Die Regierung will das Dienstwagenprivileg ausweiten. Konnten bisher nur E-Autos bis 60.000 Euro von der 0,25-Prozent-Regel profitieren, soll die Grenze künftig bei 80.000 Euro liegen. Umweltschützer kritisieren die Pläne.
Die Bundesregierung plant, Steuervorteile für Elektroautos auszuweiten. Das geht aus einem aktuellen Gesetzentwurf zum sogenannten „Wachstumschancengesetz“ hervor, der auf der Website des Bundestags abrufbar ist. Konkret geht es um die Ausweitung des sogenannten Dienstwagenprivilegs: Aktuell können Personen, die einen (Verbrenner-)Dienstwagen privat nutzen, diesen pauschal mit einem Prozent des Bruttolistenpreises versteuern. Auf E-Autos fällt ein ermäßigter Satz von 0,25 Prozent an. Einzige Einschränkung: Der Preis der Stromer darf nicht über 60.000 Euro liegen. Sonst werden 0,5 Prozent fällig.
Laut dem Gesetzentwurf plant die Bundesregierung, diese Grenzen nun auf 80.000 Euro anzuheben. Dies geschehe „zur Steigerung der Nachfrage unter Berücksichtigung der Ziele zur Förderung einer nachhaltigen Mobilität“, heißt es in dem Gesetzentwurf. Außerdem wolle man „die gestiegenen Anschaffungskosten solcher Fahrzeuge praxisgerecht abbilden.“ Mit anderen Worten: Der Verkauf von (teuren) E-Autos soll angekurbelt werden.
VDA kontert mit Zulassungszahlen
Sollte der Bundestag das Gesetz in der jetzigen Form beschließen, würden auch teure, schwere Elektro-SUVs und - Limousinen subventioniert – also genau jene Fahrzeuge, die die deutsche Autoindustrie gern baut. Das Problem dabei: Elektroautos stoßen beim Fahren zwar keine Abgase aus. Aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts verbrauchen SUVs und Limousinen aber deutlich mehr Strom als kleine und mittlere E-Autos. Auch ihre Herstellung ist aufwendiger – die Umweltbilanz fällt dementsprechend schlechter aus. Obendrein verbrauchen sie mehr Platz im öffentlichen Raum.
Hinzu kommt: Der hohe Bedarf kritischer Rohstoffe ist nach wie vor eine Schwachstelle der Elektromobilität. Zumal das Recycling von Elektroauto-Batterien noch in den Kinderschuhen steckt. Die großen Akkus von SUVs und Limousinen benötigen mehr Lithium, Nickel, Kobalt und Mangan als kleinere E-Autos. Laut einer Studie des Thinktanks „Transport & Environment“ könnte der Bedarf an kritischen Rohstoffen um 19 bis 27 Prozent sinken, wenn vermehrt kleinere Elektroautos gebaut würden.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung geht genau in die andere Richtung. Deshalb kritisiert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die geplante Ausweitung der 0,25-Prozent-Regelung scharf. „Die Bundesregierung macht das genaue Gegenteil dessen, was sozial gerecht und klimapolitisch notwendig wäre“, sagt DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch in einer Pressemitteilung. „Mit diesem Schritt unterstützt die Bundesregierung die deutschen Autokonzerne in ihrem weitgehenden Ausstieg aus bezahlbaren Elektro-Klein- und Kompaktwagen und belohnt sie stattdessen mit zusätzlichen Steuervorteilen für ihre übermotorisierten E-SUV“, kritisiert der Verband. Es handle sich um eine „sozial ungerechte Subvention für Gutverdienende“.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hält dagegen. In einer Pressemitteilung beteuert der Lobbyverband: „Im Jahr 2022 waren rund 46 Prozent der neu zugelassenen Firmenwagen kleinere Fahrzeuge wie Kleinstwagen, Kleinwagen, Mini-Vans und Fahrzeuge aus der Kompakt- und Mittelklasse. „Der Anteil der Oberklasse lag hingegen bei lediglich 1,4 Prozent.“ Nur 20 Prozent der Dienstwagen hätten eine Leistung von über 200 PS (oder mehr als 147 kW) gehabt.
Greenpeace fordert schon lange die komplette Abschaffung des Dienstwagenprivilegs. Fiele es weg, könnte nicht nur CO2 eingespart werden. Der Staat würde auch mehr Steuern einnehmen – Geld, das in umweltfreundliche Verkehrsmittel gesteckt werden könnte. Stichwort: Deutschlandticket.
Ziel sei CO2-Reduzierung
Die aktuellen Pläne gehen indessen in die andere Richtung. Schon länger arbeitet die Bundesregierung am Wachstumschancengesetz. Pikant: Im Referenten-Entwurf des FDP-geführten Finanzministeriums vom Juli 2023 war die kontroverse Passage noch nicht enthalten. Die geplanten Steuervorteile verwundern umso mehr, da SPD und Grüne eigentlich das Gegenteil geplant hatten. Laut einem Bericht der „Welt am Sonntag“ vom Juli 2023 wollten sich die beiden Parteien dafür einsetzen, die Subventionen stärker an ökologische Kriterien zu koppeln – Verbrenner-Dienstwagen sollten demnach mit 1,2 Prozent besteuert werden. Für Elektroautos waren damals keine Änderungen vorgesehen.
Heute verteidigt die Bundesregierung ihre Pläne mit dem Argument, eine Elektrifizierung der Autoflotte führe zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Die Kritik der Deutschen Umwelthilfe kann das Finanzministerium nicht nachvollziehen. Auf Nachfrage antwortet die Pressestelle, die Darstellung des Umweltverbands sei „nicht repräsentativ und in der Sache auch unzutreffend“. Dienstwagen seien überwiegend Klein- und Mittelklassewagen, die nicht ausschließlich privat genutzt würden – ein Argument, das der Automobilverband fast wortgleich verwendet.