Die hoch effektiven Verjüngungsübungen der chinesischen Kaiser gelten als ein Erfolgsgeheimnis für strahlende Gesundheit und langes Leben.
In China, im Hua Shan Kloster sollen Mönche an die 120 Jahre alt geworden sein und blieben dabei, so heißt es, geistig und körperlich frisch und aktiv. Als der Kaiser davon hörte, befahl er die Mönche zu sich und fragte sie nach dem Geheimnis ihrer strahlenden Gesundheit. Die heiligen Männer berichteten ihm, dass sie durch Übungen Energiekanäle im Körper öffnen und dabei die Kräfte des Himmels und der Erde aufnehmen würden, um den Körper mit diesen Energien aufzutanken. Der Kaiser ließ sich von den Mönchen exklusiv in der Atem- und Bewegungsform Hui Chun Gong unterweisen, so die Legende. Er machte sie zu den „geheimen Verjüngungsübungen der chinesischen Kaiser“.
Den Mönchen war es bei Strafe verboten, sie anderen zu übermitteln, denn nur der Kaiser selbst wollte sich die Jugendlichkeit erhalten. Die Wurzeln dieser Langlebigkeitstechniken reichen mehr als 4.000 Jahre zurück. Sie wurden nur mündlich an Familienmitglieder des chinesischen Kaiserhofes weitergegeben. Erst Ende der 1980er -Jahre ist diese altbewährte chinesische Bewegungsfolge ans Licht der Öffentlichkeit getreten.
Der Name Hui Chun Gong – Rückkehr des Frühlings deutet an, dass diese Übungen eine Rückkehr zu jugendlicher Vitalität und Attraktivität ermöglichen können. Dahinter verbergen sich leicht zu erlernende Abfolgen sanft fließender und schwingender Bewegungen. Täglich zehn bis 20 Minuten geübt, können diese einfachen Verjüngungsübungen bereits eine verbesserte Widerstandskraft des Körpers bewirken. Der Energiefluss wird so nachhaltig angeregt, dass sich Stoffwechsel, Durchblutung und Zellaktivität wesentlich verbessern.
Die Qigong-Lehrerin Irene Pape hat verschiedene Methoden und Formen dieser Kunst der Lebenspflege kennen und schätzen gelernt. Seit etwa 17 Jahren praktizierte sie Hui Chun Gong. „Mein Körper fühlt sich elastischer und beweglicher an, zudem ist er auch stabiler und kräftiger geworden. Die verjüngende Wirkung zeigt sich ebenso in einer besseren Durchwärmung des Körpers, kalte Hände oder Füße kenne ich nur noch bei extremer Kälte draußen.“ Die Qigong- Lehrerin gibt Kurse und Workshops und lehrt Hui Chun Gong in Berlin.
Die einzelnen Figuren des Hui Chun Gong haben einen anmutigen und tänzerischen Ausdruck und tragen zumeist poetische Namen. Im Folgenden werden aus der mehrteiligen Bewegungsfolge zwei Übungsbeispiele herausgegriffen, die auch separat für sich stehen können.
Das „Erwachen des Frühlings“ ist das Herzstück der Übungsreihe und auch als Schüttel-Übung bekannt. Die Füße stehen schulterbreit fest auf den Boden. Der Rücken ist gerade, der Kopf aufrecht. Die Arme hängen locker seitlich herunter. Die schüttelnden Bewegungen gehen ausschließlich von den Knien aus. Wie eine Welle verlaufen die Auf- und Abwärtsbewegungen durch den ganzen Körper. Das Schütteln wirkt auf alle Glieder, die inneren Organe und Hormondrüsen. Dies wirkt gegen das Älterwerden. Durch das Schütteln lösen sich Verspannungen, Giftstoffe und Schlacken. Alle inneren Verklebungen des Bindegewebes und der Faszien werden aufgelöst und ausgeschieden. Die Organe, Muskeln und Bänder können wieder ungehindert aneinander vorbeigleiten. Die Haut wird durchblutet, das Gesicht erfrischt und geglättet. Allerdings ist diese Übung bei Schwangerschaft und nach einer Operation nicht geeignet.
Die einzelnen Figuren des Hui Chun Gong haben einen anmutigen Ausdruck
Der Drache gilt in der chinesischen Mythologie als ein Symbol für Weisheit und Lebendigkeit. Der „Schwimmende Drache“, die zweite wichtige Übung, zählt weltweit zu den Klassikern der fernöstlichen Qigong-Kunst. Der Körper steigt wie bei einem Drachen im Wechsel zu den Wolken, taucht hinab in ein Meer, schwimmt dann verspielt im Wasser. Die Qigong-Lehrerin hat besonders von dem Schwimmenden Drachen profitiert. „Durch seine fließend geschmeidigen, schlangenartigen Bewegungen sind vor allem meine Schulter-Nacken-Versteifungen verschwunden und ich habe keinerlei Rücken- oder Gelenkprobleme.“ Die Hauptbewegung des „Schwimmenden Drachen“ ist eine schwingende „Doppel-Acht“. Dabei schwingen die Hände sanft von einer Seite zur anderen, als würden sie Vorhänge zur Seite schieben und dabei Qi aus der Umgebung aufnehmen. Während ihre Kursteilnehmerinnen sich bereits in schlängelnden Bewegungen ausprobieren, leitet Irene Pape die Übung an. „Zu Beginn auf-recht und entspannt stehen. Füße und Knie sind eng geschlossen. Die Hände falten, Fingerspitzen nach oben.
Dann die Hände horizontal nach links schieben. In die Halbhocke gehen, das Becken nach rechts schieben. Blick in Richtung Becken. Die Übung wird gegengleich durchgeführt, Hände und Becken jeweils in die entgegengesetzte Richtung schieben.
Die Hände und Arme beschreiben drei Kreise, die wir uns übereinander, wie bei einem Schneemann, vorstellen.“ Diese Kreise vor dem Körper entsprechen den drei Energiezentren. Irene Pape erklärt, den obersten der drei Kreise sich als Himmel (Kopf) vorzustellen, den untersten Kreis als Erde (Unterbauch). Und der mittlere Kreis bezieht sich auf den Brustbereich, den Herzraum. „Wir verbinden durch die fließenden Bewegung entlang der gedachten Kreise von oben nach unten und umgekehrt, Füße und Kopf, Himmel und Erde, Yin und Yang.“ Der Drache bewegt sich zwischen Himmel und Erde. Im Winter ruht er in der Tiefe der Seen oder auf dem Meeresboden und im Frühling erhebt er sich gen Himmel.
Durch die pendelnden Links- und Rechtsbewegungen des Beckens werden die zahlreichen Meridiane aktiviert und die Nierenenergie gestärkt. Der ganze Körper, Rücken, Kopf, Augen, Hüfte, Beine bewegt sich in Harmonie. Von großer Bedeutung sei dabei der Punkt „Sprudelnde Quelle“ zwischen den Fußballen, betont Irene Pape. „Es ist der Beginn des Nieren-Meridians, über den wir gedanklich das Qi von unten aus der Erde aufnehmen können. Bei der Bewegung nach unten, lassen wir uns in diesen Punkt geradezu hineinsinken, beim Nach-oben- gehen, drücken wir uns von dort aus, wie von einem kleinen Gummiball nach oben. Dadurch wird dieser Punkt jedes Mal aktiviert.“
Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Übung sei es, dass das Energiefeld zwischen Unterbauch und Damm durch die enge Stellung der Beine stark aktiviert wird, was den Hormonhaushalt und damit die allgemeine Gesundheit positiv beeinflusst. „Insgesamt machte diese Übung den Körper geschmeidiger, kräftigt Beine und Gesäß. Durch den Wechsel von sanften Dehnungen und Entspannung können sich Verspannungen im Nacken- Schultern-Bereich lösen.“
Die 61-jährige Irene Pape ist überzeugt: „Wenn andere Menschen in meinem Alter sich oft nur mühsam von einer hockenden oder knienden Position aufrichten können, fällt es mir leicht, wieder nach oben zu kommen, auch wenn ich auf dem Boden sitze.
Die tänzerisch anmutenden Bewegungen massieren sanft Bindegewebe und Lymphsystem und können überschüssiges Fett an Taille, Bauch, Oberschenkeln und Gesäß abbauen. Koordination, Beweglichkeit und Balance werden geschult, auf sanfte Weise die Rückenmuskulatur gestärkt. Die Wirbelsäule wird geschmeidig und in alle Richtungen beweglich. Der schwimmende Drache stärkt die Nerven und fördert einen erholsamen Schlaf. Leichtigkeit und innere Ruhe stellen sich ein.
Die Bewegung erhöht die Kondition und stärkt die Kraft im Bauchraum. „Auch mein Beckenboden ist durch das Praktizieren stärker geworden. Dadurch habe ich kein Inkontinenz-Problem und fühle mich insgesamt sehr vital“, freut sich Irene Pape.
Insgesamt verbindet der „Schwimmende Drache“ die Feuer- und die Wasserenergie, also die Energie des Herzens mit der Vitalität des Unterleibs. Die Zellen verjüngen sich, der Körper wird entgiftet und der Stoffwechsel angekurbelt.
Der genaue Bewegungsablauf sollte jedoch durch eine qualifizierte Qigong- Lehrunterweisung präzisiert und begleitet werden, empfiehlt Irene Pap.
Zu der Übungsreihe Hui Chun Gong – Verjüngungsübungen der chinesischen Kaiser gehören weitere poetisch anmutende Formen mit hoher gesundheitlicher Wirksamkeit:
Der fliegende Adler
Es wird versucht, ein Gefühl der Schwerelosigkeit zu empfinden, als ob die ausübende Person fliegen könnte. Die Übung hilft bei Nervosität und Kopfschmerzen.
Der schwimmende Frosch
Kurbelt den Blutkreislauf an und hilft gegen Rückenschmerzen und Schlaflosigkeit, sowie gegen Schilddrüsen-Erkrankungen.
Die Schildkröte zieht ihren Kopf zurück
Löst Spannungen im Kopfbereich und stimuliert das Nervensystem.
Auch eignet sie sich zur Vorbeugung gegen rheumatische und arthritische Beschwerden. Strafft das Gewebe und regt die Hormonproduktion an.
Der schwebende Phönix
Empfohlen bei nervöser Erschöpfung, Schlaflosigkeit sowie bei allen Erkrankungen des Nervensystems.
Acht Heilige gratulieren zum Geburtstag
Trainiert die Nierenenergie. Wenn die Nierenenergie stark ist, ist man jung und für die Anforderungen des Lebens gewappnet.
Das himmlische Rad
Bewirkt eine erhöhte Energie im ganzen Oberkörper und stärkt die Lendenwirbelsäule. Ist insbesondere für unseren Geist von Bedeutung.
Das Erde-Rad
Die nährende Kraft der Erde einsammeln, verleiht Stabilität und Sicherheit. Wasser, Luft und Erde-Energie sind gut für die inneren Organe.
Die Rückkehr zum kindlichen Gesicht
Bewirkt Aktivierung der Akkupunkturpunkte, die mit den Organen in Verbindung stehen. Das Gesicht entspannt sich. Das Immunsystem wird gestärkt.
All diese Verjüngungsübungen des Hui Chun Gong streben wie andere Methoden des Qigong auch nach Harmonie zwischen Yin und Yang, zwischen Körper und Geist. „Ganz besonders hervorzuheben ist der außerordentliche Einfluss auf das Hormonsystem, wodurch jugendliche Vitalkraft und Schönheit erhalten bleiben oder erneuert werden.“ Doch auch Meditation in Stille gehöre zu den positiven Wirkungen, die nicht allein durch die bewegten Übungen zu erklären sind. „Ein ruhiger und klarer Geist, körperliche Gesundheit und ein ausgeglichener Gemütszustand sind Ziele, die wir mit diesen Methoden anstreben. Es ist ein Weg der inneren Kultivierung.“