Liebhaber von Spaghetti, Spirelli und Co. können sich jetzt wieder von Lokal zu Lokal schmausen. Denn vom 13. bis zum 19. November findet in 38 Berliner Restaurants wieder die „True Italian Pasta Week“ statt.
Was geschieht, wenn ein Römer und ein Amsterdamer in Berlin aufeinandertreffen und eine gemeinsame Geschäftsidee aushecken? Richtig: Am Ende entsteht ein entspannter Ort mit so viel Pasta, wie das Herz begehrt. Mit der „Spaghetteria“ mitten in Prenzlauer Berg haben der Italiener Giacomo Mattogno und der Niederländer Thomas Rolink ihren Traum von Selbstständigkeit und gutem Essen verwirklicht.
Ich besuche die Location im Kollwitzviertel an einem der dunkler werdenden Tage im November. Mich empfängt sofort die Mischung leichtfüßigerer Mentalitäten anderer Nationen: Ein großzügiger, heller Raum mit einzelnen Hochtischen und einem großen Gemeinschaftstisch laden zum lauschigen Dinieren zu zweit oder in größerer Runde ein. Die weißen Wände zieren gerahmte Schwarz-Weiß-Fotografien mit allerlei Promis aus Bella Italia wie die Schauspielerinnen Claudia Cardinale und Monica Bellucci.
Am Ende des Raumes befindet sich eine offene Küche hinter einer Bartheke, die Neugierige zum Zuschauen einlädt. Am großen, hellen Holztisch finden zehn Gäste Platz. Ein idealer Sitzplatz, um mit Fremden einen angenehmen Abend zu verbringen und eventuell neue Bekanntschaften zu schließen, wie Mitinhaber Thomas Rolink meint. Aber das natürlich mit einer gehörigen Prise niederländisch-mediterraner Leichtigkeit: Alles kann, nichts muss. Das ist hier die Philosophie. An so viel offene Arme könnte ich mich sofort gewöhnen.
Jede Variante passend zum Gericht
Von einer Gewohnheit allerdings muss ich in der Pasta-Bar Abschied nehmen: Es gibt keinen Cappuccino, Latte macchiato oder anderes Milchbubi-Gedöns. Auch nicht für verwöhnte Mitteleuropäerinnen. Hier gibt es nur Kaffee, der so schwarz ist wie die Nacht über dem Kolosseum. Schließlich befindet sich die Pasta-Bar fest in der Hand eines Ur-Römers. Und weil sein niederländischer Kompagnon auch nichts dagegen zu haben scheint, muss ich ausnahmsweise mit einem Espresso vorliebnehmen. Der schmeckt natürlich hervorragend, und mit dieser originär italienischen Anregung studiere ich die Karte, während mir Mitinhaber Thomas Rolink erzählt, dass jede Pasta-Variante passend zum Gericht gereicht wird. Zudem wird sie im eigenen Laboratorium selbst hergestellt.
„Das war früher in Italien ganz normal. Da hatte jedes Dorf sein eigenes Laboratorio“, weiß der italophile Holländer. Auch werden keine Messer zu den Nudelgerichten gereicht. Macht man im Stiefel-Land ja schließlich auch nicht. Leider wird zum Zeitpunkt unseres Besuches gerade ein Teil des Lokals renoviert, und die Küche ist geschlossen. Doch während der „True Italian Pasta Week“ Mitte November kann man in der „Spaghetteria“ wieder nach Herzenslust Pasta goutieren. Und selbstverständlich auch danach. Für die Pasta-Woche haben sich Giacomo Mattogno und Thomas Rolink zwei ganz besonders neue Gerichte auserkoren. Angeboten werden Spaghetti alla Chitarra, kredenzt mit Garnelen, Pistazien und Zitrone. Wahlweise gibt es für Vegetarier auch Rote-Bete-Ravioli. Das schreit geradezu danach, noch einmal wiederzukommen, denke ich.
Und damit sind wir schon bei der Qual der Wahl. Denn die Pasta-Bar im Kollwitzviertel ist nur eine Location von vielen während des Food-Events. Während der „True Italian Pasta Week“ warten 38 italienische Restaurants in ganz Berlin mit Spaghetti und Co. auf. Dabei gibt es etliche Varianten zu goutieren für die Freunde der bissfesten Köstlichkeiten. Wer also genügend Zeit und Hunger hat, kann zum Beispiel Kürbistortelli mit Apfelsenf, hausgemachte Casarecce mit Salsiccia-Ragout oder Linguine mit Tintenfisch-Ragout und Bottarga schlemmen. Eine Woche lang kann man es sich für 16 Euro in den ausgewählten Restaurants gut gehen lassen. Mit zum außergewöhnlichen Pasta-Gericht kommen ein Glas Rot- oder Weißwein von Allegrini und ein Digestif.
Örtliche Agentur organisiert
Das Kulinarik-Event will die Pasta in all ihren Formen huldigen: Orecchiette, Linguine, Pici, Rigatoni, aber auch Gnocchi, Ravioli, Tortelli oder Lasagne können mit Augen, Nase und Gaumen erkundet werden. Viele Rezepte sind eine Hommage an die zahlreichen kulinarischen Traditionen des Bel Paese: Pasta und Bohnen alla Veneta, Pasta intaganata nach sizilianischer Tradition, Umbricelli alla Norcina aus Umbrien, Trentiner Knödel, Spaghetti alla Nerano aus Kampanien oder sizilianische Pasta alla Norma. Die „True Italian Pasta Week“ ist eine Initiative der Berliner Agentur „Berlin Italian Communication“, die sich seit Jahren dafür stark macht, italienische Kulinarik in der deutschen Hauptstadt und anderswo zu zelebrieren und bekannter zu machen.
Die Pasta selbst verdanken die Italiener allerdings den Chinesen. Es waren die Bewohner aus dem Reich der Mitte, die als Erste auf die Idee gekommen sind, aus Mehl und Wasser einen Teig zu formen und diese Mischung nicht zu backen, sondern zu kochen. Die archäologischen Nachweise für Spaghetti und Konsorten stammen aus dem dritten Jahrhundert v. Chr. aus China. Der chinesische Poet Shu Xi soll im dritten Jahrhundert n. Chr. bereits eine „Ode an die Nudel“ gedichtet haben. In Südeuropa selbst taucht Pasta das erste Mal im neunten Jahrhundert in Sizilien auf. Es wird gemutmaßt, dass Nudeln durch arabische Händler auf die Insel gelangt sind. Von dort verbreiteten sie sich schließlich auf den Rest Italiens. Als Marco Polo zu seinen Reisen nach Asien aufbrach, kannten die Italiener schon seit mehreren Jahrhunderten die nudeligen Köstlichkeiten.
Auch ich darf in diesen Tagen weiter der Pasta huldigen und statte einem Bistro namens „Spazio“ an der Torfstraße in Wedding einen Besuch ab. Ursprünglich war das kleine nachbarschaftliche Lokal von Joseph Diel und seiner Partnerin Tonia Tagliamonte ein Antiquitätengeschäft. Nach der Übernahme durch das italienische Duo wurde alles neu möbliert und der Fußboden mit mediterranen Kacheln gefliest – doch der antike Charakter des Vorgängers wurde durch bunt zusammengewürfelte Tische und Stühle und allerlei Retro-Kram neu bestückt: Hier ein altes Tee-Regal, da eine weiße Ledercouch aus den 80er-Jahren und dort ein froschgrünes Telefon mit Wählscheibe. Das Interieur wirkt wimmelig und gleichzeitig auch gemütlich und freundlich.
Kastanien erden wunderbar
Kaum, dass ich einen Schritt in das Lokal setze, werde ich auch schon gleich von Mio begrüßt, dem kleinen, wuscheligen Hund der Besitzer. Ich probiere eine Pasta mit Kastanien, was mich wunderbar erdet an diesem regnerischen Herbstabend. Da bleibt nun wirklich kein Platz mehr für einen Nachtisch. Schade eigentlich. Stattdessen trinke ich ein Gläschen Limoncello aus Capri. Der Digestif schmeckt aromatisch zitronig und lässt mich von lauen Sommerabenden in wärmeren Gefilden träumen. Das Trio aus Joseph Diel, Tonia Tagliamonte und Kellner Felice ist natürlich auch bei der Pasta-Woche mit dabei.
Wer mag, kann dann dort Tagliatelle mit Taggiasca-Oliven, Walnüssen, Sardellen und Kirschtomaten kosten. Option Nummer zwei sind hausgemachte Fusilli mit Favabohnen, Kartoffeln, Agerola-Provola-Käse und sahnigem Burrata. Freunde fleischlicher Genüsse können ihr Pasta-Tellerchen auch mit Salsiccia genießen. Südlicher kann es in Berlin in diesen Novembertagen nun nicht mehr werden, denke ich. Und gut, dass es so viele hervorragende italienische Köche in der Stadt gibt.