Die Kunstturn-Asse der TG Saar wollen die Bundesligasaison unbedingt mit der Bronzemedaille bei der Deutschen Meisterschaft abschließen.
Auch auf das „kleine Finale“ freue man sich: „Es war unser Saisonziel und wir haben es erreicht“, sagt Eugen Spiridonov. Der frühere Weltklasse-Turner ist inzwischen der Trainer von Kunstturn-Bundesligist TG Saar. Am kommenden Samstag, 2. Dezember, turnt er mit seiner Mannschaft ab 14 Uhr im Rahmen des Finaltages der Deutschen Turnliga (DTL) in der Ratiopharm-Arena in Neu-Ulm um die Bronzemedaille. Gegner der TG, die die Runde auf Platz drei abschloss, wird der Tabellen-Vierte und noch amtierende Deutsche Meister TuS Vinnhorst sein. Damit treffen die Deutschen Meister der vergangenen drei Jahre aufeinander: Die TG Saar holte sich 2020 den Titel, der TuS Vinnhorst 2021 und 2022. Der Deutsche Mannschaftsmeister 2023 wird zeitgleich zwischen Spitzenreiter KTV Straubenhardt und dem Tabellen-Zweiten TV Wetzgau ermittelt.
Treffen der ehemaligen Meister
Bis zum letzten Wettkampftag hatten auch die Saarländer noch eine kleine Chance, das große Finale zu erreichen. Dafür hätten sie in ihrem Wettkampf gegen Tabellenschlusslicht StTV Singen alle zwölf Gerätepunkte gewinnen müssen, also in Summe aus den jeweils vier direkten Duellen an Boden, Pauschenpferd, Ringe, Sprung, Barren und Reck die Oberhand behalten müssen. Den Gesamtsieg sicherte sich die TG zwar mit 49:36 deutlich, aber bei den Gerätepunkten gab es Verluste (8:4). Die zweite Bedingung für den möglichen Einzug ins große Finale, eine deutliche Niederlage des TV Wetzgau gegen Vinnhorst (Endstand: 32:24/8:4 für Wetzgau), war damit schon obsolet.
„In Singen haben wir nicht gerade unseren besten Wettkampf geturnt. Wir haben sehr viele Fehler gemacht, vor allem unsere jungen Athleten“, stellt Eugen Spiridonov fest und erklärt: „Man hat gemerkt, dass die Jungs etwas schwerfällig unterwegs waren. Sie müssen noch Erfahrung sammeln.“ Dass es nicht für das große Finale gereicht hat, war abzusehen. Aber dass die Mannschaft ihre Hausaufgabe nicht erledigt hat, wurmt ihn. Die „Jungen“, das sind die hoch veranlagten Daniel Mousichidis, Maxim Kovalenko, Gabriel Eichhorn und Moritz Steinmetz. Der Leistungsdruck und auch die Umstände der Auswärtsfahrt waren für sie wohl zuviel: „Sie müssen lernen, dass sie sich auswärts mental umstellen müssen. Nach viereinhalb Stunden Anfahrt noch an die Geräte zu gehen, ist ihnen nicht leichtgefallen, das hat man gemerkt“, berichtet Spiridonov: „Sie waren nicht so frisch wie bei Heim-Wettkämpfen, bei denen es quasi vom Bett aus gleich in die Halle geht.“ Auch sei die Kulisse in Singen durchaus ein Faktor zugunsten des Gastgebers, der sich bis zum letzten Gerät nach Kräften gegen den Abstieg aus der Bundesliga wehrte – allerdings ohne Erfolg.
Allein Maxim Kovalenko musste fünfmal absteigen oder stürzte. Für das hochgelobte Toptalent völlig ungewohnt. „Es war für mich schon enttäuschend, weil ich nicht alles zeigen konnte“, sagt Kovalenko, der auch seine Lehren aus der Sache gezogen hat: „Es war ein klares Zeichen für mich, dass ich bis zum Finale nicht lockerlassen darf.“ Ob das Risiko zu hoch gewählt war? „Obwohl in diesem Wettkampf gefühlt gar nichts geklappt hat, habe ich am Reck auch ein neues Element gut hinbekommen. Allerdings bin ich dann bei einem etwas einfacherem abgestiegen“, seufzt der junge Mann und findet: „Das war sehr ärgerlich, aber das kann mal passieren. Es soll nur definitiv nicht immer so sein.“ Das sieht auch der TG-Trainer so: „Wenn man sich bei einem Wettkampf nicht so frisch fühlt, sollte man nicht zu viel riskieren. Ein Sturz ist dann viel wahrscheinlicher. Schlimmstenfalls kann das zu schweren Verletzungen führen“, rüffelt Spiridonov Kovalenko, Mousichidis und Co. und erwartet von seinen Schützlingen, „dass das ab jetzt so nicht mehr vorkommt.“
Die perfekte Mischung aus Wagnis und Sicherheit gelang der TG nur eine Woche zuvor beim nahezu fehlerfreien und mit 86:0 (12:0 Gerätepunkte) historisch guten Ergebnis im Heimkampf gegen den TSV Pfuhl. Auch wurde der Rundenkampf gegen Finalgegner TuS Vinnhorst mit 36:23 (7:5 Gerätepunkte) gewonnen. „Wie schon gesagt: Zu Hause sind wir Weltmeister, das ist klar. Auswärts ist das immer etwas anderes“, merkt Eugen Spiridonov an und weiß: „Uns wird im Finale nichts geschenkt.“ „Der Rundensieg war schön, aber nicht wirklich aussagekräftig. Im Finale geht es noch mal bei null los“, weiß auch TG-Vereinschef Thorsten Michels und ruft in Erinnerung, dass der Heimkampf keinesfalls eine klare Angelegenheit war: „Damals hätte es am Ende auch anders ausgehen können, und darauf werden sie sich fokussieren.“ Zudem werden die Niedersachen mit dem Türken Ahmet Önder sehr wahrscheinlich einen Athleten aufbieten, der in der Dillinger Kreissporthalle nicht mit von der Partie war. Der Mehrkämpfer gilt insbesondere am Boden und am Reck als Verstärkung. Die Saarländer werden personell fast aus dem Vollen schöpfen können. Nur der in der laufenden Saison erst dreimal eingesetzte Deutsch-Grieche Stefanos Tsolakidis wird nicht zum Aufgebot gehören.
Am Boden und Reck eine Verstärkung
„Die Startplätze eins und zwei an den Geräten sind schon klar, beim Rest werden wir sehen“, sagt Eugen Spiridonov und appelliert noch einmal: „Klar ist: Wenn wir so turnen wie in Singen, dann können wir den Wettkampf auch gleich herschenken.“ Thorsten Michels ist sicher, dass dies nicht der Fall sein wird: „Die Jungs haben Bock, sie wollen die Bronzemedaille unbedingt holen“, sagt er und wird von Maxim Kovalenko bestätigt. Der bleibt cool und geht das Finale an wie einen „ganz normalen Bundesliga-Wettkampf. Es wird schon eine Herausforderung, aber ich denke, dass wir es schaffen werden.“ Dafür bereitet er erneut auch seine schwierigen Übungen vor, hat aber aus der Erfahrung in Singen gelernt: „Was ich letztendlich turnen werde, entscheiden wir je nach Situation spontan.“
Im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Bundesliga-Wettkampf ändert sich im kleinen Finale die Reihenfolge der Geräte. Die beiden Halbzeiten werden quasi en bloc getauscht, zuerst geht es an den Sprung, dann folgen Barren und Reck. Nach einer Pause geht es an Boden und Pauschenpferd weiter, bevor die Athleten abschließend an die Ringe greifen. Der deutlich straffere Zeitplan als gewöhnlich biete „nicht so viel Zeit zum Nachdenken, sondern man muss die vollen zwei Stunden konzentriert bleiben und es durchziehen“, weiß Thorsten Michels. Der Wettkampf beginnt um 14 Uhr, für 17 Uhr ist die Siegerehrung angesetzt. Läuft alles nach Plan, dürfen sich Athleten der TG Saar dann über ihre Bronzemedaillen freuen.