Dass die Fashionindustrie selten einen grünen Fußabdruck hinterlässt, ist kein Geheimnis. Doch es gibt auch neue Ansätze.
Man müsste sich nicht entscheiden zwischen „grün“ oder „style“, findet Sinah Schlemmer. Die Designerin setzt sich aktiv gegen das Waldsterben ein. Aus diesem Grund bestehen nicht nur sämtliche Entwürfe zu 100 Prozent aus Upcyling-Materialien, auch kommt noch jeder Verkauf direkt dem Wald zugute, denn es wird ein Baum gepflanzt. Wo? Im Westerwald. Nach dem Motto „Alte Stoffe – Neuer Wald“ soll ein Aufforstungsprojekt ein Stück Kindheit wiederbringen. Damals spielte Schlemmer dort, heute ist der Wald fort. Ein Fotoshooting macht das Ausmaß des Sterbens deutlich und zeigt gleichzeitig, wie schick Klamotten aus dem Altkleidersack aussehen können. Der Erlös der Kollektion soll den Wald nach Welschneudorf zurückbringen. Die Challenge hat sich die ambitionierte Designerin selbst gesetzt. Sie möchte in sechs Monaten 5.000 Euro sammeln, um damit die durch Hitze gestorbenen Bäume zu ersetzen. Das Gelingen dokumentiert der SWR. Einer der Verkaufsschlager sind Shirts mit der Aufschrift „Don’t Label me“. Damit ist gemeint, dass die Designs weder einer Zeit noch einem Stil geschweige denn einem Geschlecht zuzuordnen sind. Es gilt „Just make it your own“. Hergestellt wird Schlemmers Kollektion ausschließlich in Deutschland.
Pro Verkauf wird ein Baum gepflanzt
Ähnliche Ambitionen verfolgt Wijld. Über den Onlineshop www.wijld.com erreichen Fashionbegeisterte nicht nur schicke grüne Teile, sondern gleich noch ein Aufforstungsprojekt namens Waldemar. Ein identisches Anliegen, ein anderer Wald. Bereits seit 2015 setzten sich die kreativen Köpfe hinter dem Label nicht nur für den Umweltschutz ein, sie entwerfen auch Mode aus Holz. „In der Überzeugung, dass ein grüner Weg für die Modeindustrie unerlässlich ist, haben wir heute mit großer Freude und ein wenig Holzstaub auf den Schultern etwas wahrlich Besonderes zu präsentieren: Unsere wohl nachhaltigsten T-Shirts“, lassen sie dazu auf ihrer Webseite verlauten. Was zunächst kratzig und unbequem klingt, ist tatsächlich sehr bequem und atmungsaktiv im Alltag. Zur Kollektion gehören neben den Shirts auch Tank Tops, Socken, Boxershorts, Longsleeves und Hoodies. Neben all den ökologischen Vorteilen von Holzfasern bieten sie einen riesigen Tragekomfort. Sie sind antiallergen, sehr weich und fühlen sich deshalb an wie eine zweite Haut.
Das konnte sogar eine Studie an der Universitätsklinik in Heidelberg belegen. 80 Prozent der Teilnehmer bestätigten, dass sich ihr Hautbild verbesserte und sie die hautsensorischen und thermoregulatorischen Eigenschaften der Kleidung überzeugend fanden. Außerdem können die Pflanzenfasern Wasser besser aufnehmen. Das reduziert die Schweißbildung erheblich und führt dazu, dass die Woodshirts auch weniger häufig in der Wäsche landen. Ein weiteres Plus für das Klima. Das Material ist entscheidend.
Das finden auch die Gründer von Tentree.eu. Ursprünglich war das Ganze als Initiative zum Aufforsten der kanadischen Wälder gedacht. Bereits im Jahr 2020 wurden mehr als 50 Millionen Bäume gepflanzt und Tentree arbeitete mit Profit. Inzwischen gibt es eigene Modelinien, die in Zusammenarbeit mit bekannten Künstlern und Designern entstehen. Dabei basieren alle Kollektionen auf einer einfachen Annahme: „Unsere Kleidung definiert nicht nur, wie wohl wir uns fühlen, sie ist auch entscheidend für die Gesundheit der Welt.“ Deshalb setzt man bei Tentree auf nachhaltige Textilien. Die bestehen zu 99 Prozent aus Stoffen, die kompostierbar sind oder textilen Abfall recyceln, dem auf diese Weise ein neues Leben eingehaucht wird. Zusätzlich spendet die Umwelt-Initiative für jedes verkaufte Kleidungsstück einen Baum ganz nach dem Anspruch, mit der eigenen Mode eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. Aktuell gibt es eine neue Kollektion, die in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler Luke Swinson entstanden ist. Seine Motive zieren Cardigans, Shirts, Hoodies, Hosen und zahlreiche Accessoires. Zu bestellen ist die Linie genau wie alle anderen Designs über die eigene Webseite. Das Unternehmen selbst hat seinen Sitz in Kanada. Dementsprechende Unterstützung erhalten die kanadischen Wälder. Was dem grünen Fußabdruck weltweit natürlich keinen Abbruch tut.
Zusammenarbeit mit Luke Swinson
Nachwirken sollen auch die Entwürfe vom Ederbergwald. Hier handeln die Designer ganz nach dem Motto: „Mode für jetzt. Mode für immer.“ Gemeint sind damit faire, nachhaltige Stücke, hergestellt in Europa. Die Menschen sollen den Wald fühlen. „Wir wollen nicht nur dem Menschen, der die Kleidung für uns hergestellt hat, sondern auch der Natur, aus der die Rohstoffe für die Kleidung kommt, fair behandeln und beiden etwas zurückgeben“, bekräftigen die Designer ihren Anspruch an die Mode. Dazu unterstützen sie eigenständig Naturschutzprojekte im Ederbergland, aber auch anderswo, wo Bedarf dafür ist. Zum Einsatz in der Produktion kommt Bio-Baumwolle. Die ist nicht nur beliebt, sie ist ebenso ökologisch und zudem ausgesprochen pflegeleicht. Schließlich soll die Waldmode schick aussehen und lange halten. T-Shirts, Pullover und Mützen sind mittlerweile im Onlineshop erhältlich. Sie alle sollen vor allem eines: beständig sein. Deshalb sind die Designs sehr zurückhaltend gewählt und stehen ihr und ihm gleichermaßen gut zu Gesicht. Seit 2021 gibt es für Interessierte auch einen Pop-up-Store. Dieser befindet sich bei Liss Bett in der Rössenauer Straße 13 a in Frankenberg. Wer mag, der kann dort nicht nur mit Bargeld oder Kreditkarte, sondern mit Klimaboni bezahlen.
Zwar keine Boni, aber dafür viel Aktionismus entwickelt auch das Label Forest for the Trees. Passend zum Anliegen kommen hier alle Shirts und Hoodies mit einem unverkennbaren Baumlogo daher. „Who plants a tree, plants hope“. Wer einen Baum pflanzt, der pflanzt Hoffnung und deshalb lohnt hier ein Kauf nicht allein wegen des hohen Tragekomforts, sondern für das große Ganze.