Jakob Lang war Landwirt, Staatsanwalt, Richter, Vizepräsident des Sozialgerichts und Richter am Verfassungsgerichtshof des Saarlandes. Nun ist der Saarländer mit 82 Jahren im Wohnmobil unterwegs und schreibt darüber Reiseführer.
Fast die ganze Welt hat er schon bereist, von Europa, Amerika, Asien und Afrika hat er viel gesehen. Nur in Australien war er noch nicht. Seine Reiselust wurde 2020 durch Corona jäh ausgebremst. Was tun? „Dann schau ich mir halt an, was es vor der eigenen Haustür zu erkunden gibt“, dachte sich Jakob Lang.
So startete die neue Karriere von Jakob Lang als Reisebuchautor. Davor war er Landwirt, Staatsanwalt, Richter, Vizepräsident des Sozialgerichts und Richter am Verfassungsgerichtshof des Saarlandes. Seit seiner Pensionierung vor rund 20 Jahren schreibt er Romane und Gesundheitsratgeber, überraschte als Extremsportler und bildete sich zum Kneipp’schen Gesundheitstrainer weiter.
Im roten Renault durch Deutschland
Nun ist er 82 Jahre alt und erfüllt sich einen Jugendtraum: Er fährt mit seinem knallroten Wohnmobil durch Deutschland und schreibt darüber Reiseführer. Sein umgebauter Renault Trafic ist ähnlich alt wie er, hat 86.000 Kilometer auf dem Buckel und stand lange bei einer Autofirma in Tuttlingen auf dem Gelände. Sein Besitzer trennte sich von ihm, weil er „schon zu alt sei“, schmunzelt Jakob Lang. „Dabei ist er erst 72. Ist doch kein Alter!“
Mit viel Enthusiasmus plante der Köllertaler seine erste Tour entlang der Deutschen Weinstraße. „Meine Freunde meinten: ‚Das ist doch keine besondere Strecke, die kennt doch jeder, vor allem du selbst.‘ Und in der Tat, nur einen Katzensprung neben der Weinstraße in Haßloch steht mein Elternhaus. Seit meinem Wegzug ins Saarland Mitte der 1960er-Jahre bin ich mehrere Hundert Mal zum Besuch meiner Eltern über die Weinstraße gefahren. Dennoch liegt es mir fern, zu behaupten, dass ich die Deutsche Weinstraße deshalb gut kenne. Mir ging es darum, jedes einzelne dieser Dörfer an der Weinstraße zwischen Schweigen-Rechtenbach am Deutschen Weintor im Süden bis Bockenheim am Haus der Deutschen Weinstraße im Norden zu erkunden.“ Also setzte er seinen Plan um, zockelte mit seinem „Hotel auf vier Rädern“ in neun Etappen mit Abstecher nach Wissembourg durch die kleinen Dörfer, die sich wie an einer Perlenschnur aneinanderreihen.

Unterwegs machte sich der Vater zweier Zwillingspärchen Notizen, hielt fest, was ihm in den einzelnen Orten am besten gefallen hat, wo er gut gegessen, ruhig übernachtet, nette Menschen getroffen und Geschichten und Anekdoten gehört hatte. Zu Hause reicherte er seine Eindrücke mit kurzweiligen historischen Hintergründen an, stellte die wichtigsten Sehenswürdigkeiten vor, die man an einem Tag gut besichtigen kann, verfasste Tipps über regionale Feste und wies auch hier und da auf Unzumutbarkeiten hin, wie fehlende Park- oder Übernachtungsplätze. „Alles wichtige Tipps für Reisende, die wie ich mit dem Wohnmobil unterwegs sind.“ Nach wenigen Wochen war der erste Reiseführer fertig und ging in der Edition Winterwork in Druck. „Ein Wahnsinns Ansporn für mich, weiterzumachen“, sagte sich der frisch gebackene Reiseautor. Die nächsten Reiseziele waren auch schnell gefunden: Die Deutsche Hopfen- und Bayerische Bierstraße, die Glasstraße im Bayerischen Wald und die Viezstraße. Ganz aktuell hat er die Fränkische Schweiz erkundet.
„Das ist ja eine wahre Genussregion“, schwärmt Jakob Lang. „In der kleinen Region zwischen Gräfenberg, Pottenstein, Aufseß und Ebermannstadt findet man nur Superlative: Die größte Burgendichte, die größte Tropfsteinhöhlendichte, das größte zusammenhängende Kirschanbaugebiet und die größte Brauereidichte Deutschlands. Allein in Aufseß kommen auf rund 375 Einwohner vier Brauereien. In jedem Dorf schmeckt das Bier gut, da möchte man nichts anderes mehr trinken. Kathi-Bräu hat es mir besonders angetan. In Pottenstein habe ich den Seidler kennengelernt, einen halben Liter für 2,60 Euro.“
Solche Hinweise sind es, die seine Reisebücher so lebensnah machen. Urlaubstipps zwischen zwei Buchdeckel gepresst und Touren-Apps zum Runterladen gibt es wie Sand am Meer. Um sich auf diesem weiten Feld zu behaupten, muss man schon ganz ausgebufft sein, oder so herzerfrischend authentisch wie Jakob Lang. Blättert man durch seine handlichen Bücher, erkennt man: Sie lesen sich schnell, als Leser fährt man auf dem Beifahrersitz mit, man fühlt sich nicht besserwisserisch belehrt, sondern geht mit dem Autor auf Entdeckertour. So liest man zum Beispiel, dass in Herxheim zum Übernachten ein Stehplatz hinter einem Autohaus angeboten wird „mit blitzblanken Toiletten und einem sehr sauberen Duschraum“ und dass es in Siebeldingen keinen Stellplatz für Wohnmobile gibt.
„Meine kommunikative Art kommt mir zugute“
Was macht man in solch einer Situation, wenn man todmüde ist und einem die Augen zufallen? „In solchen Notsituationen kommt mir meine kommunikative Art zugute. Ich komme in der Regel schnell mit den Dorfbewohnern ins Gespräch, erlebe Mitmenschen als hilfsbereit, häufig setzen sich die Einheimischen zu mir an den Tisch oder bitten mich zu sich und helfen mir aus der Klemme. In Siebeldingen ging ich in meiner Not in den Supermarkt, bestellte mir in der Bäckerei ein Stück Kuchen und eine Tasse Kaffee. Den beiden Verkäuferinnen erzählte ich von meinem Dilemma. Die beiden waren voller Mitgefühl für mich und redeten noch lange darüber, als ich schon längst in der Ecke meinen Kaffee schlürfte. Bald kam ein Mann an die Verkaufstheke, dem die beiden Verkäuferinnen ausführlich von meiner misslichen Lage erzählten. Dieser Mann kam dann zu mir, stellte sich vor ‚als einer, der hier was zu sagen hat‘ und bot mir an, über Nacht auf dem Supermarktparkplatz stehen zu bleiben. Ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte.“
Vier Touren pro Jahr will Jakob Lang unternehmen. „Ich bereite jede Tour über mehrere Wochen vor, lese mich in Geschichte, Kultur, Feste und Sehenswürdigkeiten ein und bin dann 14 Tage unterwegs.“ Als Nächstes plant er Reisen entlang der saarländischen Barockstraße, der elsässischen Weinstraße und nach Kurfranken. Mit dabei immer sein Laptop samt Kamera, um Bekanntes und Zufälliges am Wegesrand einzufangen und Erlebnisse zum Nachempfinden zu Papier zu bringen.