Randi Tytingvags musikalische Wurzeln liegen im Jazz. Das hört man ihrer Stimme auch gut zwei Jahrzehnte nach Abschluss eines Jazzgesang-Studiums in London noch deutlich an, obwohl die 1979 geborene Norwegerin schon bald nach ihrem ersten großen Auftritt auf dem Jazz-Festival Maijazz 2001 begann, ihren Horizont beträchtlich zu erweitern. Folk, Kammer-Pop und Klassik fanden früh Einzug in ihr Repertoire, dessen Töne sie überwiegend selbst verfasst. Für die Texte tut sich die Sängerin und Songwriterin, die als eines der großen musikalischen Versprechen Norwegens gehandelt wird, meist mit dem Dichter Helge Torvund zusammen. Atmosphärisch meint man, Poetisches zu vernehmen, auch wenn man des Norwegischen nicht mächtig ist. Übersetzungen wären im Booklet willkommen gewesen. Nur ein auf Deutsch gesungenes Lied geriet extrem dunkel („Das Theater des Körpers“), die restlichen Songs haben mehr Schwung und Leichtigkeit, tönen vertrauter. Tytingvags Begleiter Dag Vagle und Erlend E. Aasland setzen an Saiteninstrumenten sanftmütige, auch bezaubernde, bisweilen aber allzu akkurate Akzente. So freut man sich, dass zwei Gäste den Vortrag des Randi Tytingvag Trios bereichern dürfen. Tarjei Nysted und Gjermund Silset spielen Geige, Mandoline, akustischen Bass. Sie machen den behutsamen Reigen aufregender, addieren Emotionalität.
Insbesondere Nysteds Geigenstrich geht regelmäßig unter die Haut. Erst durch diesen bekommt die Eröffnung „Me va samen“ sehnsuchtsvolles Temperament, „Til kroppen“ berückendes Folk-Flair und „Hjemover“ Tiefe und Horizont zugleich. Doch damit nicht genug: Auch das walzernde „Dans“ gerät durch seine Beiträge genauso zu einem Höhepunkt wie das melodisch raffinierte „Sang Synge“ und der Zeitlupen-Folk „Bare ver“. „Hjem“ (= Zuhause) ist ein Album, das sich auf sympathische Weise nie aufdrängt, das wunderbar pulsiert (der Bass!), auf dem „vielsaitig“ und versiert gezupft wird (Vagle & Aasland), auf dem natürlich fantastisch gesungen ist (Randis Stimme!), das sich aber hinsichtlich Temperament zu sehr auf den Gast an der Geige verlässt.