Nach einer traumhaften Saison 2022/23 läuft es in diesem Jahr schwer für die Zweitvertretung des SC Freiburg. Die Gründe dafür sind klar – und gehören zum Weg des Vereins.
Die Zweitvertretung der Freiburger spielte eine traumhafte Saison 22/23. Am Ende reichte es für die U21 des SC Freiburg mit nur einem Punkt Rückstand auf die SV Elversberg für Platz zwei. Damit wären die Freiburger in die Zweite Liga aufgestiegen, wenn ihre Profis nicht in der Bundesliga spielen würden. Die junge Mannschaft konnte die an sie gestellten Erwartungen mehr als erfüllen und trug so zu einer erfolgreichen Saison im Breisgau bei. Dieses Jahr läuft es weniger berauschend. Thomas Stamm hat dafür jedoch auch die Erklärung parat: „Wir haben einen Kader mit 20 neuen Spielern, mehrheitlich ohne Drittliga-Erfahrung. Letzteres ist der Unterschied zu Teams wie beispielsweise dem SV Sandhausen, die auch einen großen Umbruch vollzogen haben. Diese Saison ist vergleichbar mit unserem ersten Drittliga-Jahr 2021/22. Aufgrund einer besseren Effizienz hatten wir damals aber mehr Punkte geholt.“ Wer jetzt jedoch glaubt, dass in Freiburg irgendjemand die Nerven verliert, der sieht sich getäuscht. „Auch in der letzten Spielzeit haben wir nie auf die Tabelle geschaut und uns an der Entwicklung der Spieler und Inhalten orientiert. Damit fahren wir gut“, so Stamm. „Dennoch geht es natürlich auch darum, Erfolgserlebnisse zu generieren. Letzte Saison haben wir die Früchte aus der Vorsaison geerntet. Meiner Meinung nach war das erste Jahr viel wichtiger als das sportlich erfolgreichere zweite Jahr. Die Jungs haben gelernt, Widerstände zu überwinden. In diesem Prozess sind wir auch jetzt wieder. Es gab bisher zu wenig Spiele, die wir so gestalten konnten, dass ein Sieg drin gewesen wäre. Wir sind noch zu instabil und arbeiten intensiv daran, das zu ändern.“
Weniger berauschend
Dass die Stabilität verloren ging, liegt, wie Stamm schon angesprochen hat, schlichtweg an dem runderneuerten Kader. Die Achse, die für Stabilität gesorgt hat, hat den Verein verlassen. Hier ist an erster Stelle Torwart Atubolu zu nennen. Der Torwart der U21-Nationalmannschaft rückte nun komplett zu den Profis auf. Die beiden Verteidiger Max Rosenfelder und Jordy Makengo wurden ebenfalls zu den Profis befördert. Sturm-Routinier Vincent Vermeij wechselte ablösefrei zu Fortuna Düsseldorf und mauserte sich dort zum Stammspieler. Sogar 600.000 Euro ließen sich die Düsseldorfer die Dienste von Mittelfeldmann Yannik Engelhardt kosten. Ablösefrei verließen den Club noch die Stammkräfte Julian Guttau, der sich dem TSV 1860 München angeschlossen hat, Lars Kehl, zu Osnabrück und Philipp Treu, der bei St. Pauli anheuerte.
Zentraler Bestandteil des Konzepts der Zweiten Mannschaften ist, wie von Stamm angesprochen, ausscheidenden Jugendspielern den Übergang in den Profifußball zu erleichtern. Das nimmt man in Freiburg sehr ernst, und so rückten sieben Talente aus der U19 in den Kader der Freiburger U21 auf. Außerdem holten die Freiburger das spanisch-schweizerische Sturmtalent Alessio Besio vom FC St. Gallen und von der Zweiten Mannschaft von Racing Straßburg Franci Bouebari. Mit Fabian Rüdlin und Hamadi Al Ghaddioui wurden zwei ältere Spieler geholt, die durch ihre Erfahrung die jungen Spieler führen sollen. Unbeschriebene Blätter sind der 19-jährige US-Amerikaner Drew Murray und Serge Müller vom FC Schaffhausen.
Besonders im Sturm zündeten die Neuverpflichtungen noch nicht. Gerade der Abgang von Vermeij wiegt da schwer. Schuld daran ist für Stamm jedoch die ganze Mannschaft: „Festmachen lässt sich das Problem nicht bloß an unseren Stürmern. Die Offensivarbeit beginnt bereits in der Abwehr. Je besser unsere Spielaufbauphase ist, desto mehr Chancen können wir kreieren. Und es ist ja nicht so, dass wir keine Chancen haben. Wir haben oft genügend Möglichkeiten. Es hakt – wie schon angesprochen – an der Effizienz und an der Genauigkeit.“ Und auch wenn die Entwicklung bei Zweiten Mannschaften im Vordergrund steht, einen Schritt weiter wäre Stamm mit seiner Mannschaft gern schon: „Grundsätzlich würden wir uns alle wünschen, schon ein Stück weiter zu sein. Sowohl bei der Gesamtentwicklung als auch bei der individuellen Entwicklung der Spieler. Wir wären gerne mehr angekommen in der Dritten Liga. Aber wir sind auf dem richtigen Weg.“
Die Stimmung innerhalb der Mannschaft scheint trotz der schwierigen Phase nicht schlecht zu sein: „Ich muss niemanden bei Laune halten, weil die Jungs die Situation gut einordnen können. Generell finde ich es sinnvoll, sich eher kurzfristige als langfristige Ziele zu setzen.“
Langfristig mit Stamm verlängert
Stamm ist schon lange beim SCF tätig und muss sich sicherlich keine Gedanken um seine Person machen. Sein Vertrag wurde im vergangenen Jahr zudem langfristig verlängert. Trotzdem besteht die Möglichkeit, dass der Schweizer auch mal andere Wege einschlägt: „Ich sehe meine Stärken mitunter im Bereich der Entwicklung. Dennoch will ich nicht ausschließen, irgendwann auch Herrenmannschaften zu coachen. Wenn eine passende Anfrage kommt, beschäftige ich mich damit. Es ist aber so, dass ich mich in Freiburg sehr wohl fühle. Seit mehr als acht Jahren habe ich in diesem fantastischen Umfeld die Möglichkeit, mich stetig weiterzuentwickeln. Solange das so bleibt, verspüre ich keinerlei Druck, etwas an der Situation zu ändern.“ Besonders lobt er das Arbeitsumfeld und den Austausch mit Christian Streich: „Das Arbeitssetting ist in Freiburg außergewöhnlich. Und das macht es interessant, lange im Verein zu bleiben. Christian Streich war zunächst 15 Jahre U19-Trainer, bevor er den Sprung zu den Profis gewagt hat. Das zeigt, dass es nicht immer der steile und schnelle Weg direkt ins Profigeschäft sein muss. Es macht extrem Spaß beim SC Freiburg, weshalb man sich zweimal überlegt, ob ein Tapetenwechsel der richtige nächste Schritt ist. Für mich profitieren Clubs mit einer solchen Philosophie mittelfristig ganz klar mehr als Vereine, die immer wieder überstürzt den Trainer austauschen. Gewisse Dinge brauchen einfach Zeit. Auch in der privaten Wirtschaft werden Dinge nicht über Nacht geboren. Es braucht – wie so oft im Leben – Geduld und Beharrlichkeit.“