Der saarländische Gastro-Nachwuchs ermittelte kürzlich seine Jugendmeister. Ein Sprungbrett für die Deutschen Meisterschaften, aber auch ein persönlicher Ansporn in den Startlöchern einer Karriere.
Das Gastgeben steckt ihnen im Blut. Ausdauer gehört zur Grundausstattung und ein dickes Fell haben die meisten allemal: Der Nachwuchs der Gastro- und Hotelszene im Saarland zog bei den Landes-Jugendmeisterschaften Anfang April in Spiesen alle Register seines Könnens. Es ging um den begehrten Titel des Landesmeisters, der vom Dehoga Saarland mit Unterstützung des Technisch-gewerblichen Berufsbildungszentrums II und der Michael-Freiberger-Stiftung vergeben wird.
Sechs Restaurant- und Veranstaltungsfachleute, sechs Hotelfachkräfte sowie sechs Köche aus unterschiedlichen Hotel- und Restaurantbetrieben des Saarlandes verzauberten die rund 50 geladenen Gäste mit einem jeweils unterschiedlichen Viergang-Menü. Kreativität beim Kochen, Machbarkeit samt Zeitmanagement, aber vor allem auch das Zusammenspiel zwischen Küche und Service standen auf dem Prüfstand und unter den aufmerksamen Augen der 16-köpfigen Jury.
„Die Saarlandmeisterschaft in ihrer 42. Auflage ist eine ideale Vorbereitung auf die Abschlussprüfung“, erklärt Christian Sersch, Geschäftsführer der „Seezeitlodge Hotel & Spa“ in Nohfelden-Gonnesweiler und verantwortlich im Vorstand des Dehoga Saarland für Aus- und Weiterbildung. Den Gewinnern des Wettbewerbs winkt die Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften im Oktober im renommierten „Steigenberger Hotel“ auf dem Petersberg in Bonn. Und da hat das Saarland im letzten Jahr mit zweimal Bronze im Einzel und einmal Silber im Team so richtig abgeräumt und somit einen guten Ruf zu verteidigen. „Wir haben Geschmack daran gefunden, auf dem Treppchen zu stehen“, betonen die Saarland-Siegerinnen der letzten Jahre, Lea Hammenstede und Annalena Meyer, gleichzeitig Jury-Mitglieder.
Jeder Handgriff muss sitzen
Auf die 18 finalen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich zuvor in einer schriftlichen Prüfung im März qualifiziert haben, wartet ein arbeitsreicher Tag. Eine Tätigkeit, an deren Ende man sofort eine Resonanz erhält. Im positiven wie auch im negativen Sinne, denn entweder es hat geschmeckt, der Service war top und das Ambiente war stimmig, oder eben auch nicht.
Der Umgang mit Menschen, mit unterschiedlichen Kulturen, die Vielseitigkeit des Berufs waren für Kim Sophie Heckmann ausschlaggebend, eine Karriere im Service in der Seezeitlodge zu starten. Für die angehende Köchin Lena Benning vom Linslerhof in Überherrn sind es handwerkliches Geschick und Kreativität in der Küche, die immer wieder anspornen. Dafür hat sie sogar den Beruf der Mediengestalterin an den Nagel gehängt. Und auch Lukas Bauer vom „La Maison“-Hotel in Saarlouis scheint seine Berufung „hinter dem Herd“ nach verschiedenen Stationen in anderen Bereichen gefunden zu haben.

Inzwischen haben die Köche den Warenkorb gesichtet und die vorbereitenden Arbeiten begonnen. Aus diesen Zutaten soll innerhalb von sechs Stunden ein schmackhaftes Menü auf den Teller kommen. Die Restaurant- und Hotelfachkräfte müssen am Vormittag zunächst eine komplexe Aufgabe lösen. Ein kurzes Briefing, eine simulierte Prüfungssituation, selbstverständlich ohne Smartphone. Während die Restaurant- und Veranstaltungsfachleute ein festliches Bankett planen, steht für die Hotelfachkräfte zunächst mal Housekeeping auf dem Programm. Die angehende Hotelfachfrau Saskia Kiefer von Victor’s Residenz-Hotel Schloss Berg in Perl hat den praktischen Teil gemeistert und beim Hotelcheck die versteckten Mängel im Hotelzimmer gefunden und abgestellt. Sogar ein Hemd musste gebügelt werden. Das richtige Geschirr und Besteck, die Gläseranordnung, das Eindecken des Tisches, die Laufrichtung beim Bedienen, jeder Handgriff muss sitzen, Absprache zwischen Service und Küche ist das A und O. Irgendjemand muss den Hut aufhaben. Die Gastro-Branche sei durchaus hierarchisch organisiert, erklärt Christian Sersch, aber ohne das gehe es nicht. „Der Gast soll sich wohlfühlen, das steht über allem.“
Dafür bietet die Branche gute Aufstiegs- und vielseitige Einsatzmöglichkeiten. Dies betont die von Fachkräftemangel gebeutelte Branche. Die Wege sind dabei sehr unterschiedlich. Restaurantfachfrau Lea Hammenstede vom „Parkhotel“ in Weiskirchen absolviert derzeit ein zweijähriges Fernstudium „F & B Management“ (Food and Beverage, auf Deutsch Essen und Trinken), das Bindeglied zwischen Küche und Service. Gleiches gilt für Hotelfachfrau Annalena Meyer aus Bernkastel-Kues, die über eine Zusatzqualifikation „Deutsch-Französisches Management“ verfügt.
Wichtig sei vor allem die Veränderungsbereitschaft und Flexibilität, so Christian Sersch. Die Ausbildung zum Koch oder zur Restaurant- oder Hotelfachkraft öffne das Tor zur Welt. Erfahrung sammeln, neue Ideen kennenlernen, Aufgaben anders lösen, was gebe es Besseres, als über den eigenen Tellerrand zu schauen. „Wanderjahre“ nennt das Christian Sersch, immer verknüpft mit der Hoffnung, ins Saarland zurückzukehren und etwas Eigenes aufzubauen. Carlos Leon Jacob, Vorjahressieger bei den Köchen und Erster im Praxisteil auf der Deutschen Meisterschaft, zieht es auf jeden Fall erst einmal ins Ausland. „Vielleicht nach Portugal gemeinsam mit meiner Freundin, wenn sie die Ausbildung absolviert hat.“ Aber irgendwann auch mal zurück ins Saarland, denn im Bexbacher Stadtteil Höchen hat die Familie einen Gastronomiebetrieb erworben. Der Umgang mit Lebensmitteln scheint in der Familie zu liegen, denn schon sein Großvater, Vater und Onkel führten einen Metzgereibetrieb.
Da ist es wieder, das Gen, das in ihnen steckt. So wie bei Marvin Labudda von „Schlossberghotel“ Homburg, der schon zu Hause als Jugendlicher gern gekocht hat und derzeit sein Hobby zum Beruf macht. „Kochen muss Spaß machen und dann schmeckt es auch.“
Hochwertige Ausbildung
Die Lust, etwas Sinnstiftendes zu tun und der Kreativität freien Lauf lassen dürfen, sind gute Voraussetzungen für einen Job in der Gastro- und Hotelbranche, heißt es. „Auch wenn die Bezahlung der Knackpunkt ist, so hat sich doch vieles zum Besseren gewandelt, allen voran die Arbeitszeiten“, betont Frank C. Hohrath, Hauptgeschäftsführer der Dehoga Saarland. So gibt es sehr viele flexible Arbeitszeitmodelle in der Branche, sogar die Vier-Tage-Woche, die Arbeitgebern und Arbeitnehmern entgegenkommen. Zwar hat die gesamte Branche in der Corona-Zeit stark gelitten, aber inzwischen ist die Lust, Gastgeber zu sein, wieder spürbar gestiegen. „Auch wenn andere Branchen mit 9-to-5-Jobs locken oder mit höheren Gehältern, sieben von zehn Leute sind in unsere Branche zurückgekehrt“, sagt Christian Sersch. Sie sei eben spannend, kreativ und abwechslungsreich. Außerdem gebe es eine qualitativ hochwertige Ausbildung mit vielen Wettbewerben, Messen und Fortbildungsmöglichkeiten. Aktuell sind im Saarland rund 250 Köche in Ausbildung, 200 Hotelfachleute und 100 Restaurant- und Veranstaltungsfachleute. „Benötigt werden mindestens doppelt so viele“, betont Frank C. Hohrath. Woran es außerdem massiv mangelt, sind die vielen fehlenden Aushilfskräfte, die sich in der Corona-Zeit einen anderen Job besorgt haben.
Inzwischen sind die Tische für das Viergang-Menü eingedeckt, der Sektempfang vorbereitet und die ersten Gäste trudeln ein. Ein letzter Check und es kann losgehen, angefangen mit der Begrüßung durch den Präsidenten des Dehoga Saarland, Michael Buchna.
Lachs in verschiedenen Variationen als Vorspeise, Dreierlei vom Blumenkohl mit Nusscrunch als Zwischengang, Kalbshüfte im Wirsingmantel und Kalbsbries im Duett als Hauptgang sowie ein Dessert mit Rhabarber, Eis und etwas Cremiges. Dazu die passenden Weine. Alles kredenzt unter den Argusaugen der Juroren. Eine Herausforderung für die künftigen Fachkräfte.
Nach drei Stunden dann der Höhepunkt für die jungen Leute: die Bekanntgabe der Sieger. Der angehende Koch Dennis Schneider von der „Seezeitlodge“, die Restaurant- und Veranstaltungsfachkraft Melina Weppler vom „La Maison“-Hotel und die Hotelfachkraft Adrian Hasani von der „Seezeitlodge“ werden das Saarland bei den Deutschen Meisterschaften vertreten. Alle waren am Ende eines langen Tages erschöpft und zufrieden. Harte Arbeit und Training zahlten sich aber aus.