Drei Fragen
Hungern gegen globale Erderwärmung
Der Kanzler müsse endlich zugeben, dass seine Klimapolitik gescheitert sei, sagt der 56-jährige Klima-Aktivist Richard Kluse.
Herr Kluse, glauben Sie, dass Sie mit Ihrem Hungerprotest in einem Zelt-Camp in Sichtweite des Kanzleramts tatsächlich etwas erreichen können?
Schon die Tatsache, dass Sie als Reporter hier sind, zeigt doch, dass wir Aufmerksamkeit erzeugen, und die ist wichtig für unser Anliegen in unserem Camp „Hungern bis ihr ehrlich seid“. Es geht uns darum, dass Bundeskanzler Olaf Scholz öffentlich zugibt, dass seine Klimapolitik restlos gescheitert ist. Alle Klimaziele der Bundesregierung werden total verfehlt und jetzt muss endgültig umgesteuert werden. Unser Hungerstreik ist also kein Kampf gegen die Bedürfnisse unseres eigenen Körpers, sondern für die Zukunft der kommenden Generationen. Wir wollen, dass die Politik endlich handelt und nicht weiterhin bloß große Versprechungen macht.
Aber der Versuch, mit dem eigenen Körper die Politik zu erpressen, hat doch noch nie funktioniert, oder?
Das Wort „erpressen“ lasse ich so nicht gelten, weil das niedrige Beweggründe voraussetzen würde, und das ist in diesem Fall nicht gegeben. Sondern hier geht es um die Rettung der Menschen auf der Erde vor der globalen Erderwärmung. Es geht hier aber auch darum, dass der Kanzler unsere Verfassung und seinen Amtseid einhält, und zwar zum Schutze des Deutschen Volkes. Doch das macht er derzeit nicht. Es ist ein Wahnsinn, dass wir jetzt so eine Kampagne machen müssen, damit der Kanzler endlich mal die Wahrheit sagt. Wir verfehlen hier auf allen Ebenen die Klima-Vorgaben, die sich die Bundesregierung selber gegeben hat, trotz aller Beteuerungen.
Wie weit wollen Sie mit Ihrem Hungerstreik gehen?
Soweit ich das körperlich kann! Irgendwann ist Schluss. Jetzt nach vier Wochen Hungerstreik geht es mir erstaunlich gut. Ich bin schwach, aber im Kopf immer noch hellwach. Und wir werden hier vor dem Kanzleramt nicht aufgeben. Es muss endlich ein Umsteuern geben, insofern, dass die Bundesregierung nicht nur verkündet, sondern auch handelt. Im Straßenverkehr ist bei den Emissionen gar nichts passiert. Die Kohlekraftwerke sollten abgeschaltet werden, doch jetzt laufen sie weiter. Dann setzt die Bundesregierung auf Gaskraftwerke, doch die CO2-Bilanz sieht bei denen auch nicht besser aus. Darum gilt: hungern für eine Zukunft ohne fossile Energie. Interview: Sven Bargel
Punker-Urlaub auf Sylt
Zum dritten Mal in Folge bekommt Deutschlands bekannteste Ferien-Insel Sylt in diesem Jahr ungewohnten Besuch. Deutschlands Punker wollen von Mitte Juli bis Anfang September wieder dort einfallen und ihre Ferien auf der Nordsee-Insel mit vielen Partys gestalten. Zum ersten Mal wurde die Inselhauptstadt Westerland 2022 von den Punks überrannt. Auslöser war das damals eingeführte neun Euro-Ticket für die Bahn. „Uns liegt in der Tat eine Anmeldung eines Protestcamps auf Sylt für den Zeitraum 22. Juli bis 1. September 2024 vor“, sagte Hans-Martin Slopianka, Sprecher des Kreises Nordfriesland, der auch für Sylt zuständig ist. Im Vorfeld soll nun mit den „Urlaubs-Punks“ in Kooperationsgespräche mit der Versammlungsbehörde, die „Aktion Sylt“ abgesprochen werden. Dabei soll unter anderem Ort, Fläche und Teilnehmerzahl geklärt werden.
Niederlage für Berliner SPD-Chef
Der Berliner SPD-Landesverband ist auf der Suche nach einer neuen Spitze und hat dazu eine Mitgliederbefragung abgehalten. Diese endete für den SPD-Chef Raed Saleh, der im Amt verblieben war, nachdem seine Co-Vorsitzende Franziska Giffey bereits im Januar ihren Abschied von der Führung des Berliner SPD-Landesverbandes bekannt gegeben hatte, in einem Debakel. Raed Saleh hatte sich im Mitglieder-Votum nun gemeinsam mit der Bezirkspolitikerin Luise Lehmann aus Marzahn-Hellersdorf als Doppelspitze beworben und eine krachende Niederlage zur Kenntnis nehmen müssen. Das Duo kam auf nicht einmal 16 Prozent der Stimmen in der Mitgliederbefragung. Doch der noch amtierende Berliner SPD-Chef will sich nicht unterkriegen lassen und kündigte nach seinem Aus bei der Mitgliederbefragung an, weiter Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus bleiben zu wollen. Nun kommt es zu einer Stichwahl unter den Berliner SPD-Mitgliedern zwischen den beiden verbliebenen Bewerber-Duos für die neue SPD-Führung an der Spree.
Gründe für Blitz-Evakuierung bekannt
Nachdem in Berlin-Schöneberg kürzlich die Mieter eines Hauses innerhalb einer Viertelstunde evakuiert werden mussten, weil das Haus als akut einsturzgefährdet galt, sind nun die Gründe dafür bekannt. Bei einem Ladengeschäft im Erdgeschoss des Eckhauses an der Goltz-, Ecke Grunewald-Straße, wurden vor einigen Jahren drei Schaufenster nach oben hin vergrößert, um mehr Licht in den Schauraum zu bringen. Dabei durchtrennte die beauftragte Baufirma den betonierten Ringbalken am Übergang des Mauerwerks vom Erdgeschoss zur ersten Etage. Damit ist die gesamte Statik des vierstöckigen Eckhauses aus den Fugen geraten. Nun soll mit Hydraulikpressen versucht werden, das Mietshaus zu retten.
Sport
Gegen Gewalt, für Olympia
Die Sportminister von Bund und Ländern haben bei ihrer Tagung in Saarbrücken einige klare Beschlüsse gefasst. „Im Sport ist kein Platz für Hass, Menschenfeindlichkeit und Extremismus“, lautet die deutliche Botschaft aus Saarbrücken. Ebenso klar auch die Ansage in Sachen Gewalt im Fußball. Die Zunahme von Aggressivität und Gewalt in Stadien sei nicht mehr hinnehmbar. Nach der Fußball-EM werde es ein Spitzengespräch zur DFB und DFL geben, kündigten die Minister an. Zwar erkenne man Maßnahmen der Verbände und Vereine in Sachen Prävention an, die seien aber „nicht ausreichend“.
Die Sportminister hatten sich zuvor bei einem Kurztrip von Saarbrücken nach Paris über den Stand der letzten Vorbereitungen zu den Olympischen Spielen informiert. Auch unter diesem Eindruck bekräftigten die Minister die Unterstützung einer deutschen Bewerbung für die Olympischen Spiele. Es sei „höchste Zeit“, dass die auch wieder in Deutschland stattfinden sollten, betonte der SMK-Vorsitzende, Bayerns Innen- und Sportminister Joachim Herrmann.
Neues Kompetenzzentrum für Kinderschutz eröffnet
Im Saarland hat ein landesweites Kompetenzzentrum für Kinderschutz und Kinderrechte geöffnet. Das gab Staatssekretärin Bettina Altesleben auf einer Presseveranstaltung bekannt. Der erste Kinderschutzbeauftragte unter einem Dach mit der neu geschaffenen Ombudsstelle Kinder- und Jugendhilfe im Kompetenzzentrum solle Schutzlücken schließen und die Arbeit der Jugendämter bei der Arbeit im Bereich Kindeswohlgefährdung unterstützen. Insbesondere die Inanspruchnahme von Hilfe für Kinder und Jugendliche, der interdisziplinäre Austausch und die Zusammenarbeit mit der öffentlichen und freien Jugendhilfe sollen verbessert werden. „Durch Aufklärung, Prävention, Früherkennung und Intervention können wir dazu beitragen, dass Kinder sicher und geschützt aufwachsen und ihr volles Potenzial entfalten können“, sagte Kai Frisch, erster Kinderschutzbeauftragter des Saarlandes.
Sparkasse blickt optimistisch in die Zukunft
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen sieht sich die Sparkasse Saarbrücken auf einem guten Kurs. Das Jahr 2023 war geprägt von hoher Inflation, einer schwierigen geopolitischen Lage und steigenden Kosten. Doch obwohl die Kreditnachfrage wegen der schwachen Konjunktur, der bestehenden Unsicherheiten und der damit verbundenen rückläufigen Investitionsbereitschaft zurückging, konnte sich das Wertpapiergeschäft steigern. Laut dem Vorstandsvorsitzenden Frank Saar habe die Sparkasse von der Zinswende in Form einer „Sonderkonjunktur“ profitiert. Es sei zu hoffen, dass die öffentliche Hand und der Klein- und Mittelstand zukünftig stärker investieren und damit die Binnennachfrage anziehe. Sorge bereite der Sparkasse Saarbrücken der spürbare Fachkräftemangel. Mit knapp 1.100 Mitarbeitenden verzeichnete das Institut jedoch 2023 einen leichten Zuwachs.
Anzahl an Apotheken weiterhin rückläufig
Trotz Protesten ist die Anzahl an Apotheken in Deutschland weiterhin rückläufig. So hätten laut saarländischem Apothekerverein alleine im vorigen Jahr knapp 500 Apotheken ihren Betrieb eingestellt – doppelt so viele, wie es im gesamten Saarland Ende 2023 noch gab. „Das bedeutet, dass rein rechnerisch zwei Millionen Menschen ihre wohnortnahe Apotheke verloren haben und nun sehr wahrscheinlich weitere Wege haben. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach weiß von dieser bedrohlichen Entwicklung, unternimmt aber rein gar nichts, um die Apotheken zu stabilisieren“, kritisiert Susanne Koch, Vorsitzende des Saarländischen Apothekervereins. Im Rahmen der Dachkampagne „Gesundheit sicher. Die Apotheke“ wollen die Apothekerinnen und Apotheker ihre Patientinnen und Patienten bundesweit über die aktuelle Lage informieren und ihnen in einer Umfrage die Möglichkeit geben, ihre Meinung zum Zustand der Arzneimittelversorgung zu äußern.
Saarländisches Hochschulgesetz novelliert
Das Regierungskabinett hat die Novellierung des Saarländischen Hochschulgesetzes (SHSG) auf den Weg gebracht. Das geht aus einer Presseinfo des saarländischen Wirtschaftsministeriums hervor. Der Schwerpunkt des SHSG liege auf der Einführung eines eigenständigen Promotionsrechts für besonders forschungsstarke Professorinnen und Professoren an der HTW Saar. Die Gesetzesnovelle ermögliche ein Fast-Track-Verfahren für die Berufung von weltweit anerkannten Spitzenforschenden, damit Hochschulen in Ausnahmefällen Berufungsverfahren beschleunigen können. Außerdem ziele die Novelle darauf ab, einen Zugang zum Studium ohne Abitur, nämlich nach einer abgeschlossenen dreijährigen Berufsausbildung zu ermöglichen. „So erhöhen wir die Dynamik für die Saar-Hochschulen als Treiber der Transformation im Land“, sagte Wissenschaftsminister Jakob von Weizsäcker (SPD).
FDP will Bürgergeld-Sanktionen verschärfen
Die FDP dringt auf weitere Verschärfungen beim Bürgergeld, wenn Bezieher nicht arbeiten wollen. Damit setzen die Liberalen ihre Koalitionspartner von SPD und Grünen erneut unter Druck. Der Bundesparteitag beschloss, Jobverweigerern die Leistungen sofort um 30 Prozent kürzen zu können. Bisher gilt dafür ein Stufenmodell der Jobcenter. Laut den erhobenen Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA), ist bislang nur ein Bruchteil der Leistungsbezieher des Bürgergeldes von Sanktionen betroffen. Im vergangenen Jahr zählte die BA knapp 16.000 Fälle von Leistungskürzungen infolge von Arbeitsverweigerung.
Rekordausgaben für Rüstung
Um den Frieden auf der Welt ist es derzeit nicht gut bestellt. Das belegen die neuesten Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI. 2023 lagen die globalen Ausgaben für Rüstung bei 2,3 Billionen Euro, der höchste Wert seit 2009. Auf Platz eins liegt die USA mit 900 Milliarden, dahinter China, dann Russland. Deutschland liegt im internationalen Ranking laut SIPRI auf Platz sieben. Sollte es das Sondervermögen Bundeswehr mit 100 Milliarden abrufen und tatsächlich das Zwei-Prozent-Ziel in Anlehnung an das Bruttoinlandsprodukt für die Ausstattung der Bundeswehr einhalten, könnte Deutschland laut schwedischen Friedensforschern bereits in diesem Jahr auf Platz vier vorrücken.
BSW
Bündnis will mitregieren
Die Landtagswahlen im September werfen ihre Schatten voraus und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) entwirft schon Regierungspläne. So will das Bündnis, das aus der Linken hervorgegangen ist, in Sachsen zukünftig mitregieren. Die BSW-Vorsitzende in Sachsen, Sabine Zimmermann, schloss zwei Koalitionsoptionen kategorisch aus: Es werde weder eine Zusammenarbeit mit der AfD noch mit den Grünen geben, erklärte Zimmermann. In Sachsen kommt das BSW laut Meinungsforschungsinstituts Insa auf elf Prozent. Auch in Thüringen, wo ebenfalls am ersten September gewählt wird, und in Brandenburg erfreut sich die neue Partei guter Umfragewerte für die Landtagswahlen. Allerdings sind noch immer keine Landesverbände des BSW gegründet, was zu einem Problem für die Zulassung bei den Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg werden könnte.
Wiegands Wahl Watch
Auf dem Weg zur EU-Wahl
Die Europawahl am 9. Juni wird in vielen Ländern mehr denn je zu einer echten Richtungswahl. Vielerorts geht es um die Frage, ob die Europäische Union mehr zu einer schlagkräftigen Einheit zusammenwachsen soll oder ob die derzeit 27 Mitgliedsstaaten weiterhin erhebliche dezentrale Kompetenzen behalten sollen. In Osteuropa blicken die Volkstribune offen auf das autoritäre Russland, das sie unter dem Deckmantel der UdSSR jahrzehntelang drangsaliert hat, bevor sein Einfluss vor fast 40 Jahren zusammenbrach.
Es ist daher kein Zufall, dass die EU-Skeptiker die Hauptstädte Budapest (Ungarn) und Bukarest (Rumänien) für ihre zentralen Kundgebungen gewählt haben. Zu den prominenten Rednern gehören der ungarische EU-Dissident Victor Orbán und der ehemalige französische Präsidentschaftskandidat Eric Zemmour (Reconquête). Flankiert werden sie vom britischen EU-Austrittsanpeitscher Nigel Farage, dem niederländischen Anti-Muslim-Aktivisten Geert Wilders und eingeflogenen Anhängern des ehemaligen und möglicherweise künftigen US-Präsidenten Donald Trump.
Derweil fällt auf, dass Italiens postfaschistische Regierungschefin Giorgia Meloni seit ihrem Amtsantritt die Rolle der Staatsfrau spielt. Sie vermeidet rhetorische Ausbrüche wie ihre extremen EU-Verbündeten. Das mag auch daran liegen, dass die 47-Jährige aus dem römischen Palazzo Chigi eine gleichfalls weibliche wie ähnlich ehrgeizige Gegnerin hat: Elly Schlein, Chefin des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD). Die erst 38-jährige in der Schweiz geborene Tochter eines US-Wissenschaftlers und einer italienischen Professorin führt die größte Partei nach Melonis Fratelli d’Italia. Damit ist die queere Juristin offizielle Oppositionsführerin.
Bei der Vorstellung des Europawahlprogramms der PD betonte Schlein eine integrative und zukunftsorientierte Vision für die Europäische Union. Sie will mehr Solidarität unter den 27 Mitgliedsstaaten erreichen, vor allem beim brisanten Thema der Migration über das Mittelmeer. Durch gezielte EU-Investitionen in innovative Technologien und Bildung will sie Arbeitsplätze schaffen. Außerdem setzen sich die italienischen Sozialdemokraten für ehrgeizige Maßnahmen gegen den Klimawandel und für eine grüne Kreislaufwirtschaft ein.
Im nur 20 Kilometer von Italien entfernten Kroatien wird der Europawahlkampf besonders heftig werden. Bei der Parlamentswahl vergangene Woche wurden die regierenden Konservativen erneut stärkste Partei im Adrialand. Aber Premier Andrej Plenkovic sucht noch Koalitionspartner. Diese sind nur im rechten Spektrum zu finden, da die Linke Putin-freundlich ist und ihm Zunder gibt.
In dem beliebten Urlaubsland überlagern nationale Themen jene, die ins Europäische Parlament gehören. Es geht um die hohe kroatische Inflation, das autoritäre Verhalten von Plenkovic und die „Systemfrage“. Das unterscheidet Kroatien nicht von anderen Ex-„Oststaaten“.
Der österreichische Autor und Träger des Deutschen Buchpreises Robert Menasse, der in seinem Erfolgsbuch „Die Hauptstadt“ das EU-Geschehen in Brüssel in den Mittelpunkt stellt, sieht Europa am Scheideweg. Er sagt: „Wenn es uns jetzt nicht gelingt, die EU zu erneuern, droht ein Rückfall in den Nationalismus.“
Nächste Woche mehr.
Wolf Achim Wiegand ist freier Journalist mit EU-Spezialisierung