Florian Niederlechner ist mit drei Toren der Sieg-Garant gegen die SV Elversberg. Zum dritten Spiel der Woche reist Hertha BSC nach Kaiserslautern.
Die Pressekonferenzen vor den Spielen von Hertha BSC haben in letzter Zeit öfter mal einen Hauch von Comedy verbreitet. In der Hauptrolle: Pal Dardai. Denn der Trainer hat immer wieder auf dem Podium einen Spieler an seiner Seite und bezieht diesen gern aktiv mit ein. So forderte Dardai vor der Partie in Rostock die anwesenden Pressevertreter auf, dem im Umgang mit den Medien noch wenig erprobten Torwart Tjark Ernst (20) mal „so eine richtig komische Frage“ zu stellen. Im Vorfeld des Spiels gegen die SV Elversberg hatte neben Dardai diesmal Pascal Klemens Platz genommen, der noch knapp zwei Jahre jünger ist als Ernst und ebenfalls auf die Probe gestellt wurde. Angesichts der sich abzeichnenden Problematik in der Defensive – Kapitän Toni Leistner musste wegen Verletzung passen, dessen potenzieller Ersatz Linus Gechter plagte sich mit Krankheitssymptomen – versuchte der Ungar wieder, etwas Spaß in der eigentlich ernsten Situation zu verbreiten.
Niederlechner stand im Mittelpunkt
„Wo willst Du spielen?“, fragte der Trainer den 18-Jährigen bei seinem ersten gemeinsamen Auftritt vor versammelter Journalistenschar. „Das muss er selber entscheiden, ob er hinten oder als Sechser spielen will“, trieb der 47-Jährige das Spielchen weiter auf die Spitze, „wenn er Lust hat, hinten zu spielen, dann spielt er hinten – wenn er weiter im Mittelfeld sein und Tore machen will, dann kann er sich da austoben.“ Zuletzt hatte Klemens bekanntlich in Hannover sein erstes Zweitligator als defensiver Mittelfeldspieler erzielt – und Dardai verpackte in seine unkonventionellen Ausführungen somit auch ein dickes Lob für sein Eigengewächs. Doch der Teenager ließ sich nicht aus der Reserve locken. Seine zwar etwas stereotype Erwiderung, er spiele dort, wo der Trainer ihn aufstelle, kommentierte der „Vorgesetzte“ zum Vergnügen der Journalisten: „Eine gute Antwort.“ Insgesamt sorgte Dardai dadurch trotz angespannter Personallage für ein bisschen lockere Stimmung – ohne dabei auf professionelle Antworten zu verzichten. Am Ende kam es in jedem Fall so, dass Gechter doch einsatzbereit war für den Auftrag in der Abwehrzentrale neben Marc Kempf und Klemens wieder an der Seite von Marton Dardai auf der „Doppel-Sechs“ spielen durfte. Eine weitere Veränderung: Erstmals startete Derry Scherhant auf der rechten Offensivseite, dafür nahm Marten Winkler zunächst auf der Reservebank Platz.
Im Mittelpunkt der 90 Minuten am Sonntag im Olympiastadion stand dann aber Florian Niederlechner, der nach je einem Treffer gegen Karlsruhe und in Hannover mit einem Dreierpack maßgeblichen Anteil daran hatte, dass Hertha BSC diesmal nicht wieder einen Vorsprung verspielte. Ein derart deutlicher Sieg gegen den formstarken Aufsteiger war so im Vorfeld dabei nicht zu erwarten gewesen – und auch nicht nach den ersten 45 Minuten der Partie, als die Berliner konträr zum Spielverlauf mit 2:1 in Führung lagen. Den ersten Treffer erzielten jedenfalls die Elversberger, der aber durch den VAR wieder einkassiert wurde – doch auch in der Folge blieben die Saarländer eigentlich dominant. Trotzdem gingen die Gastgeber mit der ersten Chance ausgerechnet durch „Reservist“ Gechter in Führung, die Elversberg jedoch postwendend egalisieren konnte. Die Gäste machten weiter zu wenig aus ihren Vorteilen – und Hertha BSC nutzte einmal mehr eiskalt das unsichere Defensivverhalten des Kontrahenten durch Niederlechners ersten Streich zum 2:1, das zur Pause schmeichelhaft ausfiel. „Wir haben einen ohnehin guten Gegner mit Fehlpässen und Nervosität eingeladen“, kritisierte Dardai, „aber dann in der Halbzeit gewechselt und einiges korrigiert.“ So sollte erst nach einer guten Stunde das Pendel endgültig zugunsten der Dardai-Elf ausschlagen, als Niederlechner beide Male begünstigt – beim 3:1 sah SVE-Keeper Kristof unglücklich aus, dann fälschte Neubauer den Schuss ab – ein Doppelschlag gelang. „Vor fünf Wochen wären die Bälle nicht reingegangen, jetzt klappt’s – ein schöner Tag heute“, konnte der 33-Jährige so nach Abpfiff konstatieren. Den Deckel auf das Spiel machte dann Jonjoe Kenny, der zum Abschluss dieser zehnminütigen, turbulenten Phase den Ball zum 5:1 ins Tor hämmerte. Beinahe so, als wollte Hertha BSC der Top-Negativbilanz der Zweiten Liga von bereits zwölf verspielten Punkten nach einer Halbzeitführung diesmal mit aller Macht etwas entgegensetzen. „Nach der Pause hatten wir eine gute Ballzirkulation und haben die Tore in den richtigen Momenten gemacht“, beschrieb Pal Dardai den Unterschied zur Darbietung davor.
Nach zehn Jahren auf dem Betze
Am Sonnabend nun steht das vorletzte Spiel des Jahres und auch der Hinrunde der Zweiten Liga für Hertha BSC auf dem Programm. Nach zehn Jahren gastieren die Hauptstädter dabei mal wieder beim 1. FC Kaiserslautern – damals schied man als Bundesligist in der zweiten Runde des DFB-Pokals bei den eine Klasse tiefer spielenden „Roten Teufeln“ mit 1:3 aus. Zwölf Monate zuvor erreichte man beim letzten Punktspiel beider Teams in der Zweiten Liga an selber Stelle ein 1:1 – der Brasilianer Ronny sicherte den von Jos Luhukay trainierten Berlinern einst den Zähler. Der letzte Sieg auf dem Betzenberg gelang im April 2006, als die Treffer von Pantelic und Gilberto der Mannschaft von Falko Götz einen 2:0-Erfolg bescherten. Die Pfälzer haben zuletzt nur einen Zähler aus sieben Partien holen können und sind damit bis auf Platz 13 der Tabelle abgerutscht. Nach der Trennung vom bisherigen Trainer Dirk Schuster, mit dem eigentlich die vorderen Plätze angepeilt worden waren, setzte es auch mit Interimscoach Niklas Martin ein 1:4 in Magdeburg. Nun präsentierte man mit Dimitrios Grammozis einen neuen Übungsleiter, der schon als Profi fünf Saisons den FCK-Dress trug. Ein Erfolg zum Debüt des 45-Jährigen wäre für die im Abwärtstrend befindlichen Lauterer in jedem Fall extrem wichtig – Hertha BSC wird in dieser Konstellation dahingehend gefragt sein, dem Gegner in der heißen Atmosphäre des Betzenbergs die entsprechenden Nadelstiche zu versetzen, um nicht dem „Neue Besen“-Effekt zum Opfer zu fallen. Beide Mannschaften waren unter der Woche bereits im DFB-Pokal gefordert (Spiele bei Redaktionsschluss nicht beendet), für die Berliner ist es am Sonntag dabei die dritte Begegnung in sieben Tagen. Damit dürfte Pal Dardais nach dem Elversberg-Spiel getroffene Aussage in Kaiserslautern umso mehr an Gewicht gewinnen: „Fußball ist einfach, wenn Du einfach spielst.“