Jake Gyllenhaal hat sich in Hollywood als wandlungsfähiger und sensibler Charakterdarsteller einen Namen gemacht. Scheinbar mühelos gelang ihm der Spagat zwischen Arthouse-Dramen und Blockbuster-Movies. Jetzt wandelt er als muskelbepackter Rausschmeißer in dem Remake von „Road House“ auf den Spuren von Patrick Swayze.
Jacob Benjamin Gyllenhaal, Jahrgang 1980, ist der Sohn des Filmemachers Stephen Gyllenhaal und der Drehbuchautorin Naomi Foner. Er wuchs in Los Angeles auf und spielte mit elf Jahren in seinem ersten Film „City Slickers – Die Großstadthelden“ den Sohn von Billy Crystal. Der Sprung vom Kinderstar zum Charakterschauspieler gelang ihm 2001 mit dem Kultfilm „Donnie Darko“, in dem auch seine Schwester Maggie zu sehen ist. Die Rolle des psychisch schwer angeschlagen Teenagers Donnie spielte der damals 20-Jährige so einfühlsam und intensiv, dass er eigentlich dafür prädestiniert schien, sein Geld künftig mit Arthouse-Movies zu verdienen. Überraschenderweise holte ihn dann aber der Katastrophenfilme-Macher Roland Emmerich für seine Endzeit-Vision „The Day After Tomorrow“ (2004) als Hauptdarsteller. Und plötzlich war Feingeist Gyllenhaal im Mainstream aufgeschlagen.
Danach spielte Gyllenhaal in dem Golfkriegsfilm „Jarhead – Willkommen im Dreck“ (2005) und war auch da mit Leib und Seele dabei. Für seine Rolle als Scharfschütze der US-Marines nahm er nicht nur an dem wochenlangen Ausbildungsdrill der echten Soldaten teil, sondern ließ sich sogar kurzerhand eine Glatze scheren. Und dann, im selben Jahr, spielte er in Ang Lees Drama „Brokeback Mountain“ einen schwulen Cowboy, der sich in Heath Ledger verliebt. Dafür wurde Jake Gyllenhaal 2006 als bester Nebendarsteller zum Oscar nominiert. Anschließend glänzte er in dem meisterhaften Thriller „Zodiac – Die Spur des Killers“ unter der Regie von David Fincher und spielte bald darauf in dem – nicht ganz so meisterhaften – Blockbuster „Prince of Persia: Der Sand der Zeit“ mit.
Auf viele Filme sehr stolz
Was denn nun? Charakterdarsteller oder Hollywoodstar? „Ich hoffe doch, dass sich das nicht ausschließt. Allerdings dürfte es sich herumgesprochen haben, dass man mit Rollen in Independent-Filmen nur schwer über die Runden kommt. Ich strebe mittlerweile – wie viele meiner Kollegen in Hollywood – eine Mischkalkulation an. Das heißt, nach so einem Mainstream-Movie wie ‚Prince of Persia: Der Sand der Zeit‘ spiele ich auch gerne wieder in einem kleinen, aber feinen Independent-Film wie ‚Source Code‘ mit“, meint Jake Gyllenhaal mit einem Schmunzeln. „Und ich glaube sogar, dass ich durch diese vielen unterschiedlichen Rollen eben auch sehr unterschiedliche Genres bediene – und genau damit bis jetzt einer Typisierung erfolgreich ausgewichen bin. Allerdings ist das nicht ungefährlich. Denn für viele Studios wird man schnell uninteressant, wenn man lange keinen Kinohit mehr hatte.“
Nach einer längeren Gesprächspause – während der er in der Luxus-Suite des Londoner Dorchester-Hotels anscheinend hochkonzentriert das Tapetenmuster studiert – nimmt er dann den Gesprächsfaden wieder auf: „Aber natürlich spiele ich am liebsten in Filmen mit, die etwas zu sagen haben und über das übliche Popcorn-Entertainment hinausgehen. Doch selbst ein Blockbuster wie ‚The Day After Tomorrow‘ thematisiert ja die Klimakatastrophe. Und ‚Jarhead‘ erzählt vom Wahnsinn des Golfkrieges; ‚Brokeback Mountain‘ rührt am Tabu der Männerliebe, und auch in dem Film ‚Love and other Drugs‘, den ich zusammen mit Anne Hathaway gemacht habe, geht es doch um die Hybris der amerikanischen Pharma-Industrie. Alles Filme, auf die ich sehr stolz bin.“
Bei einem Regisseur als Vater, einer Drehbuchautorin als Mutter und einer Schauspielerin als ältere Schwester war es wohl keine Frage, dass er selbst den Beruf des Schauspielers ergreifen würde – oder? „Nicht wirklich“, lacht Jake Gyllenhaal und schüttelt den Kopf. „Meine Eltern haben mich lange davon abbringen wollen, diesen verrückten und finanziell sehr unsicheren Beruf zu wählen. Sie wussten aus eigener Erfahrung, wie hart und ungerecht das Filmbusiness sein kann. Aber als ihnen klar wurde, dass meine Begeisterung für die Schauspielerei nichts mit ‚Flausen im Kopf‘ zu tun hatte, sondern echt war, haben sie mich auf jede erdenkliche Art und Weise unterstützt. Für mich liegt die Liebe zur Schauspielerei vor allem im Geschichtenerzählen. Am glücklichsten bin ich, wenn ich Teil einer großartig erzählten Geschichte sein darf. Das ist mein Motor als Künstler.“
Trotzdem zweifelte Jake Gyllenhaal auch immer wieder an seiner Berufung als Schauspieler. „Da gab es durchaus auch Durststrecken, in denen ich immer weniger Sinn darin sah, mich vor der Kamera zu produzieren. Wenn man lange genug dabei ist, ist das wohl unvermeidlich. Außerdem hatte ich immer weniger Spaß dabei, die meiste Zeit meines Lebens bei Dreharbeiten zu verbringen. Aber dann habe ich mich an meine großen Vorbilder erinnert, Paul Newman, Anthony Quinn, Steve McQueen und Marlon Brando, bei denen ja auch nicht immer alles Gold war. Und als ich mir ansah, wie gut sich meine Schwester Maggie im Filmbusiness schlägt, gab mir das auch wieder Hoffnung, weiterzumachen. Und plötzlich hatte ich auch wieder großen Spaß am Filmemachen.“
Die Familie ist ihm sehr wichtig
In seiner nun mehr als zwanzig Jahre umspannenden Hollywoodkarriere gaben ihm vor allem seine Familie und seine Freunde immer den Rückhalt, den er brauchte, um seine Batterien wieder neu aufzuladen. „Wenn ich zum Beispiel für meine engen Freunde gekocht habe und wir dann alle bei ein oder zwei Flaschen Wein um den großen Esstisch herum sitzen und uns unterhalten, bin ich wirklich glücklich. Und auch immer für meine Familie da zu sein, ist mir mittlerweile sehr wichtig. Das ist es doch, was das Leben eigentlich ausmacht. Das ist mir wichtiger als alles andere.“
Seit sechs Jahren ist der wohl wichtigste Mensch in Jake Gyllenhaals Leben das heute 28-jährige französische Elite-Model Jeanne Cadieu. Das ist umso bemerkenswerter, da Jake Gyllenhaal in der Vergangenheit eine sehr bewegte Dating-History hatte. Unter anderem hatte er Liebesaffären mit Kirsten Dunst, Natalie Portman, Reese Witherspoon und Taylor Swift. Interessant ist auch, dass er die Beziehung zu Jeanne Cadieu jetzt öffentlich gemacht hat. Denn früher hielt er seine Beziehungen, wenn nur irgend möglich, aus dem Scheinwerferlicht heraus. Was ihm allerdings nicht immer gelang. Er war lange Jahre ein gebranntes Kind – denn sämtliche Paparazzi von Los Angeles verfolgten ihn fast täglich auf Schritt und Tritt. „Es war zeitweise wirklich schlimm“, erinnert sich der heute 48-Jährige. „Es ist nicht einfach, wenn eine Beziehung unter dem Vergrößerungsglas der Medien zu Bruch geht. Das ist schon ohne all die Fotos und bösartigen Kommentare schlimm genug. Aber auch dadurch habe ich mich nicht verbiegen lassen.“
In einem Interview mit der britischen „Vogue“ bekannte er sogar, dass er sich jetzt, da er älter ist, wirklich mehr um sein Privatleben kümmern würde – und sich sogar vorstellen könne, eine Familie zu gründen. „Ich habe einen Punkt in meiner Karriere erreicht, an dem ich mich langsam nach etwas anderem umsehe. Mir wurde klar, dass ich viel zu viel Lebenszeit damit verbracht habe, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Das will ich nun ändern. Ich bin hungrig und neugierig auf andere Sachen.“
Das heißt aber nicht, dass er das Filmemachen ganz an den Nagel hängt. Nicht weniger als sechs Filme hat er 2024/2025 schon in der Pipeline. Darunter – nach dem Kriegsfilm „The Covenant“ (2023) – wieder ein Projekt mit dem britischen Filmemacher Guy Ritchie. Und nächstes Jahr im Frühjahr wird er an der Seite von Denzel Washington am Broadway in der Shakespeare-Tragödie „Othello“ zu sehen sein. Nicht zu vergessen sein neuer Film „Road House“ (wird zurzeit auf Amazon Prime Video gestreamt; siehe auch Filmtipp, Seite 80). In diesem Remake spielt er den Ex-Boxer Elwood Dalton, der sich im Road House als Rausschmeißer verdingt.
Gute Ratschläge vom Vater
Es ist – nach seiner Rolle als abgehalfterter Schwergewichtler in dem Boxer-Melodram „Southpaw“ (2025) – auf jeden Fall seine physisch anspruchsvollste Rolle. Als Dalton zeigt Jake Gyllenhaal nun stolz seinen extrem durchtrainierten Oberkörper. Statt Wohlstandsbäuchlein also stahlharte Sixpacks. Und praktisch null Prozent Körperfett. Dafür unterzog sich Gyllenhaal, der schon sein ganzes Leben lang sehr viel Sport treibt und sich gesund ernährt, einem sechswöchigen intensiven Work-out. Unter anderem kam da auch der sogenannte Versaclimber zum Einsatz, ein Cardio-Gerät, das eine Mischung aus Klettermaschine und Stepper ist. Das Resultat: Ein Mega-Body, vor dem selbst Arnold Schwarzenegger vor Neid erblassen dürfte.
Jake Gyllenhaal ist seinen Weg immer geradlinig gegangen. Und hat dabei viele Hochs und Tiefs überstanden, ohne große körperliche oder seelische Blessuren. Sehr zu Herzen nahm er sich bei diesem Karriere-Trip vor allem einen Rat, den ihm sein Vater gegeben hatte: „Sei neugierig auf das Leben, sei abenteuerlustig, habe keine Angst, Grenzen zu überschreiten. Wage es, du selbst zu sein.“
Lachend meint Jake Gyllenhaal dann noch: „Aber den allerbesten Ratschlag hat mir mein Patenonkel Paul Newman gegeben. Der sagte nämlich: ‚Beschleunige erst dann wieder, wenn du fast schon aus der Kurve heraus bist.‘ Er war ja ein passionierter Sportwagen-Rennfahrer und hat mir vor vielen Jahren übrigens auch meine erste Fahrstunde gegeben.“ Ob es viel genützt hat, darf bezweifelt werden. Denn laut Gyllenhaal sei er selbst „ein sehr vorsichtiger Autofahrer, der gern langsam unterwegs ist. Das Auto, das du auf der Autobahn anhupst, damit es aus dem Weg fährt – darin sitze höchstwahrscheinlich ich.“