Rollen wir an dieser Stelle das Repertoire von „Musafir“, Halvas drittem Album, doch ausnahmsweise einmal von hinten auf: Der Hochzeitstanz „Hora Mare“ beschließt dabei einen ungemein inspirierten Songreigen mit einem beschwingten, zugleich auch nostalgieseligem Dreiklang aus Geige, Klarinette und Akkordeon. Das sechs Minuten währende Lied unterbricht das Temperament dieser drei Instrumente immer wieder mit nachdenklichen Interplays – und lässt emotional berührte Hörer und Hörerinnen zurück. Jene waren zuvor durch „Microcosm (Lullaby)“ mit einem Schlaflied für Erwachsene konfrontiert. Der Text, der ein Wieder-Kleinwerden erlaubt, wird auf Griechisch dargeboten. Um die Sehnsucht nach einer tröstenden Hand, nach Lachen und Weinen ohne Norm, nach Spiel und Flow, nach ausreichend Schlaf und süßen Träumen geht es darin.
Das von rumänischem Folk inspirierte „Sirba“ klingt dann wieder ausgelassen fröhlich. Und auch hier sind Streicher, Klarinette und Akkordeon federführend. „The Journey“ ist eine Reise zu osteuropäischer Folklore. Das Verlassen der Heimat und verlorene Liebe, mithin Fluchterfahrungen sind darin die zentralen Themen.
Die neu zur Band hinzu gestoßene Griechin Andriana Achitzanova singt auch diesen Song mit angemessener Sehnsucht und Würde. Das Bewahren von Tradition, das Einlassen auf Neues und das scheuklappenfreie Kombinieren von beidem sind diese Arten von Herausforderungen, die Halva musikalisch virtuos zelebrieren. Nicolaas Cottenie ist als Hauptkomponist und Arrangeur von herausragender Bedeutung für den wundersamen Sound seines Ensembles. Wenn er sich auf Klangsuche in andere Länder begibt, lernt er nicht nur die jeweiligen Sprachen, sondern auch landesüblich zu kochen. Er nimmt an Festen teil, macht lange Spaziergänge durch die Natur und lässt sich von lokalen Musikern unterrichten.
Diese beschriebene Offenheit spürt man über die gesamte Laufzeit von „Musafir“ (übersetzt so viel wie Gast, Reisender). Neben den Melodie-Instrumenten ist für den genüsslichen Konsum auch die lediglich aus Percussion bestehende „Rhythmusgruppe“ verantwortlich.