Das Spitzentrio um den BFC Dynamo lässt in der Regionalliga Nordost immer wieder Punkte. Werden Unentschieden zum entscheidenden Faktor im Aufstiegsrennen?

Zur Halbzeit hätte wohl kaum noch jemand einen Pfifferling gegeben für den BFC Dynamo – beim Stand von 0:2 gegen die VSG Altglienicke drohte nicht nur die zweite Heimniederlage in Folge, sondern auch ein vielleicht vorentscheidender Dämpfer im Kampf um den Aufstieg in die Dritte Liga. Denn nach 45 Minuten im Nachholspiel am 22. März schien der Rückstand der Berliner in der Regionalliga Nordost zum Spitzenreiter Greifswalder FC auf fünf Punkte anzuwachsen – dazu wäre man auch weiter einen Zähler hinter dem FC Energie Cottbus geblieben, der zu dem Zeitpunkt noch ein Spiel weniger ausgetragen hatte. Aber Dirk Kunert tat das, was ein Trainer in dieser misslichen Lage tun muss: „Ich habe dran geglaubt, dass wir das Spiel noch drehen können“, gab er zum einen nach Abpfiff zu Protokoll und hatte damit in der Halbzeitpause wohl die nötige Zuversicht ausgestrahlt. Zum anderen brachte Kunert in der Pause mit Joey Breitfeld, McMoordy Hüther und Patrick Sussek gleich drei frische Kräfte, die die erwünschte Wirkung erzielten. „Wir haben dann auch eine ganz andere Mentalität auf den Platz gebracht“, zeigte sich der Dynamo-Coach erleichtert – trotzdem sollte es noch bis zur 64. Minute dauern, ehe Breitfeld zur Stelle war und aus kurzer Distanz zum 1:2 einköpfte. Ausgerechnet das mittlerweile 27 Jahre alte Eigengewächs sorgte, offenbar dank gestärkten Selbstvertrauens durch das erste Tor, mit einem entschlossenen Schuss aus halbrechter Position zehn Minuten vor dem Ende auch noch für den 2:2-Ausgleich. Für seine letzten beiden Treffer zuvor hatte Breitfeld schließlich ganze zwei Jahre benötigt – nun waren es 17 Minuten. Doch der BFC Dynamo drängte noch auf den Sieg und wurde dafür belohnt: Wieder war Breitfeld maßgeblich beteiligt, kam erneut über halbrechts in den Strafraum, behielt diesmal aber auf andere Weise den Überblick. Nach einem kurzen Haken bediente er den keine zehn Minuten zuvor eingewechselten Louis Malina, der den Ball cool zum 3:2 einschob.
Mentalität auf dem Platz

„Wir haben eine miserable erste Halbzeit gespielt, sind dann aber überragend zurückgekommen“, traf der 21-jährige Siegtorschütze in seiner Kurzanalyse anschließend den Nagel auf den Kopf, „mit den Einwechselspielern hatten wir dazu ein glückliches Händchen – und ich freue mich natürlich umso mehr, das 3:2 geschossen zu haben.“ Neben der Zuversicht und den richtigen Wechseln hatte Trainer Kunert dabei auch eine wirkungsvolle Umstellung im Mittelfeld vollzogen: Statt wie in den ersten 45 Minuten mit einer „flachen 4“ ließ der Coach sein Team nun mit einer Raute spielen.
Durch den eminent wichtigen Dreier konnte der BFC Dynamo vorerst den Zwei-Punkte-Rückstand zu den Greifswaldern zumindest wahren – auch wenn man nicht mehr gegen den Tabellenführer spielt und damit den Sprung auf Platz eins nicht mehr in der eigenen Hand hat. Doch die Regionalliga Nordost ist ein hartes Pflaster, wo jeder mal etwas liegen lässt – das musste wenige Tage später auch Energie Cottbus erfahren, als man im Nachholspiel bei Chemie Leipzig sang- und klanglos 0:3 unterlag und sich so vorerst in der nun gerade gerückten Tabelle auf Platz drei mit vier Punkten zu Greifswald und zwei hinter dem BFC einreihen musste. Nur einen Tag später aber patzte auch Dynamo erneut, als man beim FSV Luckenwalde mit 0:2 unterlag – wie schon gegen Chemnitz (1:3) zwölf Tage zuvor hatte dabei Rufat Dadashov vom Elfmeterpunkt die Chance zum Ausgleich liegen gelassen. Der Torjäger, der viel arbeitet und auch als Führungsspieler wichtig ist, hat dadurch seit Ende November nur noch einmal getroffen. So sollte sich am Gründonnerstag einmal mehr ein Unentschieden für den Greifswalder FC (1:1 in Erfurt) sogar als echter Punktgewinn für den Tabellenführer entpuppen. Die Hansestädter spielen eine beindruckend konstante Saison: Nur eine Partie ging bislang verloren (BFC dagegen vier, Cottbus fünf Niederlagen). Der Trumpf der Mannschaft scheint ihre Erfahrung zu sein – der höchste Altersdurchschnitt der Liga ist beim GFC jedenfalls kein Hindernis für die starke Spielzeit, die man dort in dieser Form wohl selbst nicht erwartet hatte.
Ein gemeinsames Ziel

Jedenfalls ist das heimische Volksstadion gerade erst auf dem Weg zur Viertligatauglichkeit – im Fall des Aufstiegs müsste das Team von Trainer Lars Fuchs so vorerst umziehen. Aus Mangel an geeigneten Spielstätten im Umkreis (das Ostseestadion in Rostock käme nicht infrage) wird dabei sogar das 200 Kilometer entfernte Lübeck als Austragungsort erwogen. Zwei der Stützen sind dabei ausgerechnet Berliner: Soufian Benyamina (34, früher unter anderem Viktoria) ist mit 16 Toren inzwischen bester Schütze der Nordost-Staffel und Mittelfeldmotor Niklas Brandt (32) kam vor der Saison sogar vom BFC und träumt von seiner Rückkehr in Liga drei (früher mit dem 1. FC Magdeburg). Pluspunkt ist sicher auch das ruhige Umfeld in Greifswald – allerdings muss man auch noch am 12. April nach Cottbus. Der FC Energie, der auch noch beim BFC antreten muss (4. Mai), dürfte wiederum über das emotionalste Klima verfügen – was einen Vor- wie Nachteil bedeuten kann. Dazu schlug sich das Team von Trainer „Pele“ Wollitz zu Beginn des Jahres zwei Wochen mit einer Grippewelle herum, die im Programm der englischen Wochen 2024 im Meisterrennen erheblich Substanz gekostet haben dürfte.
In noch sieben ausstehenden Partien wird nun bis Mitte Mai der Staffelmeister ermittelt, der diese Saison bekanntlich direkt (also ohne vorhergehende Qualifikationsspiele) aufsteigt. „Wir müssen jedes Spiel als Endspiel angehen, jedes Match wird schwierig“, erwartet Dirk Kunert dabei physisch wie mental einen harten Kampf um Platz eins bis zum Schluss. „Wir spielen um die Meisterschaft, diesen Druck wollen wir“, hatte Angelo Vier dazu gegenüber dem „Kicker“ noch nach dem nicht mehr für möglich gehaltenen 3:2 gegen Altglienicke den Schwung mitzunehmen versucht. Der BFC-Sportdirektor, selbst aus der Hohenschönhauser Talentschmiede stammend und später erfolgreicher Stürmer in der Zweiten Liga, schwor sein Team quasi über die Medien ein: „Alle haben ein gemeinsames Ziel, und das verfolgen wir so lange, wie es geht.“ Bei aktuell drei Punkten Rückstand zum Greifswalder FC ist der Traum vom erstmaligen Sprung in den gesamtdeutschen Profifußball beim BFC weiter intakt – viele Niederlagen darf man sich aber nicht mehr erlauben.