Die amerikanische Drama-Serie „The New Look“ zeigt die Mode-Ikonen Christian Dior und Coco Chanel als Rivalen im Kampf um die Krone der französischen Haute Couture. Mit Ben Mendelsohn als Schöpfer des „New Look“ und einer charismatischen Juliette Binoche als Coco Chanel.
Paris 1955. Was für ein Auftritt! „Christian Dior ruinierte die französische Couture. Und ich komme zurück, um sie zu retten!“, vermeldet Coco Chanel (Juliette Binoche) süffisant einer Handvoll Journalisten bei der Wiedereröffnung ihrer Modeboutique in Paris. Etwa zur selben Zeit wird Christian Dior (Ben Mendelsohn) mit einer Retrospektive an der Sorbonne geehrt. Nachdem ein feierliches Defilee mit den klassischen Roben des Meisters vorüber ist, will eine Studentin von ihm wissen, warum er im Zweiten Weltkrieg während der deutschen Besatzung von Paris auch Kleider für die Nazis schneiderte, wo doch Chanel das einzig Richtige tat – nämlich ihr Atelier zu schließen. Während Dior noch nach einer Erklärung sucht, führt uns der Film zurück ins Jahr 1943. Und schnell wird klar, dass die Umstände damals viel komplizierter – und gefährlicher – waren, als es Jahre später den Anschein hat.
Inspiriert von wahren Begebenheiten
Von wahren Begebenheiten inspiriert, spürt „The New Look“ (seit Mitte Februar auf AppleTV+) den tragischen Erlebnissen nach, die sich im Leben von Christian Dior während des Krieges ereigneten. Dior arbeitete damals als Couturier für das renommierte Modehaus von Lucien Lelong (John Malkovich). Von ihm wurde Dior dazu gezwungen, auch für die Frauen und Geliebten von Nazi-Offizieren Ballkleider zu entwerfen. Was Dior mit stiller Abscheu tat. Wie auch sonst hätte er als Luxus-Schneider überleben können? Da taucht plötzlich seine jüngere Schwester Catherine (Maisie Williams, bekannt aus „Game of Thrones“) in seinem Apartment auf und bittet ihn, einen Widerstandskämpfer vor den Nazis zu verstecken. Schweren Herzens stimmt Dior zu, weiß er doch nur zu gut, wie lebensgefährlich das ist.
Währenddessen residiert Coco Chanel im Luxushotel Ritz, das zu jener Zeit auch das Hauptquartier der hochrangigen Nazis ist. Sie ist nach zehn Jahren in der Schweiz für ein Comeback nach Paris zurückgekommen. Doch da läuft es alles andere als gut für sie. Es plagen sie vor allem extreme Geldsorgen. Um ihr Business zu retten, fängt sie eine Liebesaffäre mit dem deutschen Offizier Hans Günther von Dincklage, genannt Spatz, an. Es dauert nicht lange, da überredet Spatz seine Geliebte dazu, sich mit Heinrich Himmler zu treffen. Himmler, einer der Hauptverantwortlichen für den Holocaust, will nämlich aus Berlin die Modehauptstadt der Welt machen. Und Coco Chanel soll ihm dabei helfen. Erst einmal im Dunstkreis der Nazis angekommen, wird sie auch gleich für einen Geheimauftrag eingespannt: Im Zuge der „Operation Modellhut“ soll Coco – hinter dem Rücken Hitlers – nun Winston Churchill ein Friedensangebot zwischen Deutschland und England überbringen. Das allerdings nicht zustande kommt. Inzwischen wurde Catherine von der Gestapo aufgespürt und gefoltert. Dior setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um seine Schwester zu retten. Aber ohne Erfolg. Sie wird in das KZ Ravensbrück deportiert.
Ambivalente Figuren
Endlich rücken die alliierten Streitkräfte in Paris ein. Die Befreiung vom Nazi-Terror wird auf den Straßen und Plätzen ausgelassen bejubelt. Auch Coco Chanel feiert mit. Allerdings hat sie ein großes Problem: Sie muss nun der Résistance beweisen, dass sie doch eigentlich gar nicht wirklich mit den Nazis kollaboriert hat. Sollte ihr das nicht gelingen, wird man sie kurzerhand als Verräterin hinrichten. Um ihre Haut zu retten, begeht sie einen folgenschweren Verrat und lässt ihren engsten Vertrauten über die Klinge springen. Und das ist erst der Anfang der Geschichte. Viele weitere dramatische Verwicklungen werden folgen.
Juliette Binoche verkörpert Chanel in ihrer Ambivalenz schlicht genial. Nahtlos geling es ihr, Cocos facettenreichen Charakter glaubhaft darzustellen. Man nimmt ihr die arrogante Diva ebenso ab wie die sinnliche Geliebte, die Intrigantin und die hilfsbereite, charmante Frau von Welt. Dass dagegen die eigentliche Hauptfigur – Christian Dior – zunehmend verblasst, liegt vor allem daran, dass er meist gramgebeugt und zaudernd durchs Leben geht. Doch darf man eines nicht vergessen: Christian Dior wurde von allen – auch von seiner Konkurrentin Coco Chanel – als der beste und einflussreichste Couturier der Welt angesehen und als Erfinder des „New Look“ gepriesen. Privat war er wohl ein eher schüchterner, einfacher Mann, der sich in der Öffentlichkeit meist unwohl fühlte.
Mit langem Atem erzählt „The New Look“ von zwei der größten Modeschöpfer des 20. Jahrhunderts. Wer noch mehr über diese epochale Modewelt erfahren möchte, kann sich noch eine Serie über einen weiteren stilprägenden Designer ansehen: „Cristóbal Balenciaga“ (bei Disney+). Die Haute-Couture-Kleider sind auf jeden Fall – hier wie dort – wirklich atemberaubend …