Im Aufstiegsrennen der Regionalliga Nordost hat der BFC Dynamo zuletzt zu oft verloren. Dadurch stehen die Berliner nun doch noch unter Druck.
Dirk Kunert hatte natürlich nicht Unrecht, als er die 1:3-Niederlage bei Viktoria Berlin Mitte April wie folgt kommentierte: „Noch ist nichts Entscheidendes passiert“, erklärte der Trainer des Aufstiegsaspiranten BFC Dynamo da – und tat damit doch auch, was ein Coach in so einer Situation sagen muss. Denn einerseits hatte man die gerade erst errungene Tabellenführung der Regionalliga Nordost wieder abgeben müssen, war aber mit zwei Punkten hinter dem neuen Spitzenreiter Energie Cottbus längst noch nicht abgeschlagen. Und dennoch waren drei Niederlagen aus den vorangegangenen fünf Partien im Aufstiegskampf schlicht zu viel. Bedenklich auch die Umstände der Pleiten: Zu Hause gegen den Chemnitzer FC (neunter Platz) kassierte man trotz 1:0-Führung noch drei Treffer und vergab dazu einen Strafstoß zum möglichen 2:2-Ausgleich. Zwei Wochen später – zwischendurch hatte man die VSG Altglienicke (Rang sechs) trotz 0:2-Pausenstand noch mit 3:2 bezwungen – enttäuschte man beim 0:2 in Luckenwalde (zehnter Platz) und vergab erneut einen Elfmeter. Und dem zähen 1:0-Sieg gegen Hertha BSC II (15. Platz) folgte wiederum die erwähnte Niederlage bei Viktoria (fünfter Rang). Für das Jahr 2024 weist Dynamo so einen Punktschnitt von 1,8 pro Spiel aus – bei Energie Cottbus betrug dieser Wert vor dem vergangenen Wochenende 2,1. Dabei waren die Lausitzer mit nur einem Punkt aus den Partien in Luckenwalde (1:1) und Erfurt (0:2) ins Jahr gestartet, konnten dann aber gewaltig aufholen – und nach dem 2:1-Sieg im Topspiel gegen den dritten Aufstiegskandidaten (und damaligen Tabellenführer) Greifswalder FC und der Pleite des BFC bei Viktoria tags darauf erstmals wieder Platz eins übernehmen.
BFC und Energie ereilte dabei in den letzten zwei Jahren nacheinander das Schicksal, trotz des Gewinns der Nordost-Meisterschaft den Aufstieg in den Qualifikationsspielen zu verpassen. Vor zwei Jahren hatte die Regionalliga Nordost dabei noch 20 Teilnehmer und nach der besonders zehrenden Saison mit 38 Partien fehlte Dynamo in der Qualifikation gegen den VfB Oldenburg (Meister RL Nord) die nötige Kraft. Eine ganz bittere Stunde für die Weinrot-Weißen, die so sehr vom Sprung auf die nationale Ligaebene träumen. So entstand das Ziel, den Aufstieg mit einer Art Zwei-Jahresplan erneut anzugehen – dazu krempelte man den überalterten Kader um und trennte sich obendrein von Trainer Christian Benbennek. Der Nachfolger, Heiner Backhaus, sollte sich erst eine Saison mit den vielen neuen Fußballern einarbeiten und dann in dieser Spielzeit angreifen. Denn diesmal steht den Regularien zufolge die Tür zur Dritten Liga wieder offen für den Nordost-Champion, der turnusgemäß alle drei Jahre ohne Qualifikation aufsteigen darf. Als sich BFC-Trainer Backhaus jedoch zu Beginn dieser Saison bereits im laufenden Betrieb durch ein Angebot von Alemannia Aachen (RL West) locken ließ, drohte Dynamo bereits frühzeitig ein entscheidender Nachteil im Aufstiegsrennen. Doch mit dem neuen Mann an Bord – der Berliner Dirk Kunert, der seit seinem Ausscheiden bei Carl Zeiss Jena im Oktober 2021 ohne Traineramt geblieben war – konnte der Anschluss an die Spitze gehalten werden. Auch, wenn es im Winter aufgrund von ungleich verteilten Spielausfällen zwischenzeitlich bis zu acht Punkte Rückstand zu den weniger betroffenen Greifswaldern waren. So bissen sich Kunerts Schützlinge in den englischen Wochen dieses Jahres wieder heran, verpassten es allerdings wie im Hinspiel auch Ende Februar, gegen den GFC Boden gut zu machen (beide Spiele 0:0). Doch als das lange Zeit kaum bezwingbar erscheinende Überraschungsteam im Nordosten Anfang April auf eigenem Platz gegen den Tabellenletzten Hansa Rostock II 1:3 unterlag (erst die zweite Niederlage 2023/24), konnte der BFC Dynamo nach Punkten erstmals gleichziehen. Jener Nimbus der Unbezwingbarkeit ging den Greifswaldern dann schon eine Woche später weiter verloren, als man vor der Rekordkulisse von über 18.000 Zuschauern beim Topspiel in Cottbus mit einem nicht zufriedenstellenden 1:2 unterlag.
Zu allem Übel auch noch mehrere Personalausfälle
Das nutzte jedoch dem BFC Dynamo am Ende nichts: Die erwähnte Niederlage bei Viktoria ließ die Hauptstädter die erstmalige Tabellenführung verpassen. Die allgemeine Performance der Weinrot-Weißen gab dabei zuletzt ebenfalls zu denken: Nicht nur die drei Pleiten mussten nach dem Spielverlauf als jeweils verdient betrachtet werden – auch die Dreier waren echte Kraftakte. Lediglich der 4:0-Heimsieg gegen Lok Leipzig Ende Februar konnte in diesem Jahr als souverän bezeichnet werden – allerdings auch gegen einen in dieser Saison sportlich bescheidenen Widersacher. Die starke Aufholjagd gegen Altglienicke (3:2) wiederum konnte nicht dazu genutzt werden, sich eine für den Aufstiegskampf sehr vorteilhafte breite Brust zuzulegen. Dazu drückt den BFC das eine oder andere Personalproblem: Seit Monatsbeginn fehlt etwa Rufat Dadashov, mit 14 Toren bester Torschütze der Berliner, wegen einer Knieverletzung und könnte sogar für den Rest der Saison ausfallen. Im Jahr 2024 hatte der Aserbaidschaner zwar nur einmal getroffen und obendrein die beiden erwähnten Elfmeter vergeben – der 32-Jährige ist für den BFC aber mehr als nur der Torjäger: Mit seiner körperlichen Robustheit macht er den Ball gut fest und ist auch sehr aktiv gegen ihn, dazu beschäftigt er oft mehrere Gegenspieler. „Rufat fehlt dem Team mehr als nur ein ganz wichtiger Spieler“, sagt auch sein Trainer Dirk Kunert. „Wie er in der Kabine vorangeht, wie er seine Ansprachen formuliert – das kann man nicht eins zu eins ersetzen und auf dem Platz sowieso nicht.“ Mit Kapitän Chris Reher fiel zuletzt außerdem auch noch ein wichtiger Spieler für die defensive Außenbahn vier Wochen aus, auch die Defensivspieler Dominic Duncan und David Haider sind aktuell wegen muskulärer Probleme nicht einsatzbereit. Dazu fehlte Mittelfeldspieler McMoordy Hüther wegen eines Platzverweises aus dem Spiel bei Viktoria Berlin. Fünf Spieltage vor Schluss war so zwar die Aufstiegsfrage noch nicht geklärt und wird es wohl auch nach dem letzten Topspiel am 4. Mai zwischen dem BFC und Energie Cottbus noch nicht sein – viele Ausrutscher wird sich Dynamo aber nicht mehr erlauben dürfen, wenn am Ende der Traum von der Dritten Liga nicht erneut zerplatzt sein soll.