Viele Menschen malen gern in ihrer Freizeit. Die einen besser, die anderen schlechter. Claudio DiMarco gehört zur ersten Kategorie. Wie sich ein Lackier- und Maler-Meister zu einem Künstler mauserte.
Der Grund ist tiefschwarz wie die Nacht. Eine Fläche ohne Lücken. Und dann – bäm – eine Explosion aus Farben. Pink und Gelb dominieren. Es knallt, scheint, als würde ein Atompilz aus dem Schwarz erwachsen und sich auf der ganzen Fläche ausbreiten. Das Dunkel mit seiner Kraft förmlich überrollen und das Schwarz verdrängen. Oder handelt es sich um den Urknall, bei dem aus dem Nichts Leben und alles, was wir kennen entsteht? Vielleicht hat der Künstler aber auch nur mit Farben experimentiert. Das weiß allein er selbst.
„Wenn du malst, brauchen deine Bilder eine Geschichte“, meint ein Freund auf Heimatbesuch zu Claudio DiMarco kurz vor Weihnachten, als der ihm davon erzählt, dass er sich seit etwa einem Jahr ausgiebig seiner abstrakten Malerei widmet. Dabei hat DiMarco eine interessante Geschichte rund um seine Kunst, die es zu erzählen gilt. Und auch die einzelnen Werke sind größtenteils keine identitätslosen Kleckse auf einer Leinwand. Bei dem oben beschriebenen Werk handelt es sich tatsächlich um eine Explosion im Weltall. Das All ist ein Thema, das sich in vielen seiner Malereien wiederfindet und ihn immer wieder inspiriert. Eine gute Inspirationsquelle, wenn man überlegt, dass das All unendlich ist – da kann ein Künstler nur profitieren, wenn die eigenen Ideen ebenso unerschöpflich sind.
„Ich musste meine Ideen ausleben“
Wann also fängt die Geschichte an, in der sich der junge Claudio kreativ beim Malen auszuleben beginnt? Gemalt hat er, seit er denken kann. Dann kam das Zeichnen dazu, später die Musik. „Ich musste meine Ideen in einer kreativen Beschäftigung ausleben. In der Jugend wurden Skateboard-Decks von Freunden angesprayt. Die Musik war dann lange Zeit mein größtes Hobby, bevor ich begonnen habe, mich den großen Leinwänden, der XXL-Kunst zu widmen. Gegenständlich habe ich auch zeitweise gemalt, aber ich brenne so richtig für die abstrakte Kunst. Das muss einfach aus mir raus. In meinem Kopf waren die Ideen schon lange. Seit ich vor einem Jahr damit begonnen habe, male ich eigentlich täglich. Ich möchte eine bestimmte Kraft in meinen Bildern – wie eine Explosion, die gesamte Komposition ist mir wichtig.“ Der Himmel ist ein Element, das sich auch in Form von Wolken immer wieder in seinen Bildern findet. „Reach for the sky – man kann alles schaffen, wenn man nur möchte. Da schließt sich der Kreis zwischen dem, was ich ausdrücken möchte und dem, was ich auf die Leinwand bringe.“ Die Entstehung der Kunst ist ein steter Prozess. Ein ständiges Ausprobieren, Verbessern, Übermalen, Weiterentwickeln.
Wie er das intuitive Arbeiten beschreibt, ist bezeichnend und kann von Kunstschaffenden wahrscheinlich nachempfunden werden beziehungsweise unterscheidet sich dabei von jenen, die nur glauben, abstrakte Kunst lasse sich leicht aufs „Papier“ pinseln: „Was auf die Leinwand kommt, ist erst mal ein Gefühl. Ich fühle, was ich malen will und dann brauche ich es nur noch umzusetzen.“
Hochwertige Farben und Leinwände aus dem Fachhandel sind dann die Hilfsmittel bei der Umsetzung. Im Auftragen der Farbe auf großformatige Leinwände mithilfe verschiedener Techniken ist der 39-Jährige Autodidakt. Er pinselt, er sprüht, er spachtelt, tupft, kleckst, verreibt und vieles mehr. Das Auftragen von Farbe hat er prinzipiell aber von der Pike auf gelernt, wenn auch in einem anderen Metier. DiMarco ist nämlich Autolackierer-Meister. Ab und an kommt auch bei seinen Bildern ein Lack ins Spiel. Dann glänzen die Bilder, schimmern wässrig und reflektieren das Licht so, dass ein gläserner Eindruck entsteht. Der überwiegende Teil seiner abstrakten Kunstwerke entsteht aber mit Arcylfarbe. Die lässt sich nicht nur ideal auftragen, sondern auch schichten. „Ich weiß schon vorher in etwa, was ich auf die Leinwand bringen möchte, lasse mich von allem, was ich in meinem Alltag sehe und erlebe, inspirieren, die Natur, wie schon erwähnt, und das Weltall liefern mir Ideen. Dann geht es kreativ an die Arbeit. Selten kommt es dann doch mal vor, dass mir nicht gefällt, wie sich ein Bild entwickelt hat. Dann wird übermalt.“
Mit dieser Vorgehensweise befindet sich der Künstler aber in guter Gesellschaft. Seit es Bildende Kunst gibt, übermalen Künstler ihre Bilder, was bei Restaurationen in der Vergangenheit der Kunstgeschichte schon zu erstaunlichen Fundstücken geführt hat.
Noch geht der Künstler seiner Arbeit in der Autowerkstatt nach, repariert und lackiert Karosserien. „Aber ich male eigentlich in jeder freien Minute nach Feierabend und an den Wochenenden.“ Seit einem Jahr so intensiv, dass sich die Bilder anhäufen und nach neuen Besitzern schreien. Diverse Etablissements haben sich schon als interessiert erwiesen und zeigen ihre DiMarco-Errungenschaften öffentlich, wie beispielsweise das erstklassige „Ristorante Roma“ oder das „Wearhouse“ in der Saarbrücker Innenstadt. Und es kommen immer neue Interessenten dazu.
„Ich male in jeder freien Minute“
Vielleicht klingt die Vorstellung, dass DiMarco nicht in einem eigenen angemieteten Atelier malt, sondern im Lackierraum der Werkstatt etwas unromantisch. Aber zweifelsohne ist es wahnsinnig praktisch, wenn man nicht darauf aufpassen muss, dass Farbspritzer nicht nur auf der Leinwand landen statt auf dem Fußboden, zumal eine Lüftungsanlage vorhanden ist. Gerade mit der Airbrush ein echter Zugewinn. Und für den Maler ist der Ort des Schaffens mitnichten unromantisch, sondern vielmehr der Ort, der sich seit der Kindheit – da Familienbetrieb – wie ein zweites Zuhause anfühlt.
Noch ist es zu früh, dass Kunstliebhaber vor einem Bild stehen und sagen „das ist doch ein waschechter DiMarco“. Doch einen gewissen Wiedererkennungswert haben seine Arbeiten schon jetzt, der nur noch der breiten Masse nahegebracht werden muss. Ein Stil ist deutlich erkennbar, und doch gleicht kein Bild dem anderen. Die Bildsprache belebt regelrecht. Neonfarben verwendet er gern – allein deswegen kommt schon keine Langeweile auf. Es muss knallen. Und im Gedächtnis bleiben.
Der Schaffensprozess an sich ist auch noch eine Erwähnung wert. Die Ideen kommen ihm nicht selten in der Nacht. „Aber auch in meinem Job. Wenn ich Farbe beim Lackieren mische, entstehen da unwillkürlich Muster und Farbschemata, die mich auf neue Ideen bringen. Manchmal reicht schon ein Farbfleck“, erklärt er.
Diese Ideen gilt es dann auf die Leinwand zu bringen. „Dann lege ich direkt los. Zwischendurch wird eine Pause eingelegt, die einzelnen Farbschichten müssen ja, je nach Effekt, den ich erzeugen will, erst einmal trocknen.“ Wenn es läuft wie geplant, ist ein Bild dann nach etwa einer oder zwei Wochen fertig. „Wenn ich allerdings nicht zufrieden bin nach dem ersten Durchlauf, ja, dann wird wieder übermalt. Bin ich dann immer noch nicht vom Ergebnis überzeugt, hänge ich es erst einmal auf, wie es ist und lasse meinen Eindruck sozusagen sacken. Dann vergeht so viel Zeit, wie es braucht, um einen neuen Ansatz zu finden und dann mache ich weiter.“
Zu dem Schaffen von Kunstwerken gehört für Claudio DiMarco auch dazu, seine Leinwände selbst zu bespannen. „Neulich habe ich einen freien Nachmittag damit verbracht, zahlreiche neue Leinwände zu bauen. Da muss dann erst mal der Rahmen gebaut und die Leinwand bespannt werden“, schildert er.
Wie man sich als Künstler heutzutage einen Namen und auf sich aufmerksam macht, ist zwar kein Kinderspiel, doch ein wenig einfacher als noch vor einigen Jahren – Social Media sei Dank. Eine Homepage entsteht gerade. Und wer die Bilder gern live und in Farbe sehen möchte, kann DiMarco via persönlicher Nachricht anschreiben und einen Termin zur Bilderschau ausmachen.