim Mentzel bis Karl Moik. 2007 wurde die Brandenburgerin in der MDR-Sendung „Langer Samstag“ als Zuschauerliebling mit Gold geehrt. Für Furore sorgt Nicole Freytag seitdem nicht nur solo, sondern auch mit den singenden und Saxophon spielenden Dresdner Zwillingen Claudia Gentsch und Carmen Schlese im Frauen-Trio „Blonddd3“. Die sächsischen Zwillingsschwestern seien ein echtes Phänomen, ist die Rüdersdorferin voll des Lobes. Neben Gesang und Saxophon bieten sie eine einzigartige Akrobatik-Show der Äquilibristik (Kraftsport-Balance).
Das Spiel mit Hula-Hoop-Reifen beherrschen sie auch. Kein Wunder, dass beide europaweit unterwegs sind.
„Ich habe noch viel vor“
Ein anderer Gesangspartner von Nicole Freytag ist der italienische Sänger Francesco, mit dem sie Al Bano und Romina Power covert. Doch nicht nur „Felicità“ und „Sempre sempre“ hat sie drauf, sondern auch diverse Country-Titel wie „Lay back“ und „Play me our song“, mit denen sie sogar Chart-Erfolge in den Niederlanden und Neuseeland sowie in Übersee in Kanada und in den USA feierte.
Doch noch mal zurück zum Thema Zwillinge: Nicole Freytags ganz private Stars sind neben Lebenspartner Marcel nämlich ihre eigenen süßen Zwillinge, die vor acht Jahren das Licht der Welt erblickten. „Als Familie sind wir eine tolle Mannschaft. Ohne sie könnte ich mein Pensum auch nicht leisten“, betont das Energiebündel, das nicht im siebten Schlagerhimmel schwebt, sondern mit beiden Beinen fest im Leben steht, Schul-Elternversammlung und Wochenendeinkauf inklusive.
Einen ganz besonderen Draht hat Nicole Freytag zu ihren Fans. Für sie organisiert sie jedes Jahr ein Treffen. „Wir Künstler verdienen gutes Geld. Da gehören für mich Autogramme schreiben und Gespräche mit Fans einfach dazu. Meine Gage bekomme ich doch nicht nur für 60 Minuten Auftritt, sondern auch für das ganze Drumherum“, so die charismatische Interpretin.
Bleiben noch Träume und Wünsche offen? „Das Leben besteht doch immer aus Veränderungen. Natürlich habe ich beruflich wie privat noch viel vor: Vielleicht mit meinem Partner mal mit Wohnanhänger durch Europa reisen. Ich lerne gern neue Kulturen und Menschen kennen“, so Nicole Freytag. Dann muss sie los. Gleich kurvt sie mit einer Fahrschülerin wieder rund um den Straussee und durch ihre Brandenburger Heimat.