Das deutsche Eishockey erlebt in letzter Zeit einen wahrhaftigen Aufstieg. Die Zuschauerzahlen im Stadion sowie vor dem Bildschirm steigen immer weiter an. Die steigende Aufmerksamkeit hat unterschiedliche Gründe.

Ging man die vergangenen Jahre durch deutsche Städte und befragte die Menschen, von welchem Verein sie Fan seien, so nannten sie fast immer einen Fußballverein. Der FC Bayern München, die Dortmunder Borussen oder der Hamburger Sportverein. Jeder kennt sie. In Deutschland haben Fußballvereine in der Vergangenheit nahezu eine Monopolstellung besessen. Doch zu bestimmten Ereignissen blickt ein großer Teil auch auf die anderen Sportarten. Wenn Handball-WM ist, dann schaut man für einige Wochen Handball. Natürlich aber nur, wenn das deutsche Team auch performt. Danach sinkt das Interesse eines Nicht-Handballfans in den Promillebereich. Es könnten noch etliche Sportarten, die nicht vom runden Leder handeln, genannt werden. Eine, die aktuell immer bekannter und beliebter wird, ist Eishockey.
Im Stadion oder per Stream dabei
Zu Beginn des Jahres knackte die Deutsche Eishockey Liga (DEL) einen fulminanten Rekord. In der 30. Saison von Deutschlands Eishockey-Beletage wurden nach der 42. Runde bereits mehr als zwei Millionen Fans als Besucher in den unterschiedlichen deutschen Stadien gezählt. Mit insgesamt 2.006.166 Fans stellte man bei der DEL den Rekord auf. Zusammengerechnet strömen somit pro Partie 7.015 Begeisterte in die Eishockey-Arenen des Landes. Dies sind 26 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Allerdings ist nicht nur vor Ort in den Stadien ein Zuwachs zu erkennen. Auch vor dem Bildschirm kommen immer mehr Zuschauer in den Genuss, den Eishockey-Spielern in der DEL bei ihrer Arbeit zuzusehen. Über 14,5 Millionen Zuschauer schalteten den Fernseher zum Eishockeyschauen an. Im Schnitt sind dies 50.000 Zuschauer pro Partie bei den Liveübertragungen beim Sender Magenta Sport. Wie bereits bei den Fans vor Ort verzeichnet die DEL bei den Zuschauern vor dem Endgerät einen gewaltigen Sprung von mehr als 20 Prozent. Neben den Zuschauern vor Ort und vor dem TV lohnt sich in der heutigen Zeit im Zeichen der Digitalisierung auch der Blick auf die Reichweiten im digitalen Bereich. Die Social-Media-Kanäle der unterschiedlichen Vereine sowie der Liga folgen derweil bis zu drei Millionen User. Wie soll es auch anders sein: Natürlich verzeichnet die DEL ebenfalls über diese Erreichungswege einen Anstieg. Mit 16 Millionen Interaktionen seit Juli vergangenen Jahres kristallisiert sich ein Anstieg von 17 Prozent heraus. Für Gernot Tripcke, der Geschäftsführer der DEL, ist die aktuelle Situation zufriedenstellend: „Am Anfang hatten wir Probleme, die Leute nach Corona wieder zurückzuholen. Aber das hat sich extrem verbessert.“
Nun stellt sich dennoch die Frage, warum so viele Zuschauer in Deutschland dem Eishockey-Sport zugetan sind. Die Anfänge der Euphorie liegen im Jahr 2018. Damals trat das deutsche Team um Patrick Hager und Christian Ehrhoff bei den Olympischen Spielen im südkoreanischen Pyeongchang an. Nach einem überragenden Turnier verlor es am Ende leider das Finale um die Goldmedaille. Damals zählte man in Deutschland Eishockey zu einer Randsportart. Trotzdem schaffte es das Team des Deutschen Eishockey Bundes (DEB) die Menschen zu begeistern. So waren es am besagten Finaltag nicht wenige Zuschauer, die früh morgens um 5 Uhr vor dem Fernseher saßen und die Mannschaft anfeuerten. In manchen Städten wurde gar ein Public Viewing geboten. Genauso, wie man es vom Fußball kennt, nur eben in der vermeintlichen Randsportart Eishockey. Von unzähligen Menschen wurde das DEB nach diesem großen Erfolg erwartet. „Ich bin sprachlos gerade. Ich versuche den Moment zu genießen, alles aufzusaugen. Das ist ein Moment fürs Leben“, gibt Moritz Müller, Mitglied des DEB-Teams, stolz bei der Ankunft an.

Drei Jahre später verpasste das DEB-Team bei der Weltmeisterschaft in Lettland knapp das Podium. Im Halbfinale sowie im Spiel um Platz drei musste man sich geschlagen geben. Der damalige DEB-Bundestrainer Toni Söderholm zog trotz der bitteren Niederlage ein positives Fazit in Richtung Eishockey-Deutschland: „Ich denke, wir haben ein Stück DNA für das deutsche Eishockey gefunden.“ Des Weiteren ist im Zusammenhang mit der neu entstandenen Eishockey-Euphorie die Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr zu nennen. Zwar schafften sie es nicht den ganz großen Wurf, den Weltmeistertitel, zu gewinnen. Aber es wurde zum Schluss die Silbermedaille. Wieder einmal beste Werbung für den deutschen Eishockeysport. Das bekamen auch die Spieler beim Empfang nach der WM zu spüren. Mit Sprechchören feierten die Fans ihre Helden. Neben den Erfolgen der Nationalmannschaft sind es selbstverständlich auch die deutschen Exporte in der National Hockey League (NHL). Einer der bekanntesten und besten Spieler aus Deutschland in der NHL ist Leon Draisaitl. Der Kölner ist aktuell einer der besten Spieler der Welt. Auch er sieht den Sport aktuell in einer guten Stellung: „Ich glaube, dass das deutsche Eishockey auf einem guten Weg ist. Man sieht es in der NHL, dass wir viele junge Spieler haben, die wichtige Rollen in guten Teams haben. Hoffentlich kommen mehr und mehr junge Spieler dazu.“ Der Aufforderung Draisaitls nach neuen jungen Spielern scheint Gehör gefunden zu haben. Ende vorigen Jahres veröffentlichte der DOSB ein Wachstum von starken 19 Prozent bei Neu-Mitgliedern in deutschen Eishockey-Vereinen.
19 Prozent mehr Mitglieder
Greift man den anfänglichen Vergleich zu den Fußballvereinen auf, so ist zwar zu sagen, dass Fußball immer noch die Nummer eins im deutschen Sport ist. Dennoch hat sich mit dem Eishockey eine Sportart vom Status der Randsportart weiterentwickelt. Das belegen die großen Mengen der Zuschauer vor dem Fernsehen oder vor Ort. Aber auch die jüngsten Erfolge der Nationalmannschaft und Spielern wie Draisaitl in der NHL geben dem deutschen Eishockey das Gefühl, die Eiszeit im Verhältnis mit den sportbegeisterten Zuschauern überwunden zu haben.