Die Sprache von Donald Trump wird noch aggressiver und sprengt sämtliche Tabus
Donald Trump liebte es schon immer, Andersdenkende durch den Kakao zu ziehen. Über politische Gegner goss er kübelweise Verachtung aus. Doch im Jahr der US-Präsidentschaftswahl hat der designierte Kandidat der Republikaner seine Sprache mit verbaler Munition hochgerüstet. Blanke Aggressivität ist Trumpf.
Vor vier Wochen malte der Herausforderer vor seinen Anhängern im Bundesstaat Ohio ein düsteres Bild: Amerika werde vor die Hunde gehen, wenn Joe Biden im Amt bleibe, wetterte er. Dann werde es ein „Blutbad“ geben. Als das Wort fiel, sprach er gerade von Importzöllen, mit denen er die US-Autoindustrie vor der chinesischen Konkurrenz schützen wollte.
Die Rede löste in der Öffentlichkeit scharfe Kritik aus. Später schob Trump nach, er habe mit der Warnung vor einem „Blutbad“ Biden gemeint und nicht etwa einen möglichen Aufstand. Es war ein kalkuliertes Missverständnis. Der Wut-Politiker heizte damit seine Fan-Basis weiter an.
Der Begriff „Blutbad“ kann als Signal an seine Anhänger gewertet werden, im Notfall Gewalt anzuwenden, um politische Ziele zu erreichen. Trump spielt indirekt mit Bildern vom 6. Januar 2021, als ein rechtsradikaler Mob das Kapitol in Washington stürmte. Wenige Stunden zuvor hatte der im November 2020 abgewählte Präsident seine Gefolgsleute aufgefordert, „wie die Teufel zu kämpfen“. Damit sollte Druck auf Vizepräsident Mike Pence aufgebaut werden, das Ergebnis der „gestohlenen Wahl“ nicht anzuerkennen.
Die Anstachelung zu Hass und physischer Übergriffigkeit steht im Zentrum des diesjährigen Trump-Wahlkampfes. Bilder und Chiffren sind bewusst gewählt. Kurz vor Ostern wurde auf Trumps „Truth-Social“-Kanal ein Video verbreitet, das einen an Händen und Füßen gefesselten Joe Biden auf der Ladefläche eines Pick-ups zeigt. Der Kampf um politische Ämter wurde in den USA schon immer mit extrem harten Bandagen geführt. Aber die Kampagne von 2024 sprengt sämtliche Tabus.
Dazu passt die Verklärung der rechtsextremen Kapitolstürmer. Trump bezeichnet diese als „Geiseln“ und „unglaubliche Patrioten“. Bei seinen Auftritten zelebriert er eine bizarre Show aus Nationalismus und Reinwaschung der Polit-Kriminellen. Der „J6-Prison“-Chor – Personen, die wegen der Besetzung des Kapitols festgenommen wurden – singt zu Beginn die Nationalhymne. Zwischendurch trägt Trump den „Pledge of Allegiance“ vor, das Gelöbnis der Treue zur US-Flagge.
Trump polarisiert nicht nur, er wiegelt auf. Und er schreckt nicht vor völkischem Gedankengut zurück. Seine Sprache hat zumindest Elemente von Adolf Hitlers Rassenlehre. Im März polterte er, Migranten „vergiften das Blut unseres Landes“. Sie seien „Tiere“.
Trumps Obsession mit Stammbäumen wurde ihm von seinem Vater Fred eingeflößt. Der New Yorker Immobilienunternehmer war Nachkomme eines Einwanderers aus dem rheinland-pfälzischen Kallstadt. Fred Trump glaubte, dass es „gutes Blut“ und „schlechtes Blut“ gebe. Er lehrte seinen Sohn Donald, dass der Erfolg der Familie genetisch bedingt sei, was an die Erbhygiene der Nazis erinnert. Michael D’Antonio, der Biograph von Donald Trump, formulierte es so: „Die Familie war davon überzeugt, dass es überlegene Menschen gibt. Wenn man die Gene einer überlegenen Frau mit denen eines überlegenen Mannes zusammenbringt, entsteht ein überlegener Sprössling.“
Hinzu kommt, dass sich der republikanische Präsidentschaftskandidat zunehmend mit einer religiösen Aura umgibt. Seine Auftritte enden oft mit Gebetsviertelstunden, in denen er seine Anhänger wie ein Fernsehprediger auf den richtigen Kurs einschwört. Dazu passt das Polit-Marketing mit christlichem Sound. Zu Ostern brachte Trump eine eigene Bibel auf den Markt. „Make America Pray Again“, heißt der Slogan in Anlehnung an sein Wahlkampf-Motto „Make America Great Again“. Das hellbraune Buch aus Leder mit aufgedruckter US-Flagge kostet 60 Dollar.
Die schrille und hetzerische Kampagne spricht nicht wenige Amerikaner durchaus an. Laut der Nachrichten-Website „Real Clear Politics“ liegt Trump in sechs der sieben die Wahl entscheidenden Bundesstaaten („battleground states“) zwischen 0,6 und 4,6 Prozentpunkten vor Biden. Das muss noch nichts heißen, weil es noch knapp sieben Monate bis zum Wahltag sind. Aber besorgniserregend ist es schon.