Da schwere Maschinen bei der Bewirtschaftung meist auch große Schäden im Wald verursachen, plädieren manche Fachleute zu einer Rückkehr zum Pferd bei der Holzernte. Dies hat nicht nur ökologische Gründe, sondern durchaus auch wirtschaftliche.

Der gut 20 Tonnen schwere Koloss bahnt sich seinen Weg. Die Metallketten über den riesigen Profilreifen graben sich tief in den Waldboden, hinterlassen zwei breite, sehr tiefe Furchen. Die Maschine erinnert an einen Bagger. Der sogenannte Harvester, zu Deutsch Ernter, hat einen etwa zehn Meter langen Greifarm, an dessen Ende das sogenannte Harvester-Aggregat oder der Harvester-Kopf sitzt. Allein dieser ist etwa so schwer wie ein durchschnittlicher Pkw.
Stahlkolosse wiegen bis zu 25 Tonnen
Der Harvester-Kopf besteht im Wesentlichen aus Klemmen, die einen Baum umgreifen und festhalten, einem Sägeschwert, um den Baum abzusägen, sogenannten Vorschubwalzen, die den abgesägten Stamm im Aggregat hin und her schieben können, sowie Entastungsmesser, die den Baumstamm beim Hin- und Herschieben abschälen, so dass am Ende nur das Rundholz des Stammes übrigbleibt. Das Sägeschwert kann zudem den Stamm computergesteuert in exakt gleich große Stücke jeder gewünschten Größe zersägen. So lassen sich in kürzester Zeit zahlreiche Bäume zur Weiterverarbeitung „ernten“. Manchmal werden die Bäume aber auch im Ganzen aus dem Wald genommen, ohne sie vorher an Ort und Stelle zu entasten. Warum dies aber eigentlich wichtig ist, dazu später mehr.

Harvester sind Alltag in der Forstwirtschaft, es gibt sie in verschiedenen Ausführungen und Größen. Manche haben vier Räder, andere sechs oder acht. Manche haben nur große Profilreifen wie ein Bagger oder Traktor, andere haben Metallketten über den Reifen, um auch in steilem Gelände eingesetzt werden zu können und besser Halt zu finden, aber auch um das Gewicht besser zu verteilen. Mit ihrem Greifarm können sie – je nach Größe – sieben bis 15 Meter weit greifen. Die Fahrerkabine ist besonders stabil und meist mit verstärkten Stahlrahmen und nicht selten sogar mit Panzerglas ausgerüstet, um den Fahrer vor umstürzenden Bäumen, herabfallenden Ästen oder umherfliegendem Material möglichst zu schützen. Die Kolosse bringen in der Regel zwischen 15 und 25 Tonnen auf die Waage. Und genau hier liegt auch eines von gleich mehreren Problemen.
Das schiere Gewicht der Maschinen sorgt dafür, dass der Waldboden überall dort, wo die Maschinen fahren, zum einen aufgewühlt und gleichzeitig verdichtet wird. So werden unterirdische Wasserbahnen im Boden zusammengedrückt und auch Wurzeln zerstört. Die Schäden, die dabei entstehen, sind so groß, dass sich der Boden davon meist erst nach Jahrzehnten erholt – wenn überhaupt. Um die Schäden so gering wie möglich zu halten, werden in der Waldwirtschaft sogenannte Rückegassen angelegt, wenn man so möchte, ein Verkehrssystem innerhalb des Waldes. Die schweren Maschinen dürfen sich ausschließlich darauf bewegen und von den Rückegassen aus mit ihrem Greifarm in den Wald greifen und Bäume rausholen.
Bei einer durchschnittlichen Greifarmlänge von zehn Metern Länge bedeutet dies allerdings, dass in bewirtschafteten Wäldern im Schnitt alle 20 Meter eine solche Rückegasse angelegt werden muss, da der Harvester nur jeweils zehn Meter links und rechts der Gasse agieren kann. In der Summe bedeutet dies eine immense dauerhafte Zerstörung an Waldfläche alleine durch die angelegten Rückegassen.
Bedeutung für Gesamtgesellschaft

Deshalb gibt es nicht wenige Kritiker, die ein Umdenken in der Wald- und Forstwirtschaft fordern. Einer von ihnen ist Elmar Stertenbrink, langjähriger ehemaliger Vorsitzender und heutiger Waldreferent der bundesweit aktiven Interessengemeinschaft Zugpferde e.V. aus Erkrath bei Düsseldorf. Er ist selbst Forstwirt und setzt auf den Einsatz von Rückepferden statt schwerer Maschinen bei der Holzernte.
„Ein Waldboden ist ein sehr komplexes System, über das es zwar bereits viele wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, aber noch immer viele Zusammenhänge unerforscht sind“, erklärt Stertenbrink im Telefongespräch. Alleine durch den engen Abstand der Rückegassen würden vielerorts so gut 22 Prozent der Waldholzbodenfläche zerstört. „Dann bleiben bei einem Hektar nur noch 7.800 Quadratmeter.“ Zudem habe man festgestellt, dass Bäume, die direkt an Rückegassen stehen, kein Wurzelwerk mehr in Richtung der verdichteten Böden entwickeln, sondern stets davon weg. Vernetzte Pilzstrukturen werden so zerstört, zusammenhängende Systeme voneinander getrennt, vernetzte Pilzstrukturen ebenso zerstört wie Mikroorganismen.
Mit Rückepferden hingegen könne man weiter in den Wald hinein und brauche somit auch weniger Rückegassen. Das Verfahren sei weitaus schonender und es werde weitaus weniger Boden zerstört. In entsprechend bewirtschafteten Wäldern werden die Abstände der einzelnen Rückegassen inzwischen so auf 40 bis 60 Meter Abstand vergrößert. Zumal dieses Verfahren auch witterungsunabhängiger sei. „Sind die Böden winterhart, hinterlässt ein Harvester deutlich weniger Zerstörung. Durch den Klimawandel werden kalte Winter mit gefrorenen Böden aber immer seltener.“ Stattdessen seien die Böden weicher und oftmals in der einst frostigen Jahreszeit sehr nass. Entweder könne der Harvester in dieser Zeit nicht in den Wald oder verursache entsprechend große Schäden.

Ein Pferd hingegen könne auch bei diesen Bedingungen relativ problemlos arbeiten. Liest man sich etwas in die Materie ein, erfährt man schnell, dass ein Rückepferd bis zu 25 Prozent seines Eigengewichts über längere Zeiträume befördern kann. Ein einzelnes Pferd schafft an einem Tag durchaus bis zu 35 oder gar 40 Kubikmeter Holz, was umgerechnet etwa zwei Lkw-Ladungen entspricht.
Die Rückbesinnung auf Pferde ist für Elmar Stertenbrink auch kein Zurück in die Vergangenheit, sondern ein Weg in die Zukunft, wie er betont. „In Zeiten, in denen Energie immer teurer wird, lohnt sich ein Blick zu unseren Vorfahren, die damals über wesentlich weniger Energie verfügten, aber dennoch sehr effektiv gewirtschaftet haben.“ Es brauche alleine Unmengen an Energie, Öl und Benzin um die heutigen tonnenschweren Maschinen überhaupt zu bewegen, gibt er zu bedenken. Dies allein koste bereits sehr viel Geld – die Anschaffung der oftmals mehrere hunderttausend Euro teuren Maschinen nicht mitgerechnet.
„Technik muss sich an Wald anpassen“
Außerdem wird der Wald in seiner gesamtgesellschaftlichen Bedeutung als funktionierendes Ökosystem immer wichtiger. Wir benötigen ihn als Lieferanten für saubere Luft, für Wasser, gegen Geräuschverschmutzung – und nicht zuletzt auch als CO2-Speicher. „Ein Wald ist ein komplexes System, sozusagen ein eigenständiger Organismus“, erklärt der Forstwirt. Man wisse heute, dass Nährstoffe wie Kalium, Magnesium und Kalzium wichtige Nährstoffe sind, die der Waldboden regelmäßig brauche. Das Faszinierende sei, dass die Bäume diese Stoffe vor allem in ihren einjährigen Pflanzenteilen, etwa Blättern, einlagern. Fallen diese zu Boden, werden sie wieder in den Kreislauf abgegeben. Deshalb sei es auch so wichtig, dass all diese Pflanzenteile bei der Ernte im Wald zurückbleiben und nicht entzogen werden. Das gelte für Blätter, Äste und auch für die Rinde.

Wann immer der Mensch zu sehr in dieses sich selbst regulierende System eingreife, führe dies zu schweren Schäden. Monokulturen etwa seien für die Holzwirtschaft zwar ganz toll, weil sich daraus prima Möbel herstellen ließen, gleichzeitig sorgten diese jedoch für eine ungehemmte Population des Borkenkäfers, da aufgrund mangelnder Diversität in diesen Wäldern das Tier keine Fressfeinde mehr habe. In gesunden Mischwäldern hätte eine Überpopulation an Borkenkäfern auch ein Anwachsen von dort lebenden Vogelarten, beispielweise des Spechtes, die den Käfer als Nahrung sehen, zur Folge. Ist dieses Ökosystem gestört, funktionieren auch diese natürlichen Regulierungsmechanismen nicht mehr.
Daher sei es wichtig, dass sich die Technik wieder dem Waldgefüge anpassen müsse und nicht umgekehrt, argumentiert der Waldexperte. Das Allgemeininteresse an einem gesunden Wald überwiege letztlich das Interesse der Wirtschaft, zumal diese weitaus mehr Holz aus dem Wald nehme, als sie für heimisch produzierte und verkaufte Produkte benötige. Entsprechend formuliert inzwischen auch das Bundeswaldgesetz die nachhaltige Bewirtschaftung als Maßgabe. Doch dafür muss wieder ein größeres Augenmerk auf die Diversität dieses komplexen Systems gelegt werden. Vielleicht liegt das Glück der Erde künftig wirklich wieder auf dem Rücken der Pferde.