Lungenkrebs gehört in Deutschland zu den häufigsten Krebserkrankungen. Gleichzeitig nehmen Asthma und COPD auch immer mehr zu. Was die Ursachen dafür sind, wie sich diese Krankheitsverläufe gestalten und welche neuen Therapiemöglichkeiten den Patienten zur Verfügung stehen, erläutert Prof. Dr. med. Harald Schäfer, Chefarzt Lungenzentrum Saar der SHG-Kliniken Völklingen.
Herr Professor Dr. Harald Schäfer, bevor wir auf die einzelnen Lungenerkrankungen zu sprechen kommen, könnten Sie einen kurzen Überblick geben? Wie lassen sich die Krankheiten der Lunge generell klassifizieren?
Hier gibt es sehr viele Facetten von Erkrankungen mit vergleichsweise hohen Zahlen an Betroffenen und einer Häufigkeitszunahme der meisten Lungenerkrankungen. Dabei verursachen viele dieser Erkrankungen eine Einschränkung der Lebenserwartung und der Lebensqualität und haben eine große sozio-ökonomische Bedeutung. Dazu zählen nicht nur Erkrankungen der Lunge, sondern auch der Atemwege, des Rippenfells, der Brustraumgefäße und auch der Atemregulation im Schlaf. Historisch betrachtet spielen die Infektionskrankheiten der Atemwege und der Lunge nach wie vor eine ganz bedeutende Rolle. Gerade durch die Corona-Pandemie ist diese Gruppe auch so präsent geworden. Die Lungenentzündung (Pneumonie), eine bakterielle oder auch virale Erkrankung, ist hierbei die häufigste Infektionserkrankung, die außerhalb der Corona-Pandemie zum Krankenhausaufenthalt führt. Die Sterblichkeit im Krankenhaus beträgt hierbei etwa 13 Prozent. Das liegt allerdings auch daran, dass häufig hochbetagte Menschen hieran erkranken. Die Infektionserkrankung mit den weltweit häufigsten Todesursachen ist dagegen die Tuberkulose. Glücklicherweise lässt sich dieser Erreger in Deutschland heutzutage eher selten antreffen. Aufgrund der Migrationsbewegungen sehen wir jedoch wieder mehr Fälle und auch Medikamentenresistenzen. Daneben sind als häufige Erkrankungsgruppen Lungenkrebs und chronisch-entzündliche Erkrankungen der Atemwege wie Asthma und COPD zu nennen.
Und welche Gruppen gibt es noch?
Eine weitere große Erkrankungsgruppe, die wir mit vielen anderen Untererkrankungen charakterisieren und klassifizieren, sind die sogenannten interstitiellen Lungenerkrankungen oder die Lungenfibrosen. Auch hier ist der Lungenfacharzt oder Pneumologe in vielfältiger Weise gefordert, weil er auch mit den anderen Fachdisziplinen eng zusammenarbeiten muss wie beispielsweise der Rheumatologie. Das ist ein heterogenes Feld mit vielen unterschiedlichen Erkrankungen, die auch die Lunge betreffen können.
Dann gibt es noch die Erkrankungsgruppe der Patienten mit chronischer respiratorischer Insuffizienz. Dazu gehören Patienten, die eine Gasaustauschstörung haben und entweder zu wenig Sauerstoff aufnehmen oder ihr Kohlendioxid nicht abatmen können. Es gibt ganz viele unterschiedliche Grunderkrankungen, die dazu führen können. Fortgeschrittene COPD oder Lungenemphysem kommt bei den Patienten, die eine Unterversorgung mit Sauerstoff haben, am häufigsten vor. Bei einem chronisch langsamen Verlauf benötigen die Patienten dann im fortgeschrittenen Stadium eine Langzeitsauerstofftherapie oder zusätzlich eine Masken-Beatmungstherapie zur Verbesserung der Krankheitssituation und des Überlebens. Dann gibt es Patienten mit Akuterkrankungen, die so schwergradig erkranken, dass sie auf die Intensivstation müssen, um mit Atmungs-Unterstützungsverfahren oder Lungenersatzverfahren entsprechend versorgt zu werden. Dazu zählen unter anderen solche Maßnahmen wie künstliche Beatmung oder ECMO-Therapie, quasi eine künstliche Lunge. Dies ist ein Verfahren für Schwerkranke, das jetzt erst im Rahmen der Corona-Pandemie ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangt ist.
Lungenkrebs gehört in Deutschland zu den häufigsten Krebserkrankungen. Wodurch wird das begünstigt?
Etwa 57.000 Menschen in Deutschland erkranken jedes Jahr an Lungenkrebs, im Saarland sind es bis zu 900 Fälle. Die mit Abstand häufigste Ursache ist weiterhin das Zigarettenrauchen bei etwa 80 bis 90 Prozent der Männer und 60 bis 70 Prozent der Frauen. Auch das Passivrauchen spielt eine gewisse Rolle. Trotz leicht rückläufiger Neuerkrankungsraten sterben an Lungenkrebs bei Betrachtung beider Geschlechter mehr Menschen als an Darm-, Brust- und Prostatakrebs zusammen. Bei Frauen ist das Lungenkarzinom inzwischen die zweithäufigste Krebstodesursache (nach Brustkrebs). Leider überleben nur etwa 15 bis 20 Prozent der Patienten die darauffolgenden fünf Jahre über alle Tumorstadien hinweg betrachtet. Damit ist das Lungenkarzinom weiterhin die Krebserkrankung mit der höchsten Sterblichkeitsrate unter allen Tumorerkrankungen. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Tatsache, dass etwa drei Viertel aller Patienten erst in fortgeschrittenen Tumorstadien die Diagnose der Erkrankung erhalten.
Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden, um diesem Trend entgegenzuwirken?
Hierzu sind verschiedene Maßnahmen notwendig beziehungsweise wurden auf den Weg gebracht. Wichtig ist weiterhin die Ursachenbekämpfung, das heißt den Einstieg in das Rauchen, insbesondere bei Jugendlichen, zu verhindern und wirksame Programme zur Raucherentwöhnung umzusetzen. Dies ist insbesondere eine politische Aufgabe. Dann gilt es, die Diagnostik in die frühen Tumorstadien zu verlagern. Hier konnte durch verschiedene Studien gezeigt werden, dass sich durch ein Screening von Risikopersonen, das heißt starken Rauchern mittels Niedrigdosis-Computertomografie der Lunge, Tumore früher entdeckt werden und damit die Sterblichkeit senken lässt. Insgesamt ist dies etwa so wirksam wie das Mammografiescreening. Derzeit sind die Einzelheiten zum Lungenkrebs-Screening in der Prüfung und wir gehen davon aus, dass die Umsetzung demnächst in Deutschland kommt. Ein weiterer Aspekt ist die Konzentration der Diagnostik und Behandlung in Zentren. Hier wurde schon vor Jahren von der Deutschen Krebsgesellschaft das Programm der qualitätsgesicherten Zertifizierung auf den Weg gebracht. Gesicherte neue Forschungsergebnisse fließen dabei in die Qualitätsvorgaben der jeweiligen Fachgesellschaften ein und deren Umsetzung wird jedes Jahr von Fachexperten vor Ort überprüft. Dass Patienten davon profitieren konnte für verschiedene Krebsarten gezeigt werden. Auch für Lungenkarzinom-Patienten zeigt eine große im letzten Jahr in Deutschland durchgeführte Untersuchung, dass Lungenkrebspatienten, die in zertifizierten Lungenkrebszentren behandelt werden eine höhere Heilungs- und Überlebensrate haben als Patienten, die in nichtzertifizierten Einrichtungen behandelt werden. Leider wird immer noch, auch im Saarland, ein nicht unerheblicher Anteil der Patienten in nichtzertifizierten Einrichtungen diagnostiziert und behandelt. Auch sind in zertifizierten Krebszentren palliativmedizinische und psychoonkologische Therapiekonzepte integraler Bestandteil des Angebots.
Wie erfolgt der Krankheitsverlauf und wie ist hierbei der Therapie-Stand?
Krankheitsverlauf und Therapie beim Lungenkrebs hängen entscheidend davon ab, welche Tumorart beim einzelnen Patienten vorliegt, in welchem Stadium der Erkrankung sich der Patient befindet sowie in welchem Allgemeinzustand und welche Begleiterkrankungen vorliegen. Hierfür sind nun spezielle Kenntnisse und Verfahren der Untersucher und Behandler notwendig, sodass die Befunde rasch vorliegen müssen und dann die Therapie jeweils interdisziplinär in einem Tumor-Board mit einer speziellen Empfehlung von den Fachspezialisten für jeden einzelnen Patienten festgelegt wird.
In etwa 80 Prozent der fortgeschrittenen, also nicht mehr operablen Tumorfälle liegt ein sogenanntes nichtkleinzelliges Lungenkarzinom vor. Hierbei ist es notwendig durch aufwendige und umfassende weitere molekularpathologische Verfahren den Tumor auf mögliche Veränderungen in seiner Struktur zu untersuchen, wobei dann spezielle Medikamente zur Behandlung eingesetzt werden können. Diese sogenannte zielgerichtete Therapie hat einen enormen Wandel in den letzten Jahren beim Lungenkarzinom erbracht. Hiermit gelingt es bei den meisten Patienten auch im metastasierten Stadium, die Erkrankung über einen langen Zeitraum in einen stabilen Zustand mit einem nahezu nebenwirkungsfreien und normalem Leben zu überführen. Mittlerweile sind etwa 30 Prozent aller nichtkleinzelligen Lungenkarzinome zielgerichtet behandelbar. Diese Möglichkeit wird leider noch nicht für alle dafür in Betracht kommenden Patienten in Deutschland genutzt, wie wir aus aktuellen Daten der Versorgungslandschaft in Deutschland wissen.
Welche Therapieformen stehen noch zur Verfügung?
Eine weitere medikamentöse Therapieform, die Immun-Checkpoint-Therapie hat die Behandlung von Patienten mit metastasiertem nicht molekular verändertem nichtkleinzelligem Lungenkarzinom in den letzten Jahren fundamental verändert und das Überleben für einen relevanten Anteil der Patienten substanziell verbessert. Diese Therapieformen rücken jetzt auch vermehrt in die früheren Tumorstadien im Rahmen eines sogenannten multimodalen Therapieansatzes zur weiteren Prognoseverbesserung. Diese Therapie wird dann zusätzlich vor oder nach einer Operation eingesetzt. Der kleinzellige Lungenkrebs, der in etwa 20 Prozent der Fälle vorkommt ist ein typischer Raucherkrebs. Er teilt sich enorm schnell und bildet früh Metastasen. Hier ist eine zielgerichtete Therapie mit Medikamenten derzeit noch nicht möglich und die Chemotherapie weiterhin Standard. Seit einiger Zeit setzen wir jedoch auch die Immuntherapie beim kleinzelligen Lungenkrebs ein. Neue Therapieprinzipien sind bei diesem Tumor erkennbar, wenngleich noch nicht in der Routineversorgung verfügbar.
Wann empfiehlt sich eine Operation?
Operationen sind bei Lungenkrebs im Frühstadium weiterhin die bevorzugte Methode. Das Ziel ist hierbei den Tumor vollständig zu entfernen. Je nach Lage und Größe des Tumors reicht für den Eingriff ein kleiner Schnitt. Man spricht von einer minimalinvasiven endoskopischen Operation. Die Kamera bietet dem Chirurgen einen sehr guten Überblick des Operationsgebietes, sodass neben dem tumortragenden Lungenlappen auch alle Lymphknoten gut entfernt und aufgearbeitet werden können. Dieses Verfahren kommt mittlerweile bei etwa der Hälfte unserer Patienten zum Einsatz, bei kleinen Tumoren in 70 Prozent der Fälle. Für die Patienten bedeutet dies insgesamt weniger Schmerzen, schnellere Wundheilung und kürzere Krankenhausaufenthalte. Für manche komplexere Operationen ist noch ein größerer Schnitt und das offene Verfahren notwendig, jedoch auch hier mit einem modernen Schmerzmanagement. Die optimale Betreuung rund um die Operation wird seit zwei Jahren in unserem Zentrum ergänzt durch das sogenannte enhanced recovery after surgery (ERAS)-Programm. Dieses steht für beschleunigte Genesung nach operativen Eingriffen und bedeutet, dass neben der Operation selbst auch die Vor- und Nachbehandlung möglichst optimal gestaltet werden, zum Beispiel mit einer speziellen Prähabilitation durch unsere Atmungstherapeuten. Die stationäre Aufnahme erfolgt dann direkt am Tag der Operation und der durchschnittliche Aufenthalt nach einer großen Lungenoperation beträgt vier Tage.
Und wie verhält es sich mit der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung, COPD?
Hierbei handelt es sich um eine chronische, in der Regel fortschreitende Atemwegs- und Lungenerkrankung auf dem Boden einer chronischen Entzündung der Atemwege. Sie wird häufig begleitet von einer chronisch obstruktiven Bronchitis mit Husten und Auswurf und/oder einem Lungenemphysem. Das Lungenemphysem ist eine irreversible Erweiterung beziehungsweise Zerstörung der Lungenbläschen und bedingt eine Abnahme der Gasaustauschfläche der Lunge.
Wie verläuft die Erkrankung?
Der Krankheitsverlauf der COPD ist dabei durch eine fortschreitende Verschlechterung der Lungenfunktion und eine zunehmende Beeinträchtigung des Befindens mit Husten und Auswurf sowie der körperlichen Belastungsfähigkeit mit Atemnot gekennzeichnet. Ausgelöst wird die Erkrankung durch inhalative Schadstoffe, die zu einem fortschreitenden Entzündungsprozess in den Atemwegen führen. Beschleunigt werden kann dieser Prozess durch akute Verschlechterungen, sogenannte Exazerbationen.
Welche Ursachen hat COPD?
Die COPD ist eine sehr komplexe und äußerst vielschichtige Erkrankung. Wesentlicher und häufigster Risikofaktor ist dabei das langjährige Zigarettenrauchen, wobei das Erkrankungsrisiko mit Zunahme der Gesamtzahl der gerauchten Zigaretten und dem Alter zunimmt. Genetische Ursachen spielen sicherlich auch eine Rolle. So bekommt nicht jeder Raucher eine COPD. Aber auch andere Schadstoffe wie Stäube im Bergbau, jegliche Gase und Dämpfe bei Verbrennungsprozessen spielen ursächlich eine Rolle. Rauchen während der Schwangerschaft sowie die Passivrauchexposition von Säuglingen und Kleinkindern erhöhen das Risiko eines verzögerten Lungenwachstums beziehungsweise die Entstehung einer chronischen Bronchitis und COPD im Erwachsenenalter. Aktuell wird international wissenschaftlich diskutiert die COPD nach ihren Ursachen und Auslösemechanismen in verschiedene Typen zu klassifizieren, um damit letztlich auch gezieltere Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.
Wer ist häufiger betroffen, Frauen oder Männer?
Insgesamt beträgt in Deutschland die Häufigkeit der COPD bei den über 60-Jährigen etwa zehn Prozent und etwas mehr Männer als Frauen sind betroffen. Allerdings entwickeln Frauen gegenüber Männern bereits bei einer geringeren Packungsjahr-Exposition eine COPD und sie haben ein höheres Risiko früher an einer COPD zu versterben.
Lässt sich COPD heilen?
Bisher gibt es keine Therapie, um die Erkrankung zu heilen. Langfristige Therapieziele sind die Reduktion der COPD-typischen Symptome, die Senkung von Häufigkeit und Schwere von COPD-Exazerbationen (Krisen beziehungsweise akuten Verschlechterungen) sowie die Verbesserung des Gesundheitsstatus und der körperlichen Leistungsfähigkeit. Dabei stehen eine ganze Reihe von nichtmedikamentösen Möglichkeiten zur Verfügung, auf die auch in den aktuellen nationalen Versorgungsleitlinien explizit hingewiesen wird. Hierzu gehören in erster Linie Raucherentwöhnungsmaßnahmen, körperliches Training beziehungsweise Lungensport, das Erlernen von Selbsthilfetechniken bei Atemnot im Rahmen von Schulungen, physiotherapeutische oder rehabilitative Maßnahmen sowie Schutzimpfungen in präventiver Hinsicht bezüglich Infektionen und ein Ernährungsmanagement. Inhalative Medikamente zur Linderung der Atemnot spielen eine untergeordnete Rolle. In fortgeschrittenen Fällen stehen atemunterstützende Maßnahmen wie die Langzeitsauerstofftherapie oder auch die sogenannte nichtinvasive Heimbeatmungstherapie für bestimmte Patienten zur Verfügung. Hierfür bedarf es speziellen Expertenwissens und Erfahrung. Ebenso wie im Einzelfall die Prüfung und gegebenenfalls Durchführung von endoskopischen oder operativen Maßnahmen beim Lungenemphysem. Dieses sollte nur in speziellen Zentren mit viel Erfahrung, insbesondere auch im Management mit möglichen Komplikationen durchgeführt werden. In unserem Zentrum mit langjähriger Erfahrung mit solchen Verfahren werden diese Fälle ausführlich in einem interdisziplinären Emphysem-Board mit Pneumologen, Thoraxchirurgen und Radiologen besprochen. Letztlich gehört zum Management der fortgeschrittenen COPD-Erkrankung auch eine psychologische und palliative Unterstützung. Ein Großteil der Patienten hat verständlicherweise dann auch eine depressive Krankheitskomponente beziehungsweise eine Angststörung.
Auch Asthma gehört zu den am häufigsten auftretenden Lungenerkrankungen. Wie ist ihr Verlauf und welche Maßnahmen lassen sich ergreifen, um diese einzudämmen oder gar zu heilen?
Das Asthma als weitere große und epidemiologisch relevante Krankheitsgruppe ist ebenfalls eine heterogene Erkrankung, die durch eine chronische Entzündung in den Atemwegen charakterisiert ist und bei der zeitlich und in ihrer Intensität variierend die für diese Erkrankung typischen Symptome wie Husten und anfallsweise Luftnot auftreten. Ein weiteres Charakteristikum ist die bronchiale Überempfindlichkeit, bei der die Atemwege verstärkt auf unspezifische Auslöser wie kalte Luft oder Anstrengung aber auch Allergene wie Blütenpollen mit einer Verengung (Atemwegsobstruktion) reagieren. Die Entstehung des Asthmas ist eine Kombination von genetischer Veranlagung und äußeren auslösenden Faktoren. Demzufolge besteht die Therapie des Asthmas im Meiden von auslösenden Faktoren (wie bei Tierhaarallergie) und einer entzündungshemmenden medikamentösen Therapie durch inhalative Kortisonpräparate. Heutzutage können wir das Asthma insbesondere auf der zellulären Ebene sehr gut verstehen und charakterisieren, sodass bei schwereren Fällen eine individuelle zellulär basierte Therapie mit sogenannten Biologika eingesetzt werden können, die gezielt bestimmte Entzündungsprozesse blockieren. Eine konsequente Therapie, die insbesondere auf der Hemmung der Entzündung in den Atemwegen zielt, garantiert die gleiche Lebenserwartung und Lebensqualität wie in der Durchschnittsbevölkerung. Dies ist ein großer Fortschritt in der Asthmatherapie.
Lungenfibrosen sind eine weitere spezielle Erkrankungsgruppe. Würden Sie diese näher vorstellen?
Interstitielle Lungenerkrankungen sind eine große Gruppe mit sehr vielen unterschiedlichen Krankheitsbildern, die bekannte Ursachen haben, wie beispielsweise allergische Erkrankungen (exogen-allergische Alveolitis, am bekanntesten beispielsweise die Vogelhalterlunge) oder die Bergarbeiterlunge, die Silikose. Daneben gibt es auch rheumatische Erkrankungen, die eben auch die Lunge mit betreffen können. Es gibt aber auch Erkrankungen die zwar bekannt sind, wie beispielsweise die Sarkoidose, bei denen wir allerdings keine Ursache finden können. Diese Erkrankungen betreffen alle vorwiegend das Lungengerüst, daher der Name interstitielle Lungenerkrankungen.
Auch die Lungenfibrosen gehören zu den interstitiellen Lungenerkrankungen, wobei es auch hier noch mal einen Unterschied gibt: solche, bei denen die auslösenden Mechanismen bekannt sind und solche, wo wir keine Ursache finden. Im zweiten Fall sprechen wir von der sogenannten idiopathischen Lungenfibrose. Diese verläuft fortschreitend wie alle Fibrosen mit einem bindegewebigem Umbau der Lunge. Somit ist es ganz wichtig, die Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu diagnostizieren, um eine adäquate Therapie einleiten zu können.
Betrifft das nur die idiopathische Lungenfibrose?
Nein. Viele Symptome, die bei ganz unterschiedlichen Lungenerkrankungen eine Rolle spielen können, sind relativ unspezifisch. Zu den häufigsten Symptomen gehört die Belastungsluftnot, die bei Patienten mit Lungenerkrankungen aber auch beispielsweise bei Herzerkrankungen vorkommen kann. Deshalb ist es so wichtig, dass wir in der Diagnostik danach fahnden und eine entsprechende Anamnese durchführen. Dabei spielt die berufliche Exposition des Patienten eine ganz wichtige Rolle. Hat der Betroffene vielleicht Haustiere? Gibt es noch weitere Grunderkrankungen? All diese Fragen sind sehr wichtig, um nichts zu übersehen. Nach der Labordiagnostik folgt dann die bildgebende Diagnostik, wie die hochauflösende CT der Lunge und auch eine Lungenfunktionsdiagnostik und gegebenenfalls eine Bronchoskopie (Bronchien- und Lungenspiegelung) zur Gewinnung von Zellmaterial zur Untersuchung.
Welche Forschungsansätze gibt es zur Lungenfibrose?
Das derzeit favorisierte Konzept zur Entstehung der idiopathischen Lungenfibrose geht von einer Mikro-Schädigung bestimmter Zellen der Lunge aus mit daraus folgender Defektheilung und narbigem Umbau der Lunge bis zur vollständigen Zerstörung. Herkömmliche antientzündlich wirkende Medikamente haben sich hierbei bisher nicht hilfreich erwiesen. Die beiden derzeit verfügbaren Medikamente mit antifibrotischer Wirkung können allerdings nur den Lungenfunktionsverlust über die Zeit abmildern, nicht jedoch die Erkrankung stoppen. Insofern konzentrieren sich die Forschungsansätze auf Medikamente mit zielgerichteter Wirkung im Erkrankungsprozess. Ein anderer Ansatz ist die Verwendung von bestimmten körpereigenen Stammzellen der Lunge zur Geweberegeneration. Auch beim Lungenemphysem wird dieser Weg verfolgt und könnte zu einer Heilung verhelfen. Bis dahin ist es jedoch noch ein langer und schwieriger Weg.