Lange Zeit war das „Mille Aromi“ beliebte Anlaufstelle der Feinschmecker-Gemeinde. Jetzt startet Familie Chiera mit der „Bar Centrale di Aromi“ ein neues Kapitel mit einem ganz besonderen Konzept.
In der „Winefactory“ kann man sich hervorragend mit Wein, Spirituosen und Feinkost eindecken. Entsprechend kennen viele Genussmenschen diese Adresse sehr gut. Seit dem 1. Februar kommt nun ein weiterer Grund hinzu, die Location zu besuchen: die „Bar Centrale di Aromi“. Vom Eingang aus links geht es zur „Winefactory“, rechts in die Bar der Familie Chiera.
Die Zeiten von „Mille Aromi“ am Spicherer Berg sind Geschichte. Über ein Jahrzehnt pilgerte dort die Feinschmecker-Gemeinde hin, um die große Küche von Franco zu goutieren. Alles hat seine Zeit und mit der „Bar Centrale di Aromi“ ist nun eine neue Ära angebrochen. Der Grund: Familie Chiera hat sich ein Konzept für die Zukunft überlegt! Franco Chiera fasst es so zusammen: „Meine Zeit in der gehobenen italienischen Küche, wie sie bisher war, habe ich beendet. Wir machen hier eine Tagesbar.“ Das sei die Idee seiner Töchter gewesen, fügt er hinzu. „Die beiden haben jetzt alles in der Hand und ich werde sie gemeinsam mit meiner Frau Daniela unterstützen. Und mit meinem Team, etwa Angela und Johannes, meiner rechte Hand.“
Mehr Zeit fürs Familienleben
Dennis Reinhard von der „Winefactory“ habe ihnen diese Bühne gegeben und sie seien dankbar dafür, betont Chiera. Weine und Spirituosen beziehen sie entsprechend in der „Winefactory.“ Ein weiteres Argument für das neue Projekt sei die langfristige Planung der Familie gewesen, erklärt er: „Wir wollen das Familienleben aufrechterhalten. Meine Töchter wollen heiraten, wollen Kinder. Und die Männer warten zu Hause. Deshalb haben wir die Küche nur bis 17.30 Uhr geöffnet – und jeder kann leben. Aber tagsüber machen wir das Beste, was machbar ist.“ Daniela und Franco Chiera bauen also etwas für ihre Kinder Francesca und Giuliana auf. Sie stehen im Zentrum aller Überlegungen.
Es gibt aber eine Möglichkeit, die Zeit des „Mille Aromi“ auch künftig weiterleben zu lassen: den Ruinart-Chef-Table. Unter der Flagge des weltberühmten Champagnerhauses steht ein großer Tisch, und Franco kocht dabei für Gäste ab acht Personen. Dort gibt es dann ein Menü im höheren Preissegment.
Ansonsten ist die „Bar Centrale di Aromi“ eine Weinbar mit tollem Essen. Es gibt unterschiedliche Vorspeisen, Pastagerichte, Fisch, Fleisch, Tagesangebote – es fehlt nichts, um die Feinschmeckergemeinde glücklich zu machen. Das Wunderbare an diesem Konzept: Stellen Sie sich vor, sie sind mit ein paar Freunden unterwegs, es ist 15 Uhr und Sie wollen etwas essen und trinken. Frisch gekocht, nicht aufgewärmt. Genau das geht hier! Man kann aber auch nur einen Wein trinken und sein Essen mit nach Hause nehmen.
Es ist eine wunderschöne Bar geworden. Weitläufig, mit viel Platz. Und es gibt drei Möglichkeiten, diese zu nutzen. Vor der Theke linker Hand ist der Bereich für diejenigen, die einfach nur ein Glas Wein trinken möchten. An den Tischen kann man – nach vorheriger Reservierung – essen. An der längsten Theke von Saarbrücken kann man aber auch essen, ohne reservieren zu müssen. Bei unserem Besuch vor Ort war die Bar um 11.49 Uhr schon zur Hälfte belegt. Der Laden ist seit dem Eröffnungstag grundsätzlich immer voll. Ich bekam mit, wie zwei Männer keinen Platz an der Theke fanden. Also gingen sie und kamen nach einer Stunde wieder – und fanden dann zwei Plätze. Famile Chiera nennt es Bar und nicht Ristorante, weil das Leben hier pulsiert. Es ist ein kultivierter Ort der Geselligkeit. Hier wird gegessen, getrunken und gelacht. Manche fühlen sich wie in einem Kurzurlaub. Viele Gäste treffen Freunde und alles wird organisiert, damit jeder zufrieden ist.
Johannes Zimmer ist Franco Chieras rechte Hand und wird künftig das Sagen in der Küche haben, wenn Franco etwas älter sein wird. Angela Jung arbeitete lange in Österreich und macht die Vorspeisen, backt den Kuchen und täglich das eigene Brot, das es hier gibt. „Sie ist komplett integriert im Team als sei sie schon immer da gewesen“, freut sich Chiera.
Tochter Giuliana erklärt: „Dieses Konzept werden wir auch künftig so weiter verfolgen. Wir wollen weiterhin Gastronomie machen, aber eben nicht mehr als typisches Restaurant, sondern locker und entspannt.“ Und ihre Schwester Francesca ergänzt: „Uns war auch wichtig, diese italienische Aperitivo-Kultur hierherzubringen. Das Leben zu genießen.“
Aktionen mit Gastköchen
Natürlich gibt es auch weiter gefasste Pläne für die Zukunft. Sie freuen sich beispielsweise schon auf die große Terrasse, die an warmen Tagen geöffnet sein wird. Aber auch auf besondere Tage mit Winzern aus der Region und aus Italien. Die Winzer werden dabei anwesend sein, und dazu wird es ein passendes Menü geben. Fragen Sie einfach nach.
Franco Chiera erzählt weiter: „Es wird auch Aktionen mit Gastköchen geben, alles meine bekannten Freunde. Sie werden im Frühling und Sommer besondere Samstage hier gestalten. Auch mit Austern, mit Crevetten und mit DJ.“ Sternekoch Cliff Hämmerle beispielsweise kochte das letztjährige Weihnachtsmenü mit seinen Freunden Wolfgang Quack und Franco Chiera im Saarländischen Rundfunk. Ich vermute mal, Cliff und Wolfgang werden auch hier am Start sein. Aber auch viele andere.
Familie Chiera kenne ich inzwischen seit rund 30 Jahren. Wir lernten uns damals in Bierbach kennen. Danach verfolgte ich sie auf allen Stationen in Saarbrücken. Einmal – damals machte ich noch den Genusstipp für die Sendung „Saarlight“ des Heimatsenders – hatten wir ein Problem. Wir wollten die beiden in ihrem neuen Betätigungsfeld filmen. Doch der Vermieter sagte kurzfristig ab, die Eröffnung verzögere sich, und wir mussten spontan umplanen. Also fuhren wir zu mir und ich kochte für Daniela und Franco. Es ist ein schöner Film geworden.
Was ich damit sagen will? Ich esse schon seit Jahrzehnten bei Familie Chiera und weiß, wie gut Francos Küche ist. Ich habe noch nie etwas zurückgehen lassen, weil es mir immer perfekt präsentiert wurde. Und bei solchen Köchen bestelle ich selten etwas Bestimmtes, sondern lasse mich inspirieren. So auch heute. Franco bringt mir zunächst Panzanella, also Brotsalat mit Tomate, Oliven, Burrata und Tropea-Zwiebel. Ein wirklich sehr interessanter Brotsalat, der verdammt gut schmeckt.
Dann folgt Tartare di tonno, Thunfisch-Tatar mit Avocado und Röstzwiebeln an Soja-Vinaigrette. Auch dieser Gang überrascht mich sehr, denn die Avocado-Creme ist himmlisch gewürzt. Ganz großes Kino!
Himmlische Avocado-Creme
Als Hauptgang gibt es Kalbskotelett mit Rucola, Datteltomaten und lauwarmem Kartoffelsalat. Eine wirklich gute Fleischqualität und sehr geschmackvoll. Auf die Nachspeise Tiramisu verzichte ich heute einmal. Ich nehme am Weintisch Platz und vertiefe mich mit einem Bekannten in ein längeres Gespräch. Nach etwa einer Stunde bestellen wir uns noch eine Kleinigkeit zum Wein. Tagliere, ein Brett mit italienischem Aufschnitt wie etwa Salami und Prosciutto sowie verschiedenen Käsesorten.
Zur Weinkarte nur so viel. Der Hauswein ist ein Grauburgunder von Nik Weis! Wer hat schon so was auf der Karte? Mit dem Etikett „Bar Centrale di Aromi“. Der schmeckte schon verteufelt gut! Ansonsten werden Sie auf der Weinkarte garantiert etwas finden, die „Winefactory“ ist ja nebenan.
Saarbrücken ist um eine kulinarische Attraktion reicher, die „Bar Centrale di Aromi“ ist wirklich einmalig. Und nachmittags um drei Uhr essen gehen mag ich, seit ich in den 1990ern-Jahren viele Winter in Spanien war. Ich gratuliere Familie Chiera zu dieser Entscheidung. Gehen Sie mal vorbei, Sie werden es nicht bereuen.