Fernerkundung als nützliche Ergänzung terrestrischer Datenerhebungen und Digitalisierung spielen inzwischen eine immer größere Rolle im Waldmonitoring. Dabei werden inzwischen Verfahren der Künstlichen Intelligenz mit einbezogen.

Die FAO hat am 21. März mal wieder zum „Tag des Waldes“ aufgerufen. Doch diesmal hatte sich die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, die diesen Termin erstmals 1971 in den internationalen Jahreskalender aufgenommen und seit 2012 festgeschrieben hatte, ein etwas aus dem Rahmen des Üblichen fallendes Motto ausgedacht: „Forests and Innovation“, was sinngemäß mit „Wälder und Innovation“ übersetzt werden kann. Da sich der Forstsektor immer mehr zu einer Zukunftsbranche entwickle, führe auch im Bereich des Waldes an technologischen Innovationen kein Weg mehr vorbei. Wobei die FAO speziell auf die sogenannte Fernerkundung mithilfe von Satelliten und Drohnen aufmerksam machte, die für ein modernes Waldmonitoring ungemein hilfreich sein könnten, um beispielsweise verlässliche Aussagen über den Waldzustand oder die Artenzusammensetzung im Forst machen beziehungsweise Frühwarnsysteme gegen Brände oder andere Schadenereignisse erstellen zu können. Kein Wunder daher, dass sich die FAO an einem ambitionierten, gemeinsam mit Großbritannien Mitte 2023 ins Leben gerufenen und von London finanzierten Programm namens Accelerating Innovative Monitoring for Forests (AIM4Forests) beteiligt hat, mit dessen Hilfe für bis zu 20 ausgewählte Länder über fünf Jahre eine Waldüberwachung mit den derzeit modernsten technologischen Methoden samt Fernerkundung und Satellitendaten-Nutzung durchgeführt werden soll. In elf Staaten ist das Programm schon angelaufen, beispielsweise in Peru oder Ghana.
Waldzustand und Artenzusammensetzung
Auch im hierzulande für den Wald zuständigen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat man die zentrale Bedeutung der Fernerkundung inzwischen erkannt: „Fernerkundung ist Hightech pur“, so der einleitende Kommentar des Ministeriums zu einer im Sommer 2023 veröffentlichten Broschüre mit dem Titel „Programm des BMEL zur Fernerkundung. Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, Politik und Verwaltung“. Weiter schreibt das BMEL: „Fernerkundung ist ein erheblicher und bedeutender Wachstumsbereich, auch wenn er als solcher in der öffentlichen Wahrnehmung vergleichsweise wenig beachtet wird. (...) Die Fernerkundungstechnologie von Satelliten über Flugzeuge bis hin zu Drohnen hat eine hohe und rasant wachsende Bedeutung für verschiedene Bereiche.“ Unter dem Begriff Fernerkundung werden laut BMEL „alle Verfahren zusammengefasst, die Informationen über die Erdoberfläche aus der Messung elektromagnetischer Energie gewinnen, ohne dabei mit dem Objekt in Berührung zu kommen.“ Und weiter: „Dafür werden Plattformen (zum Beispiel Flugzeuge, Satelliten oder Drohnen) genutzt, die mit Abstand zur Erdoberfläche entweder aus dem All oder in großer oder geringerer Höhe über dem Boden mithilfe von speziell entwickelten Sensoren die Erde, ihre Landoberfläche, die Ozeane, die Atmosphäre sowie ihre Dynamik messen.“
Effizienter und nachhaltiger
Das Ziel dürfte sein, die Fernerkennung so zu verbessern, dass die Waldbewirtschaftung künftig noch effizienter und nachhaltiger ausfallen und dass die Aussagekraft der deutschlandweiten Großrauminventuren wie der Bundeswaldinventur oder der Waldzustandserhebung noch deutlich verbessert werden kann. Forstwirtschaftliche Unternehmen können Fernerkundungsdaten laut BMEL beispielsweise zur Kartierung von Baumarten oder zur Erfassung von Waldschäden nutzen. Darüber hinaus stellte das BMEL in seinem „Programm“ das Potenzial der Fernerkundung in seinem Ressort-Bereich Wald, bereits existierende Nutzungen von Fernerkundungsmethoden sowie künftige Projekte und Einsatzgebiete in der Forstwirtschaft vor. Laut dem BMEL habe mit dem Start des Copernicus-Programms samt Erdbeobachtungssatelliten der Europäischen Union – wofür aus dem EU-Haushalt allein für die Jahre zwischen 2014 und 2020 ein Budget von 4,3 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt wurde – „eine neue Zeitrechnung für die Fernerkundung begonnen“.
„Große Gebiete (Regionen, Staaten, Kontinente) können seither mit einer hohen räumlichen Auflösung in Abständen von wenigen Tagen erfasst werden“, so das BMEL. „Die Daten sind zeitnah und frei verfügbar. Gleichzeitig haben die sich rasant entwickelnden technischen Möglichkeiten von Luftaufnahmen (zum Beispiel LIDAR, Drohnen) die Erhebung von Merkmalen bis auf die Individuen-Ebene verbessert. Dieser Fortschritt geht einher mit der Etablierung innovativer Verfahren (zum Beispiel Künstliche Intelligenz) zur digitalen Prozessierung und Auswertung der enormen Datenmengen.“ Das dürfte erhebliche Fachkompetenz in Sachen Auswertung der Geodaten-Infrastrukturen voraussetzen, weshalb in Deutschland für behördliche Nutzer schon mal eine spezielle Anlaufstellen-Plattform eingerichtet wurde. Generell gilt zudem, dass der Zugang zu den Copernicus-Daten für jede Einzelperson oder auch private Organisation kostenlos und uneingeschränkt möglich sein muss.

In analoger Umsetzung hat die Fernerkundung in der deutschen Forstwirtschaft schon eine recht lange Tradition. Denn Luftbilder wurden für forstliche Belange schon seit den 1950er-Jahren eingesetzt. Die Einsatzmöglichkeiten der modernen Fernerkundung sind laut BMEL sehr vielseitig. In der Broschüre des Ministeriums werden etwa genannt: der Bereich Waldinventur, das Aufzeigen von Entwaldungsmustern sowie deren Treibern und Ursachen, die Erfassung von Waldflächen und deren Veränderungen, das Segment der Baumarten-Erkennung, die Registrierung des Waldzustandes samt der Bewertung von biotischen oder abiotischen Schäden (auf Schädlinge oder Krankheitserreger beziehungsweise auf mechanische, chemische oder physikalische Einflüsse rückführbar) oder die Beurteilung der Vitalität von Waldbeständen.
Bei der Auswertung der Fernerkundungsdaten müssen diese unbedingt mit zuvor schon terrestrisch erhobenen Daten abgeglichen und validiert werden. „Die Kombination der bodenbasierten Datenerhebungen im Wald mit Fernerkundungsdaten verspricht ein großes Potenzial für ein zukünftiges Waldmonitoring. Für den Einsatz und die Anwendung der Fernerkundung besteht weiterhin Forschungs- und Entwicklungsbedarf“, so das BMEL. Auf Grundlage der Fernerkundungsdaten lassen sich laut BMEL digitale Landbedeckungsmodelle, Geländemodelle und Oberflächenmodelle ableiten, um danach auf dieser Basis auch noch Vegetationshöhenmodelle generieren zu können, die laut dem BMEL „wertvolle Informationen zur Struktur und Waldveränderung liefern, aber auch zur Unterstützung von Landnutzungsklassifizierungen dienen“ können.
Immer wichtiger wird angesichts der enormen Datenmengen, die durch Fernerkundungssensoren und die zunehmend offene Datenpolitik verfügbar sind, das Einsatzfeld der Künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens. Aufgrund zunehmender Speicherplatz- und Prozessierungsengpässe setzen sich dabei zunehmend cloudbasierte Geodateninfrastrukturen durch. Diese cloudbasierten Anwendungen der Fernerkundung eröffnen die Möglichkeit, dass nicht mehr mühsam und aufwendig lokal mit eigener Soft- und Hardware gearbeitet werden muss, sondern auf serverbasierte Rechensysteme zurückgegriffen werden kann. In der Bundesrepublik beschäftigen sich laut BMEL schon seit Längerem verschiedenste Arbeitskreise und Institutionen mit der forstlichen Fernerkundung. Das Ministerium weist speziell auf das Copernicus Netzwerkbüro Wald am Thünen-Institut für Waldökosysteme und die Arbeitsgruppe Forstlicher Luftbildinterpreten hin.
Künstliche Intelligenz wird immer wichtiger
Beim Thünen-Institut, dessen Hauptaufgabe darin besteht, wissenschaftliche Grundlagen als Entscheidungshilfen für politische Entscheidungsträger zu liefern, handelt es sich um ein Forschungsinstitut im Geschäftsbereich des BMEL mit 15 Fachinstituten, die sich mit 19 Themenfeldern beschäftigen. Für den Bereich des Waldes sind vier Institute zuständig: Institut für Holzforschung, Institut für Waldwirtschaft, Institut für Waldökonomie und Institut für Forstgenetik. Das Institut für Waldökonomie hat sich mit der Durchführung der verschiedenen bundesweiten Großrauminventuren des Waldes wie der Bundeswaldinventur, der Bodenzustandserhebung, der Waldzustandserhebung und des forstlichen Umweltmonitorings längst einen besonders guten Namen gemacht. Zudem hat sich das Thünen-Institut bei der Unterstützung des terrestrischen Waldmonitorings durch Fernerkundungsdaten und -technologien laut dem BMEL folgende zentrale Aufgaben gestellt: Erfassen von Waldschäden und Waldflächenveränderungen, Erkennung und flächendeckende Kartierung der Baumarten, verbesserte Schätzung von forstlichen Basisdaten, Erfassung von Struktur und Biodiversität, Erfassung von Vitalität und Waldzustand, Untersuchung der Einsatzmöglichkeiten von Drohnen für das Waldmonitoring.
Im Bereich Forstwirtschaft wird vom BMEL eine Reihe von Projekten zum Einsatz der Fernerkundung direkt gefördert oder besonders empfohlen. Da seit 2018 in Deutschland die Waldschäden aufgrund verschiedenster Ursachen erheblich zugenommen haben, gilt der Aufbau eines Monitoringsystems zur Erfassung der Waldschäden als dringende Aufgabe und hat als von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) gefördertes Projekt auch schon einen Namen erhalten: Fernerkundungsbasiertes Nationales Erfassungssystem Waldschäden (FNEWs). Eine eminente Wichtigkeit wird vom BMEL auch der Erarbeitung einer bundesweiten fernerkundungsbasierten Baumartenerkennung beigemessen, wobei in dem Projekt die Daten der Bundeswaldinventur als Referenz mit eingebunden werden. Die seit 1984 bundesweit jährlich durchgeführte Waldzustandserhebung (WZE) soll durch die Integration von Fernerhebungsdaten verfeinert, stärker regionalisiert und durch Erstellung flächendeckender Karten verbessert werden.

Verstärkter Einsatz von Drohnen
Auch der verstärkte Einsatz von Drohnen im Rahmen der Fernerkundung steht auf der To-do-Liste des BMEL ganz weit oben. Drohnen können laut BMEL zwar qualitativ hochwertige Daten liefern, beispielsweise die Baumgeometrien aufzeigen, den Vergleich von Baumspitzen oder die Kartierung von Baumlücken ermöglichen. Doch zunächst müssten Drohnen-Systeme mit möglichst geringen Kosten gefunden werden, auch wenn Drohnen im Vergleich beispielsweise zu Satelliten-Fernerkundungen natürlich generell deutlich preiswerter sind. Beim vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) geförderten Projekt der Modellierung einer klimaangepassten Baumarten-Verbreitung (KlimBa) geht es im Wesentlichen um die Erstellung einer nationalen Baumarten-Verbreitungskarte durch hochkomplexe Kombination von Luftaufnahmen mit Felddaten aus der Bundeswaldinventur, mit deren Hilfe künftig Empfehlungen für die Baumarten-Wahl unter Berücksichtigung des Standorts und des sich ändernden Klimas gegeben werden können.
Auch bei der Bundeswaldinventur, die alle zehn Jahre als zentrales Monitoring-Instrument für den deutschen Wald durchgeführt wird – die vierte Inventur wurde Ende 2022 abgeschlossen –, wird künftig die Integration der Fernerkundung sinnvollerweise anstehen. Für die Erstellung des der Bundesrepublik als jährliche Pflichtaufgabe im Rahmen von internationalen Klimaabsprachen auferlegten Berichts bezüglich der Auswirkungen der Waldbewirtschaftung auf die Treibhausgas-Bilanz sollen künftig Fernerkundungsdaten mit einbezogen werden. Um wichtige Grundlagen für den wissensbasierten Umgang mit Waldbränden zu schaffen, wurde das Projekt Erweiterung des ökologischen, waldbaulichen und technischen Wissens zu Waldbränden (ErWiN) ins Leben gerufen. Beim Projekt WINMOL werden Aspekte der Sturmschadenvermeidung und -erfassung untersucht. Mit dem Projekt Landscape in the Tropics (LaForeT) soll der Entwaldung und Degradierung tropischer und subtropischer Wälder entgegengewirkt werden.