Vom bitteren Champions-League-Aus zeigen sich die BR Volleys gut erholt und sichern sich den nationalen Pokalsieg. Der soll Rückenwind für die Meisterschaft geben.
Spitzensport und Umweltschutz, das schließt sich meistens aus. Sportliche Großveranstaltungen sind wegen der Anreise der vielen Menschen, des Energiebedarfs für die Betreibung der Arenen und des Mülls problematisch. Doch der Sport kann nicht nur Teil des Problems sein, sondern auch Teil der Lösung – das wollen die BR Volleys beweisen. Gemeinsam mit Titelsponsor Berlin Recycling machte der Volleyballclub das Heimspiel gegen die SVG Lüneburg Ende Februar zum „Zero Waste Spieltag“. Bei dem Projekt, für das die Berliner Senatorin Manja Schreiner die Schirmherrschaft übernahm, lag die Vermeidung von Abfällen und ein effizienterer Umgang mit wiederverwertbaren Stoffen im Vordergrund. Die 5.158 Fans in der Max-Schmeling-Halle nutzten dafür im Zuschauerbereich aufgebaute Wertstoffinseln und ließen sich von Berlin-Recycling-Mitarbeitern, die als sogenannte „Trenn-Scouts“ bereitstanden, über die korrekte Abfalltrennung beraten. Mit dem Ergebnis: Auf 31 Prozent konnte der Anteil des Restmülls gedrückt werden. Bei solchen Veranstaltungen gehen sonst oft 100 Prozent des Abfalls aus dem Zuschauerbereich als gemischte Gewerbeabfälle in die thermische Verwertung. Und mehr noch: Mit der Aktion „Euer Pfandbecher kann was!“ konnten insgesamt 2.000 Euro gesammelt werden, die in das traditionelle BR Volleys Talente-Camp fließen.
Ungefährdeter 3:0-Sieg für die Berliner
Mit solchen Aktionen allein ist Berlin Recycling, der Hauptsponsor und Namensgeber des deutschen Volleyball-Vorzeigeclubs, natürlich nicht zufriedenzustellen. Für sein großes finanzielles Engagement will das Unternehmen auch Trophäen sammeln. Und in dieser Hinsicht hat der Club am vergangenen Wochenende abgeliefert. Im Finale am Sonntag in Mannheim vor 10.887 Zuschauern gegen WWK Volleys Herrsching krönten sich die Berliner mit einem ungefährdeten 3:0-Sieg zum Pokalsieger. Es war das erste Mal, dass der Hauptstadtclub seinen Titel in diesem Wettbewerb erfolgreich verteidigen konnte. Insgesamt war es der siebte Titelgewinn im Pokal – und ein Statement an die nationale Konkurrenz. „Wir haben hier noch einmal gezeigt, dass wir die Mannschaft sind, die es zu schlagen gilt“, sagte Mittelblocker Tobias Krick: „Dieser Erfolg gibt uns jetzt hoffentlich auch noch mal einen Schub für den Saisonendspurt und die Play-offs.“
Die Mannschaft um Kapitän Ruben Schott zeigte von Beginn an, dass sie eine sensationelle Niederlage gegen den Final-Debütanten mit aller Macht verhindern wollten. Zuspieler Johannes Tille führte hervorragend Regie, er wurde hinterher zum MVP der Partie gekürt. Er lief einst selbst drei Jahre in Herrsching auf, sein Bruder Ferdinand beendete dort im vergangenen Sommer seine Karriere im Alter von 34 Jahren. „Er war auch mein Vorbild, als ich noch ein junger Bub war“, sagte Tille: „Deswegen war es für mich schon ein trauriger Moment zu wissen, dass er jetzt nicht mehr spielt.“ Entsprechend engagiert ging der Nationalspieler an alter Wirkungsstätte zu Werke – aber nicht nur er. Diagionalangreifer Marek Sotola glänzte mit 17 Punkten, und auch Rückkehrer Timothée Carle, der zuvor in der Champions League gegen Trentino angeschlagen nicht zum Einsatz gekommen war, meldete sich mit zwölf Punkten stark zurück.
Nationalspieler Krick, der im vergangenen Sommer nach Berlin gewechselt ist, meinte: „Dieser Titel bedeutet mir sehr viel. Ich spiele mein sechstes Jahr in der Bundesliga und habe nun endlich meine erste wichtige Trophäe hier in Deutschland gewonnen.“ Für Herrsching war schon der Finaleinzug ein „Riesenerfolg“, wie Trainer Thomas Ranner hervorhob: „Es ist das größte Volleyball-Event in Deutschland, das bekommt man nicht geschenkt.“ Den Titel aber erst recht nicht – auch, weil die Berliner mit Wut im Bauch aufgelaufen waren.
Das ernüchternde und schmerzvolle Aus im Champions-League-Viertelfinale gegen Trentino Volley hat das Team nicht gebrochen, sondern ganz offensichtlich zusätzlich motiviert. Dass der italienische Topclub am Ende ins Halbfinale einzog, war keine Überraschung und hätte die Berliner alleine nicht wirklich geknickt. Doch die Art und Weise, wie Trentino den deutschen Vorzeigeclub phasenweise vorgeführt hat, sorgte für große Enttäuschung. Als „mindestens zwei Nummern zu groß“ bewertete Volleys-Geschäftsführer Kaweh Niroomand den Gegner – und übertrieb damit nicht. Schon nach dem 0:3 im Hinspiel hätte Berlin ein kleines Wunder in Italien benötigt, doch das blieb aus. Auch das Rückspiel dominierte der Favorit und schickte das deutsche Team erneut mit einem 0:3 nach Hause. Es war insgesamt eine Lehrstunde. Das Tempo, das die Italiener in beiden Duellen angeschlagen haben, war für die Berliner deutlich zu hoch. Sie reagierten nur – und das meist zu spät. „Der Kontrast zur Bundesliga war vor allem im Block zu sehen“, sagte Kapitän Ruben Schott. Man könnte auch sagen: Die Berliner fühlten sich so wie die meisten Gegner sich in Deutschland fühlen.
„Durch die schwere Gruppe gekämpft“
Zu gut für die Bundesliga, zu schlecht für die Champions League? Dieses Urteil ist mit Sicherheit zu hart. Zum einen haben die Berliner vor dem letzten Hauptrundenspiel am Samstag (9. März) bei SWD Powervolleys Düren ihren ersten Tabellenplatz noch nicht ganz sicher. Verfolger Helios Grizzlys Giesen liegt nur zwei Punkte zurück, auch Erzrivale VfB Friedrichshafen und die SVG Lüneburg waren nicht allzu weit weg. Womöglich wird der Titelkampf in diesem Jahr etwas spannender, auch wenn die BR Volleys – seit Jahren unangefochten die Nummer eins – weiterhin klar favorisiert sind. Zum anderen passt das oben in den Raum gestellte Urteil auch nicht, weil die Saison in der Königsklasse an sich keine Enttäuschung war. In der Vorrunde setzte sich das Team gegen namhafte Clubs durch, das 3:0 gegen den türkischen Vertreter Halkbank Ankara gehört schon jetzt zu den Saison-Highlights. Wenn sich der große Frust vom Viertelfinal-K.o. gelegt habe, meinte Trainer Banks, könne man auch wieder mit Stolz auf die „erfolgreiche Champions-League-Saison“ blicken.
„Wir haben uns erfolgreich durch eine schwere Gruppe gekämpft und dann gegen Tours VB in den Play-offs zwei sehr solide Siege eingefahren“, sagte Banks: „Wir dürfen den Kopf oben behalten, auch wenn wir gegen Trentino an unsere Grenzen gestoßen sind.“ Auch Geschäftsführer Niroomand hob die „individuelle Klasse der Italiener“ hervor, zudem sei das Team „dazu unglaublich gut aufeinander abgestimmt“. Sie würden einen „sehr technischen und elastischen Volleyball, der wunderbar anzusehen ist“ spielen, geriet der Deutsch-Iraner förmlich ins Schwärmen. Sein gnadenlos ehrliches Fazit über das eigene Team lautete: „Es fehlte uns an Flughöhe.“ Um eine Mannschaft dieser Kragenweite zu besiegen, braucht es fast schon ein kleines Wunder. „Wir müssen einen sehr guten Tag erwischen und Trentino einen sehr schlechten“, sagte Niroomand. Und das hätte wohl auch auf die anderen drei Halbfinalisten der Champions League zugetroffen. Die BR Volleys sind zwar etwas näher herangerückt an die internationalen Topclubs aus Italien, Polen und der Türkei – doch ein Kandidat für den Gesamtsieg sind sie deswegen noch lange nicht. So sieht die Realität aus.