Spaniens Strände erfreuen sich seit Jahrzehnten allergrößter Beliebtheit. Doch in der Hochsaison kann es eng werden. Aber es gibt vor allem in der Vor- und Nachsaison Alternativen. Eine davon ist die Costa del Azahar, nördlich von Valencia.
Die Region Castello hat 120 Kilometer Küste und bietet auch im Inland eine große Vielfalt an sportlicher Freizeitgestaltung wie Kanufahren, Wandern oder Radtouren. Es warten acht Naturparks und 21 Naturreservate darauf, entdeckt zu werden. Das Badevergnügen ist an 80 Stränden möglich. Diese sind sehr unterschiedlich. Mal mit langen Sandstränden wie in Benicarlo und Peniscola. Mal mit unberührten Buchten wie in Vinaros und Oropesa del Mar. Oder in exklusiver Lage mit gepflegten Villen und einer Flanierpromenade wie in Benicassim. Die Strände gehören zu den umweltfreundlichsten in Europa. 31-mal weht die „Blaue Flagge“, die für beste Wasserqualität und Sicherheit steht. Der an einem sechs Kilometer langen Strand gelegene Ort Benicassim hat 20.000 Einwohner. Die Zahl verdoppelt sich in der Hochsaison, wenn die spanischen Gäste aus den Großstädten anreisen. Der Ort hat Charme. Gepflegte Gartenanlagen mit restaurierten Villen aus der Zeit der Belle Époque lassen den Besucher erstaunen. Man nennt Benicassim auch das „Biarritz der Levante“.
Reich an Kultur und Geschichte
Die kleine, überschaubare Altstadt lädt zum Bummeln ein. Zahlreiche Märkte erhöhen die Attraktivität. Das Restaurantangebot ist vielfältig. Interessanterweise findet man an der Uferpromenade wenig Einkehrmöglichkeiten. Der Wanderweg „Via Verde del Mar“ ist einmalig an der gesamten Küste. Man geht auf der alten Bahntrasse Valencia-Barcelona, das Wasser immer im Blick. Der Naturpark „Desert de les Palmes“ ist ein weiteres Ausflugsziel, auch mit dem Rad zu erreichen. Die Gemeinde hat sich im Laufe der Jahre einen Namen mit Konzerten und Musikfestivals gemacht. Sehr innovativ war man auch bei den speziellen Angeboten für Familien. Für die „Kleinen“ gibt es eigene Unterhaltungsaktivitäten – ob im Ort oder am Strand.
Peniscola, so versprach es die Werbeaussage, hat eine reiche historische und kulturelle Vergangenheit. Als wir am Ortseingangsschild vorbei in Richtung Zentrum fahren, kommen Zweifel auf. Die Einfahrt ist nicht besonders attraktiv. Einige Hundert Meter weiter, beim Blick auf die über dem Ort thronende Burg, kommt dann doch Entdeckerfreude auf. Wir erfahren, dass Iberer, Phönizier, Griechen, Karthager, Byzantiner und Araber die strategische Lage auf dem Felsplateau früh erkannt und genutzt haben. Die Landzunge zum Festland war ein idealer Handelsplatz. Das Bauwerk ist solide und schlicht. Papst Luna ließ die Burg im Jahr 1411 zu einem päpstlichen Palast mit Bibliothek ausbauen. Eine prächtige Kulisse, ob von der Land- oder Seeseite. In der Renaissance wurden die Mauern noch einmal verstärkt. Das führte zu dem heutigen Aussehen.
Ein Spaziergang zur Burg ist eine Selbstverständlichkeit. Der Fußweg führt an zahlreichen Anglern vorbei, vom Placa de Bous durch das Portal de Santa Maria direkt in das malerische Gewirr von engen, steilen Gassen und kleinen Plätzen. Weiße Häuser mit blumengeschmückten Balkonen bewahren das geschichtsträchtige Erbe der Stadt. Boutique-Hotels mit Charme laden zum Übernachten ein. Restaurants bieten im Schatten der alten Stadtmauer kulinarische Urlaubserlebnisse. Man fühlt sich um Jahrhunderte zurückversetzt. Die Altstadt ist ein Ort zum Genießen und Träumen, und vom Artilleriepark hat der Besucher den schönsten Blick auf die beruhigenden Wellen des Mittelmeers. Kein Wunder, dass Peniscola als perfekte Kulisse für Film- und Fernsehaufnahmen genutzt wurde. Der Monumentalspielfilm „El Cid“ wurde bereits 1961 mit Charlton Heston und Sophia Loren gedreht. Die Serie „Game of Thrones“ in der Neuzeit.
Wer zufällig im September die Stadt besucht, kann das Patronatsfest zu Ehren der „Virgen de la Ermitana“ erleben. Im Mittelpunkt stehen Tänze, deren Ursprung in der Vergangenheit liegen. Sie spiegeln die kriegerischen und ländlichen Traditionen wider. Alle Bewohner nehmen an den farbenfrohen Umzügen der Mauren und Christen teil.
Der Strand ist in jeder Beziehung optimal und von vielen Hotels nur durch eine Straße getrennt. Man kann praktisch bis zum etwa sechs Kilometer entfernten Nachbarort Benicarlo laufen und bei Bedarf den Linienbus zurücknehmen. Sanfte Wellen und ein leicht abfallender Strand ist für Familien mit Kindern prädestiniert. Die parallel verlaufende Uferpromenade lädt zu einem Bummel ein, auch nach Beginn der Dunkelheit. Die Einheimischen und die Gäste nutzen dieses kostenlose Vergnügen – sehen und gesehen werden ist die Devise. Und die erleuchtete Burg ist der Wegweiser.
Peniscola ist, was seine Gäste betrifft, international. Touristen aus vielen Ländern Europas haben den einzigartigen Ort kennen und lieben gelernt. Es geht leger zu. Ein paar Worte auf Spanisch, etwas Englisch und gelegentlich auch Deutsch – die freundlichen „Gastgeber“ gehen auf die Wünsche der Reisenden gern ein. Das Übernachtungsangebot ist äußerst vielfältig. Zahlreiche Hotels, Apartments und Campingplätze stehen zur Verfügung. Die Hotels bieten Halbpension für einen minimalen Aufpreis an.
Onda hat die Burg der 300 Türme
Die Region Castello bietet neben den Stränden auch im Hinterland sehenswerte Orte und eine überraschende Vielfalt. Das Land war einst unter maurischer Herrschaft, und wurde 1233 von König Jakob I. dem Eroberer zurückerobert. Unseren ersten Halt machen wir in Segorbe. Wir entscheiden uns gegen die schnellere Autobahn und fahren auf reizvollen Landstraßen. Segorbes mittelalterlicher Stadtkern, die Kathedrale und die alte Stadtmauer zeugen von einer glanzvollen Vergangenheit. Der nächste Ort, den wir auf einer kurvenreichen Nebenstrecke ansteuern, ist Onda. Die Burg, als Kastell der 300 Türme bekannt, wurde von den Mauren im 10. Jahrhundert erbaut. Die strategische Lage, fast 300 Meter hoch gelegen, ermöglicht es den heutigen Besuchern, bis zum Mittelmeer zu schauen. Im Ort sind der Almudin-Platz, die Kirche de Santa Margarita sowie die alten maurischen und jüdischen Viertel sehenswert.
Nachdem wir Onda verlassen haben, fallen uns die zahlreichen Keramikbetriebe auf. Die Industrie hat hier eine große Vergangenheit, weil muslimische Werkstätten die Produktion forciert hatten. Die spätere christliche Keramik aus dem 13. und 14. Jahrhundert war das Erbe der islamischen Welt.
Der Höhepunkt des Ausflugsprogramms ist der Besuch in Morella. Der Blick auf diese Kleinstadt, von Osten kommend auf der N232, ist atemberaubend. Die Burg liegt auf einer Felsspitze, darunter liegt der Ort auf 1.000 Meter Höhe. Im Winter kann es hier bitterkalt werden. Im 14. Jahrhundert wurde mit dem Ausbau zu einer befestigten Grenzstadt begonnen. Für den heutigen Besucher ein Ort mit zahlreichen klerikalen, aber auch weltlichen Sehenswürdigkeiten. Der Autoverkehr bleibt außerhalb der Stadtmauer, die 2,5 Kilometer lang ist. Nur für Einheimische mit Sondergenehmigung ist die Zufahrt zu den Häusern gestattet. Ein unbeschwerter Bummel durch die Gassen bringt auch hier das Mittelalter zurück. Es wäre schön, wenn die Steine sprechen könnten.
Außerhalb des Ortskerns, aber in Laufdistanz, liegt das Aquädukt, das im 14. Jahrhundert gebaut wurde und die Bewohner mit Wasser versorgte. Das damalige Wissen über die hydraulischen technischen Möglichkeiten setzt die Besucher in Erstaunen. Wer am 18. und 19. August 2024 Morella besucht, erlebt das Sexenio Fest. Das findet alle sechs Jahre zu Ehren der Jungfrau Vallivana statt. Die Tradition geht auf das Jahr 1678 zurück. Der Höhepunkt ist das Heruntertragen der Jungfrau von der Wallfahrtskirche in den Ort. Jeden Tag defiliert eine andere Gruppe, entsprechend den mittelalterlichen Zünften, mit eigener Tanztradition.
Morella ist mehr als nur ein Zwischenstopp für ein paar Stunden. Wenn die Tagesausflügler den Ort verlassen haben, kehrt in der Vor- und der Nachsaison wieder Ruhe ein. Dann kann der Gast mit Muße, inmitten der Bürger Morellas, die spanische Gastfreundschaft genießen. Übernachten in den alten, ehrwürdigen Mauern ist machbar. Es gibt Hotelangebote im Zwei- bis Vier-Sterne-Bereich. Die Restaurantszene reicht von einfacher bis zu gehobener Qualität. Im Restaurant „Meson del Pastor“ wird ein Drei-Gang-Menü inklusive einem Viertel Wein und Wasser für 21 Euro angeboten.
Überwältigt von den handwerklichen und bautechnischen Fähigkeiten der Menschen vor mehr als 600 Jahren machen wir uns auf den Heimweg. Die Rückfahrt über Ares del Maestrat und Albocasser beschert uns den höchsten Pass der Region, den wir auf 1.137 Meter Höhenlage passieren.
Wir sehen Schäfer mit ihren Herden, endlose Olivenhaine, Obstplantagen und wenige Farmen. Die Landschaft ist von herber Schönheit, felsig, aber sehr grün. Vor allem aber ist sie von einer Ruhe, die inspirierend wirkt.