Es ist eigentlich ein ungleiches Bündnis, Fridays for Future und die Gewerkschaft Verdi. Aber wenn sich die Interessen überschneiden, demonstrieren sie auch zusammen. Andere Klima-Aktivisten suchen noch Anschluss.
Mit schnellen Schritten eilt Felicitas Heinisch die acht Stufen zur Hauptbühne hoch, bleibt dann plötzlich stehen und schaut ungläubig über tausende von Menschen. Die Demonstration im Invalidenpark, genau zwischen Bundeswirtschafts- und Verkehrsministerium, ist mehr als gut besucht. Die Aktivistin von Fridays for Future ist diesbezüglich aus den letzten Monaten nicht gerade verwöhnt, was vielleicht auch an dem völlig verregneten Berliner Winter gelegen haben mag. Fridays for Future ist erkennbar älter geworden. In den letzten sechs Jahren seit Bestehen der Kampagne in Deutschland sind viele der Demo-Teilnehmer dem Schulalter entwachsen. Was allerdings nur eine Erklärung ist. Die andere ist, dass Fridays for Future (FFF) zunehmend gruppenübergreifend agiert. Die Aktion an diesem Freitagvormittag ist ein weiteres großes Signal. Im Park direkt neben dem Berliner Hauptbahnhof flattern auch viele Verdi-Fahnen. FFF und die Dienstleistungsgewerkschaft demonstrieren zusammen für Klima, Verkehrswende und für vernünftige Bezahlung im öffentlichen Dienst.
Vereint für Verkehrswende
Für Verdi geht es um die aktuelle Tarifrunde im Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV). Auch die hauptamtlichen Verdi-Vertreter freuen sich über den riesigen Auflauf. Wobei nicht auszumachen ist, ob mehr Klima- oder Gewerkschaftsleute den Platz säumen. Doch gerechte Bezahlung im Nahverkehr ist auch Klimakampf, so die 26-jährige Aktivistin Heinisch, die eigentlich Politik studiert. „Das Besondere an dem Bündnis ist vor allem, dass wir zeigen, dass Klimakampf und soziale Gerechtigkeit zusammengehen. Wir sehen doch weiterhin, dass gerade im Verkehrssektor die Emissionen immer weiter hoch gehen, und darum brauchen wir dringend zum Beispiel vernünftig bezahlte Busfahrerinnen. Wir als Klimabewegung sind damit in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“
„FFF in der Mitte angekommen“
Fridays-Aktivistin Felicitas Heinisch ist vor allem diese Bündnisfähigkeit wichtig. Gerade Klimaschutz und die dazu notwendigen Maßnahmen sind nur miteinander möglich. Die Akzeptanz in einem breiten gesellschaftlichen Rahmen ist nicht nur für Heinisch unabdingbar. Das unterscheidet die Entwicklung von FFF auch deutlich von den Klima-Aktivisten der Letzten Generation, die vor allem durch ihre „Klebeaktionen“ auf sich aufmerksam gemacht haben. Die Letzte Generation schlägt sich im Moment eher mit juristischen Fragen und Prozessen herum, als neue Aktivitäten zu planen. Dass sie gesellschaftspolitisch nicht anschlussfähig sind mit Klebe- und Sprühaktionen, haben die Letzte-Generation-Aktivisten inzwischen auch registriert. Im vergangenen November verkündeten sie einen Strategiewechsel, Kleben ist out, dafür sollen andere Protestformen Aufmerksamkeit bringen. Und sie haben bei der Europawahl Brüssel als Ziel ins Auge gefasst.
Felicitas Heinisch von Fridays for Future will diese ganze Entwicklung nicht kommentieren, aber sieht sich im FORUM-Gespräch merklich durch den Niedergang ihrer Aktivisten-Konkurrenz bestätigt: Klimaschutz gehe nur miteinander und nicht frontal gegeneinander.