Der Knigge gibt Ratschläge zum korrekten Verhalten auf der Toilette
Was machen Sie eigentlich am 19. November? Spontan würde man da antworten: Wahrscheinlich das, was man an jedem Tag macht. Und das stimmt sogar, denn auch am 19. November werden wir alle (hoffentlich) ein gutes Geschäft machen. Oder verständlicher ausgedrückt: den Gang zur Toilette antreten. Immerhin verbringen wir etwa drei Jahre unseres Lebens auf der Toilette und erleichtern uns durchschnittlich fünfmal am Tag sanitär.
Nur sollte man dies eben an jenem 19. November etwas bewusster tun, denn an diesem Datum begeht man seit 2013 den von den Vereinten Nationen abgesegneten „Welt-Toilettentag“. Die 2001 gegründete Welt-Toilettenorganisation und der drei Jahre später gebildete deutsche Ableger „German Toilet Organization“ (haben die eigentlich einen Vor-Sitzenden, einen Geschäfts-Führer oder einen WCEO?) wollen am 19. November alljährlich für ihr Ziel einer weltweit besseren Sanitärversorgung werben, damit an möglichst vielen Örtchen „ein tabuisiertes Grundbedürfnis mit Würde und Gesundheit“ befriedigt werden kann.
Ein Drittel der Weltbevölkerung hat nämlich keinen Zugang zu einer Toilette, die Hälfte keine sichere Sanitärversorgung und 40 Prozent können besagtes Geschäft nur zu mittelalterlichen Hygienestandards erledigen.
In diesem Zusammenhang brennt uns ein heikles Thema auf den Nägeln, das uns ein Berufsleben lang begleitet hat: Wie verhält man sich richtig, wenn man auf der Toilette Kollegen oder sogar Vorgesetzte trifft? Grüßt man freundlich, sucht man Blickkontakt, spricht man sie offen an oder schweigt man diskret beim Verrichten des gemeinsamen Bedürfnisses und verduftet möglichst schnell?
In einer solch peinlichen Situation wird man zum Glück nicht alleine gelassen, denn der „Arbeitskreis Umgangsformen International“ springt uns mit selbst bescheinigten „50 Jahren Kompetenz“ bei: Ein Gruß sollte erfolgen, aber „so kurz, so neutral, so sicher wie möglich“. Abgeraten wird aber, sich auf der Toilette mit Handschlag zu begrüßen, auch schon vor dem Gang ans Urinal oder in die Kabine. Ergänzend fügen wir hier an: Auch innige Umarmungen sollte man sich verkneifen, weil das eher zu feuchten als zu fröhlichen Begegnungen führen könnte.
Hilfreich ist es laut Knigge, immer auf die Körpersprache des jeweiligen Nachbarn zu achten, wobei allerdings ein intensives Beobachten leicht missverstanden werden könnte. Benutzt ein Kollege ein etwas entfernteres Urinal, so sollte man die „intime Distanz-Zone“ respektieren und nicht quer durch den Raum kommunizieren. Wir raten zudem, den eigenen Schwenkbereich nie zu verlassen.
Grundsätzlich empfiehlt der Knigge: Kein Gespräch über die Kabinenabtrennung hinweg führen, denn eine geschlossene WC-Tür bedeute: „Ich will meine Ruhe!“ So was hätte man doch gern früher gewusst.
Die uns sanitär umsorgenden Benimm-Wächter sehen besondere Herausforderungen, wenn man auf der Toilette seinen Vorgesetzten begegnet. Beim Wasserlassen sei die „Hierarchie massiv gestört“, weshalb der Untergebene sich höflich distanziert zu verhalten hat und alles Weitere den Weisungsbefugten überlassen sollte.
Eigenmächtig ein Gespräch aufnehmen könne man frühestens beim anschließenden Händewaschen. Diese günstige Gelegenheit dürfe man dann aber ruhig für etwas Eigenwerbung nutzen, wobei ein origineller Aufhänger sehr hilfreich sei.
Vielleicht könnte man sich am Waschbecken situationsadäquat mit einem „Während andere sich oft verpissen, bin ich immer einsatzbereit“ für höhere Aufgaben andienen. Ein „Ich wäre gern ihre rechte Hand“ könnte auf der Toilette allerdings fehlinterpretiert werden.
Die Knigge-Experten bedauern, dass die gesamte Weltliteratur das Thema „Toiletten-Verhalten“ sträflich unberücksichtigt lasse und somit keinerlei Vorbilder liefere. Auch Kino und Fernsehen ließen uns am „stillen Örtchen“ weitgehend alleine. „Helden“, lesen wir da, „gehen eben nicht aufs Klo.“ So müssen wir Normalverbraucher dort wohl auch weiterhin den Heldentod sterben. Falls uns dieses wichtige Thema nicht am Hintern vorbeigeht!