Drei Fragen
Vom eigenen Erfolg überrollt
Noch nie gab es so viele tolle neue Spiele auf dem Markt. Doch mittlerweile sind die Konsumenten mit dem Angebot überfordert, stellt der Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Games-Branche, Felix Falk, fest.
Herr Falk, die Pandemie und die Lockdowns waren ein Turbo für Computer-Spiele, doch der Boom scheint begrenzt zu sein. Wie ist die aktuelle Lage?
Für die Games-Branche weltweit war 2023 ein Jahr der Gegensätze: Es sind unglaublich viele neue Spiele erschienen, weil sich so viele durch die Corona-Nachwirkungen verzögert haben. Obendrein waren dabei viele mit Höchstnoten bewertet. Das ist für Spieler natürlich toll, nur für die Firmen nicht, wenn sie sich die begrenzte Aufmerksamkeit teilen müssen und deshalb einige unter den Erwartungen bleiben. Ein Spieler hat einen begrenzten Zeitraum, um vor seinem Rechner zu sitzen und zu spielen. Dazu kommt, dass aufgrund der hohen Inflation viele Gamer einfach nicht das Geld haben, um sich jedes neue Spiel zu kaufen.
Also wurde der Games-Markt geradezu mit neuen Spielen überschwemmt?
Wenn sie so wollen ja. Das war der Stau bei den Produzenten, die nach den Lockdowns endlich wieder loslegen konnten und alle schon fertig produzierten Games auf den Markt geworfen haben. Die hohen Zinsen und der dadurch ausgebremste Investitionsmarkt haben dafür gesorgt, dass Stellen abgebaut oder Entwicklerstudios gar geschlossen werden mussten. Die letzten Monate waren deshalb keine leichten Zeiten für die Games-Branche, aber die Nachfrage ist weiter enorm.
Der Verkauf von reinen Spielen, also dem Unterhaltungsprogramm, ist zurückgegangen. Bei der Hardware ist das Bild ein anderes?
Das ist richtig, der deutsche Games-Markt hat im vergangenen Jahr im Online-Bereich eine leichte Delle zu verzeichnen. Trotzdem haben wir im Games-Bereich eine starke Entwicklung hingelegt und sie ist deutlich gewachsen. Insgesamt ging es um sechs Prozent nach oben auf beinahe zehn Milliarden Euro. Wir liegen damit weiter, zum Beispiel, vor den Filmproduktionen fürs Kino. Der größte Wachstumstreiber dabei waren vor allem Spielekonsolen und entsprechendes Zubehör. Insgesamt stieg ihr Umsatz um 44 Prozent. Dieses starke Wachstum lag vor allem daran, dass die neue Generation von Spielekonsolen, die über zwei Jahre nicht lieferbar war, endlich flächendeckend zur Verfügung stand. Interview: Sven Bargel
Autobahn-Sanierung wird um über fünf Milliarden teurer
Die Sanierung der maroden Autobahn-Brücken und die Modernisierung des Autobahnnetzes in Deutschland wird in den kommenden Jahren deutlich teurer als bisher angenommen. Die Deutsche Autobahn GmbH hat einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf von rund 5,5 Milliarden Euro bis 2028 errechnet, so ein Sprecher der bundeseigenen Gesellschaft. Allein das Brückenmodernisierungsprogramm der Bundesregierung sei ein absoluter Kostentreiber. Die schnelle Planung für die Erneuerung der Brücken hat für die Autobahn GmbH absoluten Vorrang. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat im März 2022 ein Maßnahmenpaket für eine schnellere Brückenmodernisierung vorgelegt. Allerdings sind die Planungs- und Zulassungsverfahren derart kompliziert, das beschlossene Projekte sich daraufhin um Jahre verzögern. Verkehrsminister Wissing hat bereits direkt nach seinem Amtsantritt vor knapp drei Jahren erklärt, diese bürokratischen Auflagen beim Straßenbau abbauen zu wollen.
Kriminalität gestiegen
Im vergangenen Jahr gab es 5,5 Prozent mehr Ermittlungen wegen schwerer Gewalttaten. Die Zahl ist auf fast sechs Millionen im vergangenen Jahr angestiegen, der höchste Stand seit 15 Jahren. Allein die Zahl der Wohnungseinbrüche nahm deutlich zu. Mehr als 58 Prozent wurden aufgeklärt. Was in der Statistik des Bundeskriminalamtes auffällt: Die Zahl der vermuteten Straftäter ohne deutschen Pass ist auf über 40 Prozent angestiegen, ein Rekordwert. Allerdings haben viele der strafrechtlichen Verfahren auch damit zu tun, dass viele Verdachtsfälle zum Beispiel mit dem Aufenthalts- und Ausländerrecht zu tun haben und mehr Migranten nach Deutschland kamen. Allerdings musste BKA-Präsident Holger Münch einräumen, dass die schweren körperlichen Gewalttaten erheblich angestiegen sind. Gefährliche und schwere Körperverletzung haben um 6,8 Prozent auf 154.541 Fälle zugenommen, die bislang höchste Fallzahl. Auch die „vorsätzliche einfache Körperverletzung“ nahm auf 429.157 Fälle zu, ein Plus von 7,4 Prozent. Der bisherige Höchststand war 2016 mit 406.038 Fällen registriert worden.
Fahrradkilometer verdoppeln
Bis zum Jahr 2030 soll sich die Zahl der auf dem Fahrrad zurückgelegten Kilometer in der EU verdoppeln und das Fahrrad vollwertiges Verkehrsmittel in der Union sein. Das zumindest sieht eine Strategie vor, die EU-Verkehrskommissarin Adina Valean in einer „Europäischen Erklärung“ offiziell unterschrieben hat. Darin wird das Fahrrad als nachhaltiges, zugängliches und erschwingliches Verkehrsmittel anerkannt, das einen großen Mehrwert für die EU-Wirtschaft darstellt. Es gibt dabei konkrete Verpflichtungen, wie etwa sichere und kohärente Radverkehrsnetze in den Städten, eine bessere Anbindung an den öffentlichen Verkehr sowie sichere Parkplätze und Zugang zu Aufladestationen für E-Bikes. Davon erhofft sich die EU auch einen deutlichen Anstieg der Beschäftigten in der Branche, die aktuell mit europaweit rund einer Million angegeben wird.
Weniger ist mehr
In Deutschland nimmt der Fleischkonsum weiter ab. Insgesamt ist pro Kopf im Durchschnitt im vergangenen Jahr ein knappes Pfund weniger Fleisch auf den Teller gekommen als ein Jahr zuvor. Mit 51,5 Kilogramm ist der bislang niedrigste Wert erfasst worden, seitdem es diese Statistik gibt. Allerdings zeigt ein differenziertes Bild: Besondere Zurückhaltung gab es bei Rindfleisch, auch Schweinefleisch wurde weniger gefragt, dagegen nahm der Verzehr von Geflügelfleisch zu. Aus Sicht von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir ist das ein deutlicher Hinweis, dass Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Auswahl stärker auf ihre Gesundheit, aber auch die Umwelt und das Tierwohl achten. Alles deute darauf hin, dass „der Trend anhält“, betont der Minister.
FDP
„Arbeit muss sich lohnen“
Es ist das ein und alles der FDP innerhalb der Ampelregierung: die Schuldenbremse. Darum hält FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner weiter an ihr fest. Der liberale Parteivorstand hat darum ein Manifest unter dem Motto „Leistung muss sich wieder lohnen“ verabschiedet. Kernbotschaft: Runter mit den steuerlichen Abgaben für Arbeitnehmer. „Überstunden müssen sich für die, die sie machen tatsächlich lohnen. Es kann nicht sein, dass solche Mehrleistungen am Ende des Monats dann von der Steuer aufgefressen werden.“ Dazu schlägt der FDP-Bundesvorstand vor, das Bürgergeld abzusenken, sollten Leistungsbezieher nicht annehmbare Arbeiten annehmen. Weite Teile der SPD und der Grünen lehnen dies ab. Dazu geht der Streit um die neue Kindergrundsicherung weiter. Die Kindergrundsicherung ist ein Herzensprojekt von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne). Allerdings soll dafür eine neue Behörde mit 5.000 Stellen eingerichtet werden, was die FDP, aber auch mittlerweile die Grünen laut Parteichefin Ricarda Lang selbst ablehnen. „Für uns geht es um Bürokratieabbau und nicht darum, weitere neue Stellen zu schaffen“, so Christian Lindner.
Erste Klimaklage vor EGMR erfolgreich
Ein Verein Schweizer Seniorinnen hat mit seiner Klage für mehr Klimaschutz seitens der Schweizer Regierung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Erfolg gehabt (wir berichteten in Ausgabe 20/2023). Das Gericht wies jedoch zwei ähnliche Klagen aus Portugal und Frankreich gegen die jeweiligen Regierungen ab. Die Richter der Großen Kammer verurteilten die Schweiz wegen Verletzung der Menschenrechtskonvention. Die Gruppe der Seniorinnen wirft ihrer Regierung vor, nicht genug gegen den Klimawandel zu unternehmen. Laut Medienberichten könnte das Urteil ein Präzedenzfall für weitere Klimaklagen sein. Es war mit Spannung erwartet worden, da der EGMR erstmals zum Klimawandel urteilte und sich mit der Frage befasste, inwiefern Klimaschutz ein Menschenrecht ist. Seine Urteile sind verbindlich.
Antriebstechnologie der Zukunft
Das saarländische Wirtschaftsministerium fördert ein gemeinsames Forschungsprojekt der Universität des Saarlandes sowie der Hochschule für Technik und Wirtschaft, das die Sensor- und Antriebstechnologie revolutionieren könnte. Das gab das Ministerium in einer Presseinfo bekannt. Dem Forschungsvorhaben mit dem Titel „TransDES“ stehen rund 500.000 Euro aus Landesmitteln und Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung zur Verfügung. Die Forscherinnen und Forscher arbeiten an einer 0,05 Millimeter dünnen Silikonfolie, die mit speziellen Beschichtungen als Sensor oder auch als Antriebssystem genutzt werden kann. Gelingt das Projekt, könnte das Ergebnis eine kostengünstige und leichtgewichtige Alternative zu heutigen Antrieben wie Elektromagneten oder -motoren werden. Mit Blick auf dieses Potenzial wurden im Saarland bereits erste Firmen gegründet.
Völklingen
Armut bekämpfen
In Völklingen im Quartier Nördliche Innenstadt ist mit der Unterzeichnung des ersten „Letter of Intent“ die quartiersbezogene Armutsbekämpfung gestartet. Das teilte das saarländische Sozialministerium mit. Mit dem ressort- und ebenenübergreifenden Ansatz will das Ministerium die in den vergangenen Jahrzehnten entstandenen Quartiere unterstützen, deren Bevölkerung in besonderem Maße von sozialer Ausgrenzung und Armut betroffen ist. Für jedes Quartier wird es im Ministerium einen Netzwerkmanager oder eine -managerin geben. Auf Völklingen folgen Saarbrücken-Burbach und Neunkirchen. „Armut zeigt sich nicht nur durch einen Mangel an finanziellen Ressourcen, sondern auch durch Unterschiede in Bildung und Arbeit, der Wohn- und Gesundheitssituation sowie der gesellschaftlichen Teilhabe“, sagte Sozialminister Magnus Jung (SPD). „Als Oberbürgermeisterin einer Mittelstadt mit mehr als 40.000 Menschen ist es mir ein großes Anliegen, keinen Stadtteil und kein Quartier als ‚abgehängt‘ zu betrachten“, ergänzte Völklingens Oberbürgermeisterin Christiane Blatt.
Union kritisiert Cannabis-Grenzwerte
Geht es nach der Expertenkommission der Bundesregierung, dann soll der THC-Grenzwert für Cannabiskonsumenten im Straßenverkehr angehoben werden. In der Union gibt es für diesen Vorschlag Kritik. „Dass sich die Verkehrssicherheit für jedermann damit nachhaltig verschlechtern wird, bestreitet hoffentlich niemand“, so der verkehrspolitische Sprecher, Thomas Bareiß (CDU). Die Union will die aktuelle Regelung von einem Nanogramm pro Milliliter Blutserum beibehalten, die Kommission hat eine Erhöhung auf 3,5 Nanogramm vorgeschlagen, vergleichbar mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille, so das Argument.
Deutschlandticket sorgt für mehr Fahrgäste
Die Einführung des Deutschlandtickets hat im vergangenen Jahr zu einem Anstieg der Fahrgastzahlen bei Bussen und Bahnen gesorgt. Fast elf Milliarden Fahrgäste waren 2023 in den Linienverkehren des Nah- und Fernverkehrs unterwegs, so das Statistische Bundesamt. Das waren sieben Prozent mehr als noch 2022, dem Jahr, in dem das 9-Euro-Ticket eingeführt wurde. Das Niveau vor der Corona-Pandemie 2019 wurde allerdings noch immer um knapp acht Prozent verfehlt. Seit dem 1. Mai letzten Jahres gilt bundesweit das 49-Euro-Ticket.
Wiegands Wahl Watch
Auf dem Weg zur EU-Wahl
Wie interessiert man mehr Menschen für die europäische Idee? Durch Herabsetzung des Wahlalters bei der Abstimmung über das Europäische Parlament. So dachten es sich die Gesetzgeber in Deutschland, Österreich, Malta und Belgien. In diesen vier der 27 EU-Mitgliedsländern darf man seine kontinentalen Volksvertreter schon mit 16 wählen.
„Wir wissen, dass Menschen, die schon in jungen Jahren mit dem Wählen beginnen, mit größerer Wahrscheinlichkeit auch später in ihrem Leben wählen gehen,“ sagt María Rodríguez Alcázar (28), Präsidentin des Europäischen Jugendforums (EYF). Das ist eine Plattform nationaler Jugendvertretungen. „Aber die Reife fehlt“, widersprechen vor allem ältere Menschen den Wahlalterabsenkungen. Kein gutes Argument: Die meisten einschlägigen Studien bestätigen, dass Jüngere es durchaus packen.
Tatsächlich kann Europa eine Verjüngung außer beim Wahlalter auch in der aktiven Politik vertragen. In der einzigen direkt gewählten EU-Institution, dem Europäischen Parlament, sind nur sechs der 705 Abgeordneten jünger als 30 Jahre alt. Problem: Europa ist ein zunehmend alternder Kontinent. Deshalb haben die Interessen der Älteren eine starke Lobby. Tendenziell nimmt die Macht der jungen Generation in der EU eher ab als zu. Junge Kandidaten haben es schwer, alte Hasen zu ersetzen.
Im Seniorenalter angekommen ist die Punkrock-Band „Die Ärzte“ um den 61jährigen Berliner Sänger, Schlagzeuger und Komponisten Bela B. Aber was hat die Kapelle mit der Europawahl zu tun? Nun, das in der Szene tonangebende Trio promotet gerade seinen Politsong „Demokratie“ als Wahlmobilisierungstool. Grund laut Bela B: Die Demokratie sei „ein besonders zu schützendes Gut“ geworden. Im Songtext heißt es unter anderem: „Und falls du dich jetzt fragst, wie man die Welt verbessern kann: Wie wär‘s mit Wählen geh‘n?“
Was wünscht sich Otto Normaleuropäer eigentlich von der Politik? Antwort gibt eine kürzlich publizierte Ipsos-Euronews-Umfrage. Danach ist ein stärker sozial ausgerichtetes Europa der größte Herzenswunsch der Menschen zwischen Stockholm und Sizilien. Fast zwei Drittel aller Befragten äußerten sich entsprechend.
Der Umfragebefund deutet aufkommende Konflikte zwischen Wunsch und Wirklichkeit an. Denn angesichts enormer finanzieller Belastungen, die Europa allein wegen der russischen Bedrohung an Verteidigungskosten schultern muss, dürfte der EU-Sack mit Wohltaten in den kommenden Jahren kaum viel größer werden. Es sei denn, Europa verschuldet sich weiter – wollen wir das?
Eine zentrale Rolle beim Aufstellen künftiger Budgets spielt die Leitung der Europäischen Kommission. Europaweit glauben Beobachter, dass das erneut die christdemokratische EU-Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen machen wird. Alle Umfragen sehen ihre Parteiengruppierung vorn.
Doch der deutschen Ex-Verteidigungsministerin bläst der Wind ins Gesicht. Gegen die 65jährige ermittelt die Europäische Staatsanwaltschaft wegen Verdachts auf „Einmischung in öffentliche Ämter, Vernichtung von SMS, Korruption und Interessenkonflikten.“ Es geht um Ungereimtheiten bei einer EU-Massenbestellung von Corona-Impfstoff. Warten wir ab, was daraus wird.
Nächste Woche mehr.
Wolf Achim Wiegand ist freier Journalist mit EU-Spezialisierung.