Der 1. FC Saarbrücken vollendet die englische Woche mit einem Kraftakt und kann nun den Relegationsrang aus eigener Kraft schaffen. Im Mittelpunkt steht Luca Kerber.
Wenn ein Spieler einen Verein verlässt, dann geht das nicht selten mit Misstönen einher. Dass es auch anders geht, beweisen Luca Kerber und die Fans des 1. FC Saarbrücken derzeit eindrucksvoll. Nach dem 4:1-Erfolg gegen den SV Sandhausen forderten die völlig euphorischen Anhänger den 22-Jährigen auf, den Platz des Vorsängers auf dem Zaun einzunehmen. Bereits zuvor hatten sie den doppelten Torschützen mit Sprechchören gefeiert. Als Kerber fünf Minuten vor dem Ende den Platz verließ, erhoben sich auch die bequemsten Tribünen-Besucher. „Das war mir fast ein bisschen peinlich. Ich war leicht überfordert mit der Situation“, sagte der gebürtige Dillinger anschließend.
Luca Kerber geht voran
Dreieinhalb Jahre nach seinem ersten Profi-Einsatz wird Kerber den 1. FC Saarbrücken Richtung Bundesliga verlassen. Letztlich bekam der 1. FC Heidenheim den Zuschlag. „Ich habe einige Gespräche geführt, mir viele Sachen angehört. Es war eine bewusste Entscheidung“, sagte Kerber und erklärte, wie wichtig es ihm war, die Fans mit ins Boot zu nehmen: „Die Menschen hier haben mich immer unterstützt. Es war mir daher wichtig, die Entscheidung frühzeitig bekannt zu geben“, sagte er bereits vor dem Spiel. Seit seiner Entscheidung hat der FCS dreimal gewonnen: Kerber hat dabei drei Tore erzielt und zwei weitere vorbereitet. „So ist das manchmal im Fußball. Wenn wir verloren hätten, wäre die Stimmung auch mir gegenüber wohl anders“, sagte Kerber nach dem 4:1-Sieg am Samstag.
Nach einer durchaus schwungvollen und intensiven ersten Halbzeit lagen die Blau-Schwarzen vor mehr als 11.000 Zuschauern etwas unglücklich mit 0:1 zurück. Der einzig wirklich zwingende Torschuss der Sandhäuser schlug abgefälscht hinter FCS-Keeper Tim Schreiber im Tor ein. In der zweiten Halbzeit taten sich die Blau-Schwarzen lange Zeit schwer. Mit einer Energieleistung leitete Routinier Marcel Gaus nach 68 Minuten ein. Sein Schuss wurde ebenfalls entscheidend abgefälscht. Danach brachen alle Dämme. Angetrieben von den eingewechselten Calogero Rizzuto, Kasim Rabihic und Kai Brünker drehte der FCS die Partie und kam durch einen Doppelpack von Kerber sowie eines Treffers von Brünker zum letztlich auch in der Höhe verdienten 4:1-Sieg. „Da muss ich den Hut vor meiner Mannschaft ziehen, dass sie diese Energieleistung abrufen konnte. Wir hatten nach den Wechseln jede Menge Wucht auf dem Feld, das hat heute den Ausschlag gegeben“, sagte Trainer Rüdiger Ziehl nach dem Spiel sichtlich beeindruckt, gestand aber auch ein, dass sein Team bei sommerlichen Temperaturen auch das nötige Spielglück hatte: „Wir hatten in der zweiten Halbzeit eine Phase, in der wir uns sehr schwergetan haben. Der Ausgleich lag nicht unbedingt in der Luft.“
Das musste auch Doppelpacker Kerber zugeben, der freimütig einräumte, eigentlich nicht seinen besten Tag gehabt zu haben. „Manchmal macht man kein gutes Spiel und schießt dann entscheidende Tore und ist der gefeierte Held.“
Hitziges Duell auf Giesings höhen
Nach drei Siegen in Folge und den Ergebnissen der Konkurrenz kann der FCS den Relegationsplatz wieder aus eigener Kraft schaffen. Vor einigen Wochen war das noch undenkbar. Sechs Spiele hat der FCS noch und eigentlich muss er alle gewinnen, um zumindest Platz drei zu erreichen. Und so wird die Fußballer-Floskel, dass man von Spiel zu Spiel denken müsse, zum Standardsatz im FCS-Repertoire. „Wir waren schon abgeschrieben, jetzt fangen die Fans wieder an zu träumen. Es liegt an uns, diesen Traum zu verlängern. Aber wir wissen auch, dass es nach einem Ausrutscher schon fast vorbei sein kann“, sagte Ziehl. Doch sein Team hat die herbe Enttäuschung vom Pokal-Aus gegen den 1. FC Kaiserslautern gut verkraftet. Und in der heißen Saisonphase kann Ziehl kräftig durchwechseln und das ohne Qualitätsverlust. Gegen Sandhausen rückte beispielsweise erstmals seit Wochen wieder Dominik Becker in die Startelf und machte ein bärenstarkes Spiel. „Man muss da sein, wenn man gebraucht wird. Bone Uaferro hat vorher zweimal richtig gut gespielt, aber ich glaube, der Trainer hat heute gesehen, dass er sich auf mich verlassen kann“, sagte der gebürtige Koblenzer. Und noch einer meldete sich zurück. Kasim Rabihic, von Ziehl lange geschützt und schließlich doch auf die Bank verbannt, bereitete den 2:1-Führungstreffer von Kerber traumhaft vor und hatte auch sonst viele gute Momente nach seiner Einwechslung. „Kasim hatte eine schwächere Phase. Mich freut es für ihn, dass er heute gezeigt hat, dass er wieder da ist“, sagte Ziehl.
Am Samstag geht es für den FCS zum hitzigen Duell auf Giesings Höhen zu 1860 München. „Das nächste Spiel ist immer das schwerste. Und das ist richtig schwer. Wir sind gut beraten, bei uns zu bleiben und in jedem Spiel ans Maximum zu gehen“, sagte Kerber, der angesprochen auf die Frage, ob es sein Traum sei, sich mit dem Aufstieg von seinem Herzensclub zu verabschieden, bemerkenswert trocken antwortete: „Dafür müssen wir weiter Topleistungen bringen. Träumen bringt da gar nichts.“