Als blonde Schönheit verdrehte sie 1976 „King Kong“ den Kopf und bekam für dieses Filmdebüt gleich den Golden Globe. Es folgten vier weitere Globes, zwei Oscars, drei Emmys und ein Tony. Die auch am Broadway erfolgreiche Künstlerin und Fotografin wird am 20. April 75.
Jessica Lange ging im Vorjahr im Film-Magazin „Deadline“ mit dem heutigen Hollywood-Business hart ins Gericht, weil dort „Kreativität jetzt zweitrangig gegenüber Unternehmensgewinnen ist“. Der Schwerpunkt liege weder auf der Kunst, noch auf dem Künstler oder dem Geschichten-Erzählen: „Es geht darum, Aktionäre zufriedenzustellen“. Leider fände sie heute kaum noch „wunderbare Filme von wirklich großartigen Filmemachern“ mit soliden Geschichten und großartigen Charakteren. Bei 90 Prozent der aktuellen Hollywood-Produktionen fehle ihr die Lust, sie sich anzuschauen. Konkret nennt sie die „großen Comic-Franchise-Filme“, etwa aus dem Marvel-Umfeld: „Diese Art von Filmemachen macht mich verrückt“, kritisiert Lange.
Übt sich auch in Branchenkritik
Trotz aller Branchenkritik lässt Lange sich aber immer wieder auf neue Projekte ein. Zuletzt sei dank ihrer mit mehreren Preisen ausgezeichneten Mitwirkung in der TV-Serie „American Horror Story“ (seit 2011-2015, 2018) und im Fernsehfilm „Grey Gardens“ (2009) die Begeisterung für ihren Beruf wieder zurückgekehrt. 2017 stand Lange für die acht Folgen umfassende TV-Serie „Feud – Die Feindschaft zwischen Bette (Davis) und Joan (Crawford)“ vor der Kamera und war dafür für den Emmy und den Golden Globe nominiert. Ihre Rolle als Joan Crawford spielt Lange auch in der „Feud“-Fortsetzung, die zwischen Januar und März 2024 in den USA unter dem Titel „Capote’s women“ zu sehen war. Außerdem wirkte sie in jüngerer Zeit in der achtteiligen TV-Serie „The Politician“ (2019) und 2022 in dem Krimi „Marlowe“ mit.
Dafür, dass Lange Ende des Vorjahres erneut ihr Karriereende angekündigt hatte, bleibt sie weiter ziemlich aktiv: So übernimmt sie eine Hauptrolle in der Verfilmung von Eugene O’Neills Theaterstück „Long Day’s Journey into Night“, in dem sie 2016 bereits auf der Theaterbühne gestanden und einen Tony Award erhalten hatte. Die Dreharbeiten sind allerdings ins Stocken geraten, ohne dass Lange die Gründe dafür bekannt sind: „Geld? Meinungsverschiedenheiten? Wer weiß, ob der Film jemals herauskommen wird“, übt sie Kritik an den oft unverständlichen Entscheidungen im Filmgeschäft. Des Weiteren hat Lange noch ein Film-Biopic über Marlene Dietrich in Aussicht: „Das ist ein Projekt, bei dem ich gern dabei wäre, aber es gibt derzeit keine Garantie, dass Filme wie dieser tatsächlich umgesetzt werden“, betont Lange 2023 im „New York Telegraph“. Auch an den Broadway ist die zweifache Oscargewinnerin gerade zurückgekehrt: Im Hayes Theatre spielt sie in „Mother’s Play“ die anspruchsvolle Rolle einer Mutter in deren Lebensphasen zwischen 30 und 80 Jahren.
Rückblickend auf ihre lange und sehr erfolgreiche Karriere spart Lange nicht mit Selbstkritik: „Ich wünschte, ich wäre wählerischer gewesen. Ich habe rund 35 Filme gedreht und nur auf vielleicht ein Drittel davon bin ich wirklich stolz“, sagte sie kürzlich im US-Magazin „Volture“. Wichtig sei es ihr immer gewesen, selbst Einfluss auf ihre Rollen zu haben: „Ich lasse mir nicht gerne sagen, was ich zu tun habe“. Entgegen dem Rat vieler Freunde hat Lange auch Verträge für TV-Serien unterschrieben und ist mit ihrer Entscheidung zufrieden. So sei die erste Staffel von „American Horror Story“ 2011 ein reizvolles Projekt gewesen, zu den weiteren Staffeln habe man sie aber dann überreden müssen. Angenehm bei Fernseharbeiten empfindet Lange es, dass es beim Drehen nicht so viel Leerlauf und Wartezeiten gibt wie am Filmset. Bei Filmdrehs habe es infolge technischer Neuerungen inzwischen auch viele negative Entwicklungen gegeben. So sitze heute der Regisseur meist in einem abgetrennten Raum und verfolge die Schauspieler auf Monitoren, statt wie früher direkt neben der Kamera und damit im direkten Austausch mit den Akteuren zu stehen: „Da gab es ein Zusammenspiel und eine Energieübertragung zwischen dem Regisseur und den Darstellern und du hattest den Eindruck, dass der Regisseur in jedem Moment an deiner Seite ist“, erinnert sich Lange gern an frühere Zeiten zurück.
Kunst und Fotografie
Neben ihrer Filmkarriere hat Lange sich immer für das Fotografieren interessiert und sogar einen Universitätsabschluss in Kunst und Fotografie gemacht. Mit ihrem ersten Mann, dem Fotografen Paco Grande, hat sie in mehreren europäischen Staaten gelebt und dort ausgedehnte Fotoreisen unternommen. Noch heute hat sie ihre Leica-Kamera immer dabei und ist stets auf Motivsuche. Lange hat zwischen 2008 und 2022 bereits vier viel gelobte Fotobücher veröffentlicht, zuletzt erschien im Vorjahr „Dérive“. Dafür war die Schauspielerin während der Corona-Zeit oft stundenlang durch das New York des 21. Jahrtausends gestreift und hat vor allem Menschen am Rande der Gesellschaft, heruntergekommene Gebäude und Graffiti-übersäte Wände fotografiert: „Ich habe mein Leben lang unter Einsamkeit gelitten und dieses Buch handelt besonders von Einsamkeit“. Das Fotografieren helfe ihr über diese Einsamkeit und wiederkehrende depressive Phasen hinweg.