Klein, aber durchaus gefährlich kann die Asiatische Tigermücke sein. Die invasive Art breitet sich zunehmend aus. Ein wissenschaftliches Projekt des Uniklinikums Homburg will nun gefundene Stechmücken sammeln und für bessere Prävention sorgen.

Sie ist so klein wie eine Ein-Cent-Münze. Doch ein Stich der tagaktiven, besonders aggressiven Asiatischen Tigermücke kann Viren wie Dengue-, Chikungunya- und Zika-Virus und parasitäre Erreger wie Dirofilaria spp. auf den Menschen übertragen. Ursprünglich kommt die Stechmückenart in Europa nicht vor, doch in unseren Breitengraden ist sie auf dem Vormarsch. Heißt: Die Asiatische Tigermücke ist eine invasive Art. Auf der Webseite des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten, kurz ECDC, zeigt eine Karte, wie weit sie sich nach Norden ausgebreitet hat: Die rot eingefärbten Länder sind die, in denen sich die Stechmücke bereits eingerichtet hat. Nahezu im gesamten südlichen Mittelmeerraum, angefangen vom Süden Portugals über Spanien, Frankreich, Italien, Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Griechenland und in der Türkei hat sie sich an das Klima angepasst. Auch in Teilen Süd- und Mitteldeutschlands hat sie sich schon angesiedelt.
Weltweite Ausbreitung
Ursprünglich hat die Asiatische Tigermücke ihre Heimat im asiatisch-pazifischem Raum. Im Zuge der Globalisierung gelang es ihr jedoch, sich massiv auszubreiten. Aedes albopictus, so der wissenschaftliche Name, zeichnet sich laut Umweltbundesamt vor allem durch eine starke Anpassungsfähigkeit aus. Eben weil sie sich so gut anpassen kann, konnte sich die Stechmückenart weltweit so erfolgreich ausbreiten, heißt es auf der Webseite der Behörde.
Durch die globale Erderwärmung und zunehmend mildere Winter schaffte sie es, in Mittel- und Südeuropa zu überleben. „Die Asiatische Stechmücke beginnt sich an die klimatischen Bedingungen in Mitteleuropa anzupassen“, sagt Dr. Sophie Schneitler, Oberärztin am Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene des Uniklinikums des Saarlandes. Der Stechmücke gelinge es zum Beispiel problemlos, bei Minustemperaturen zu überwintern. Eingeschleppt wurde die Asiatische Tigermücke im Wesentlichen über den Handel mit Altreifen und Glücksbambus, einer kleinen Bambuspflanze. „Die Eier der Asiatischen Tigermücke brauchen lediglich geringe Mengen Wasser, um sich weiterentwickeln zu können“, sagt die Fachärztin. Insofern sei die Spezies der Asiatischen Tigermücke, die wir mittlerweile in vielen Ländern Europas vorfinden, nicht identisch mit der im südostasiatischen Raum lebenden Art.
Spätestens seit dem eingeschleppten Fall von Dengue-Fieber in Straßburg und den drei gefundenen Tigermücken-Exemplaren im vergangenen August in Saarbrücken, ist das kleinste Flächenland Deutschlands diesbezüglich gewarnt. Allerdings muss man wissen, dass zumindest im Saarland alle bisherigen Chikungunya-, Zikavirus- und Dengue-Erkrankungsfälle nur bei Reiserückkehrern festgestellt wurden, nicht jedoch vor Ort durch Stechmücken übertragen wurden. Trotzdem versucht man, sich besser gegen einen möglichen Vormarsch der Stechmückenart zu wappnen, indem das Vorkommen erfasst, die Bevölkerung informiert und zukünftig entsprechende Vorsorge getroffen werden kann. Daher hat das Universitätsklinikum des Saarlandes das Projekt „Moskito“ gestartet, um zu beantworten, wie verbreitet die Asiatische Tigermücke hierzulande tatsächlich ist und wie man sich am besten gegen Infektionen schützen kann.
Mitarbeit der Saarländer
Saarländerinnen und Saarländer sind aufgerufen unter https://forms.office.com/e/EbKKZnXZ4E an einer kurzen, anonymisierten Befragung teilzunehmen. Das Ziel dabei sei, „Strategien für einen guten Stechmückenschutz in der saarländischen Bevölkerung“ zu erarbeiten, heißt es. Nachdem man den Online-Fragebogen ausgefüllt hat, kann jeder optimalerweise bei Verdacht auf das Auffinden von asiatischen Tigermücken diese unbeschädigt einfangen und zusenden. „Am besten sollte die Stechmücke in einer kleinen Box gefangen und im Tiefkühler gelagert werden. Dann geht von der Mücke keine Gefahr mehr aus“, sagt Projektleiterin Sophie Schneitler. Danach kann die in der Box gesicherte Stechmücke an das mit der Projektleitung betraute Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene in Homburg (siehe vollständige Adresse im Infotext) geschickt oder dort vorbeigebracht werden. Auf dem verschließbaren Gefäß sollten unbedingt Fundort, Datum des Fundes und gegebenenfalls der Name der Person vermerkt werden. „Gern geben wir Rückmeldung, wenn Personaldaten angegeben werden“, so Sophie Schneitler.
Nur wie genau kann man die Asiatische Tigermücke erkennen? Das Kopfschild der Stechmücke ist nach unten abgeneigt, das heißt die Kopfhaltung ist hakenförmig. Wenn die hierzulande bekannte gemeine Stechmücke zusticht, ragt ihr Hinterteil nach oben – anders ist das bei der Tigermücke. „Sieht man von ihrem aggressiven Stechverhalten und ihrer potenziellen Übertragbarkeit von Viren ab, ist sie eine ganz hübsche Mücke“, sagt Dr. Sophie Schneitler. Auf der Webseite https://tiger-platform.eu/ der Tri-national Initiative Group of Entomology in Upper Rhine valley, kurz TIGER, ist nachzulesen, dass drei Merkmale dafür herangezogen werden können:
Das dritte Beinpaar ist bei der Asiatischen Tigermücke schwarz oder silber-weiß gefärbt. Das letzte Glied des hintersten Beinpaares ist dagegen silber-weiß.
Das Halsschild (Scutum) hat eine schwarze Färbung. In seiner Mitte verläuft eine gerade Linie aus silberweißen Schuppen.
Die Mundwerkzeuge der Stechmücke bestehen aus Stechrüssel und Tastern, auch Palpen genannt. Während die Palpen an der Basis schwarz sind, weisen hingegen die Spitzen der Taster eine silberweiße Färbung auf.
Übrigens wird die Asiatische Tigermücke oft mit der Japanischen Buschmücke (Aedes japonicus) und der einheimischen Ringelmücke (Culiseta annulata) verwechselt. „Vor allem an der Färbung der Mücke im Gesamten kann ich unterscheiden, ob sie heimisch oder nicht heimisch ist“, erklärt die Tropenmedizinerin. Während unsere heimischen Stechmücken eher eine bräunliche Farbe haben, sind die Weibchen der Aedes-Mücken nach dem Blutsaugen rötlich gefärbt.

Ein interessanter Fakt ist, dass sich die Asiatische Tigermücke durch ein recht bewegungsarmes Verhalten auszeichnet. „Das Populationsverhalten ist so, dass sich die Stechmücke in einem Radius von 100 bis 200 Metern um ihren Brutplatz bewegen“, sagt Sophie Schneitler. Das heißt, wenn man sie an einem bestimmten Ort findet, muss sich in der Nähe die Brutstätte befinden. Dr. Sophie Schneitler warnt allerdings davor, dass die aggressive Stechmückenart weiter in Europa Einzug halten wird, wenn nicht Überwachung und Präventionsmaßnahmen verbessert werden. „Es wird schwierig sein, das zu verhindern, wenn es nicht eine gemeinsame Anstrengung aller gibt“, sagt die Projektkoordinatorin. Das bedeute jedoch nicht allein politische Anti-Stechmücken-Maßnahmen umzusetzen, sondern dass jeder Einzelne einen Beitrag leistet.
Konkret heißt das: Wer einen Balkon oder Garten hat, sollte darauf achten, dass jedwede Gefäße, wie etwa Regentonnen verschlossen sind, sodass keine Stechmücken darin brüten und Eier ablegen können. Außerdem sollte vor allem abgestandenes Wasser etwa in ungenutzten Blumentopfuntersetzern entfernt werden, da sie sich zum Brüten eignen. Gartenteiche helfen hingegen, die Tigermücke einzudämmen, denn die darin lebenden Amphibien und Insekten fressen Mücken und deren Larven. „Selbst eine kleine Wasserpfütze, die sich im Deckel einer Flasche bilden kann, reicht zum Brüten aus“, erklärt Sophie Schneitler. Überprüfen sollten Eigenheimbesitzer auch, ob sich in Regenrinnen kleinere Pfützen gebildet haben, denn sie seien ebenfalls potenzielle Brutstätten. Überdies kann man sich vor Stechmücken schützen, indem man Repellentien anwendet. Das sind vektorabwehrende Mittel, die unterschiedlich gut gegen Mücken, Zecken und Co. wirken. Zum Beispiel wirkt das Repellent Diethyltoluamid (DEET) gegen Malariamücken (Anopheles) nur dann, wenn es einen Mindestanteil von 20 Prozent, aufweist. „Wichtig ist dabei, dass es alle vier bis sechs Stunden auf textilfreie Hautpartien aufgetragen wird, denn es verfliegt schnell und kann durch Schweiß verdünnt werden “, erklärt die Medizinerin. Da Stechmücken durch Kleidung durchstechen können, kann man durch vorherige Imprägnierung das Risiko gestochen zu werden um 40 Prozent verringern. Je nach Vektorart kann die Imprägnierung bis zu vier Wochen vorhalten. Normalerweise nehme man dafür kein Repellent, das man sich auf die Haut sprüht, sondern etwa das Insektizid Permethrin.
Überwachung in Städten

Was ist der wissenschaftliche Ansatz des Projekts „Moskito“? Auf wissenschaftlicher Ebene soll eine Erhebung in 16 Städten und Gemeinden im Saarland erfolgen, wie verbreitet die Asiatische Tigermücke bisher ist. „Die Asiatische Tigermücke mag Menschen, das heißt sie kommt eher im periurbanen und urbanen Setting vor, also in der Umgebung von Städten und in den Städten selbst“, sagt Sophie Schneitler. Davon zu unterscheiden sind einzelne Mückenspezies in ländlichen Regionen, denn sie bevorzugen ein anderes Habitat und zeichnen sich durch ein anderes Stechverhalten aus. „Wir überwachen eine ganze Saison die Gebiete, in denen wir die Mücken erwarten“, sagt Sophie Schneitler.
Darüber hinaus werden im Deutsch-Französischen Garten in Saarbrücken, im Garten der Sinne in Merzig und in den Zoologischen Gärten in der saarländischen Landeshauptstadt und Neunkirchen sogenannte Malaisefallen, spezielle Zeltfallen zum Fangen von Insekten, aufgestellt und über mehrere Saisons Daten zur Stechmückenbesiedlung erhoben. Als Nächstes wird untersucht, welcher Subspezies die Stechmücke angehört und ob sie Viren wie Dengue und Zika in sich trägt. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auch auf einem möglichen Befall mit Plasmodien, die etwa durch den Stich einer blutsaugenden weiblichen Anopheles-Mücke übertragen werden können.
Parallel zum „Moskito“-Projekt soll in nächster Zeit im Saarland und im westafrikanischen Guinea-Bissau eine Befragung in der Bevölkerung gestartet werden. „Das Saarland und Guinea-Bissau sind, was die Überwachungsmaßnahmen von Mücken, Fläche und Bevölkerung betrifft, relativ ähnlich“, erläutert Sophie Schneitler. In Guinea-Bissau, das zu den ärmsten Ländern der Welt zählt, werden durch Mücken schwere Erkrankungen wie Gelbfieber und Malaria übertragen. „Wir haben angefangen, mit der Universitätsmedizin in der Hauptstadt Bissau ein basis-mikrobiologisches Labor aufzubauen“, erzählt Sophie Schneitler. Lange Zeit existierte in Guinea-Bissau keine Labordiagnostik, um Krankheitserreger festzustellen. Das soll sich nun ändern. So sollen letztlich die Einwohner des kleinen Staates an der Westküste Afrikas besser vor Infektionen durch Stechmücken geschützt werden.