Journalisten landen beim Berufs-Ranking erneut weit hinten in der Tabelle
Hier schreiben wir jetzt mal in eigener Sache. Animiert durch eine aktuelle Zeitungs-Grafik sehen wir uns veranlasst, eine Lanze für uns Journalistinnen und Journalisten zu brechen. Das führende deutsche Online-Statistik-Portal „Statista“ hat ermittelt, welche Berufe in der Gesellschaft das höchste Ansehen genießen. Und da sind wir Schreiberlinge jetzt noch weiter abgerutscht als vor zehn Jahren, wo uns wenigstens noch 44 Prozent der Bundesbürger Vertrauen geschenkt hatten.
Diesmal landen wir mit gerade mal 31 Prozent fast am Ende der Rangliste. Dass hinter uns erneut nur Politiker (14 Prozent), Werbeagenten (acht Prozent) und Versicherungsvertreter (acht Prozent) rangieren, vermag uns nicht wirklich zu trösten. Ein Blick an die Spitze macht echt neidisch: Dort tummeln sich Feuerwehrleute (94 Prozent), Krankenpflegepersonal (89 Prozent), Ärztinnen und Ärzte (85 Prozent) sowie Polizistinnen und Polizisten (78 Prozent). Sogar Briefträger (53 Prozent) grüßen aus dem ehrbaren Ansehens-Mittelfeld, obwohl sie immer seltener kommen und nur Mahnungen bringen.
Was machen all diese Menschen besser als wir? Warum genießen wir Journalisten nicht mehr Vertrauen? Glauben die Leute vielleicht, dass wir nur aus Boshaftigkeit über brandlegende Feuerwehrleute, fehldiagnostizierende Mediziner oder übergriffige Geistliche schreiben, um diese in der Ansehensrangliste vor uns liegenden Berufsgruppen zu diskreditieren und davon zu profitieren? Und warum können uns selbst Lehrer (64 Prozent) und Erzieher (76 Prozent) weit überflügeln, wo man doch im Alltag so vielen Schlaumeiern begegnet, die sich trotz ungeniert gezeigter Wissenslücken sowieso von niemand belehren lassen?
Die Statistiker haben zusätzlich noch die Berufe ermittelt, die auch in Zukunft für wichtig erachtet werden. Auch hier landen Arzt- und Pflegepersonal (59 und 56 Prozent) ganz vorne, gefolgt von Landwirten und Polizisten (je 33 Prozent). Für uns Journalisten wird dieses Ranking zum totalen Desaster: Wir stehen auf dem allerletzten Platz (zwei Prozent), noch hinter Rechtsanwälten und Politikern (je fünf Prozent). Man scheint uns Schreiberlinge für die Zukunft als überflüssig abgeschrieben zu haben: Der kommunikative Mensch der Neuzeit liest wohl am liebsten nur noch Drei-Wort-Sätze auf dem Handy und „pflegt“ in Chatrooms einen Grammatik fernen Sprachstil, für den wir „Schlusslicht-Journalisten“ postwendend unsere Papiere nehmen müssten.
Wir haben uns ja inzwischen daran gewöhnt, dass unser Beruf wenig Ansehen genießt. Jetzt aber bei der Zukunftsrelevanz das ultimative Schlusslicht zu bilden, als wären wir deutsche ESC-Teilnehmer, sollte uns aufrütteln. Die Zeiten heute werden mit Klimakrisen, Kriegen und Wohlstandsverlusten immer härter: Darüber berichten aber weder Mediziner, noch Briefträger, sondern wir Journalisten. Und wie in alten Zeiten werden wir als Überbringer schlechter Botschaften dafür wohl hart abgestraft. Aber eigentlich darf unser mieses Ansehen doch nicht daran liegen, dass wir uns beruflich oft den unappetitlichen Dingen des Lebens annehmen müssen. Sonst dürften ja beispielsweise die Beschäftigten bei Müllabfuhr (72 Prozent) und Kläranlagen (65 Prozent) nicht so uneinholbar vor uns liegen!
Vielleicht sollten Journalisten künftig nur noch positive Inhalte verbreiten, ohne natürlich die Wahrheit zu verdrehen. Statt „Fünf Prozent Arbeitslosigkeit“ melden wir doch lieber „95 Prozent Beschäftigung“. Bei einem Militärangriff berichten wir statt von 20 Toten lieber von den Tausenden Überlebenden. Und statt „Deutschland verliert EM-Spiel“ stellen wir in der Schlagzeile groß heraus, dass es die Platzwahl ganz überlegen gewonnen hat. So was kommt unserem journalistischen Ansehen bestimmt zugute. Auch sollten wir besser keine Zeile mehr veröffentlichen, die nicht vorab auf Sympathiehaftigkeit geprüft wurde: Wir schreiben allen nach dem Mund, loben jeden über allen Klee, vermeiden Krisenberichte und verbreiten nur noch Wohlfühl-Gefühle.
Und wenn wir damit nicht wenigstens die auf dem Platz vor uns liegenden Beamten überholen können, gehen wir einfach zur Feuerwehr!