Egon Schmitt ist einer der erfolgreichsten Fußballer der FCS-Geschichte. Kürzlich wurde das Aufsichtsratsmitglied zum Ehrenspielführer ernannt.

Egon Schmitt muss schmunzeln. „Also, gehasst habe ich den FCS nie. Aber ich weiß schon, was Dieter meint“, sagt der 75-Jährige, angesprochen auf eine Aussage von Vereins-Ikone und Ex-Vizepräsident Ferner. „Zum FCS gibt es nur zwei Meinungen. Entweder man liebt ihn oder man hasst ihn. Aber auch Leute, die ihn lieben, hassen ihn schon mal“, hatte der frühere Bundesligatorwart gesagt. Schmitt und Ferner kennen sich seit 50 Jahren. So lange ist es her, dass es den Libero von den Offenbacher Kickers ins Saarland verschlug. Beide stehen für große Zeiten der Blau-Schwarzen, für das 6:1 gegen Bayern München und den einzigen Bundesliga-Klassenerhalt der Vereinsgeschichte im Jahr 1977. Geht man rein nach den Erfolgen, ist Libero Schmitt erfolgreicher gewesen als Torwart Ferner. Er ist Rekordspieler der ehemaligen Amateurnationalmannschaft, nahm an den Olympischen Spielen 1972 in München teil, gewann mit Kickers Offenbach den DFB-Pokal und wurde schließlich in Saarbrücken heimisch.
Nur zwei Jahre Jugendtrainer
Doch Ferner ist bis heute ein Liebling der Fans, einer, der die Massen bewegte. Schmitt dagegen, schon als Libero ein feiner Stratege, ist eher der Mann im Hintergrund. „Wir sind Freunde geworden und Freunde geblieben. Wir sind füreinander da, auch wenn wir nicht aufeinanderhängen oder wöchentlich telefonieren. Der eine weiß, was er an dem anderen hat“, sagt Schmitt. Nach erfolgreichen Bundesliga-Jahren folgte schon fast traditionell der Absturz. Schmitt beendete Anfang der Achtziger seine Karriere und verdiente seinen Lebensunterhalt anschließend als erfolgreicher Geschäftsmann. Der FCS entwickelte sich zu einer Fahrstuhlmannschaft; die Vorstände gaben sich die Klinke in die Hand, und es war eine Zeit, in der auch Egon Schmitt das Geschehen eher aus der dritten Reihe beobachtete. „Es war eine große Fluktuation im Club, es hat an Stabilität gefehlt. Es gab Zeiten, da hat mir die Entwicklung nicht gefallen. Aber gehasst habe ich den FCS trotzdem nicht“, sagt Schmitt wieder in Anspielung auf seinen Weggefährten. Während Schmitt ein Sportgeschäft aufbaute und führte, war Ferner über Jahre als Trainer im Jugend- und Amateurbereich tätig. „Ich war nur zwei Jahre Jugendtrainer bei Viktoria Hühnerfeld, obwohl ich den A-Schein habe. Aber nach der Karriere stand der Beruf erst mal im Vordergrund, die Familie wollte ich nicht vernachlässigen. Irgendwann war ich raus“, sagt Schmitt, eher beiläufig und ohne Groll. Es ist eigentlich kaum zu glauben, dass ein erfolgreicher Spieler und cleverer Geschäftsmann wie er nie in die aktiven Geschicke des Vereins eingebunden war. Und das, obwohl der Kontakt über die „Alten Herren“ und die „Graue Eminenz“ des Vereins, Reinhard Klimmt, nie abgerissen war. „Ich glaube, Klimmt hat einfach respektiert, dass ich beruflich andere Prioritäten hatte“, sagt der 75-Jährige, der erst im Jahr 2007 ein offizielles Amt beim FCS antrat.

Der Verein hatte damals mal wieder einen beachtlichen Absturz von der Zweiten Liga bis ins Amateurlager hingelegt. Die Führungsriege wechselte und Klimmt, der versierte Strippenzieher, verpflichte Schmitt und Wolfgang Seel aufgrund ihrer Sport-Kompetenz für den Aufsichtsrat. Dieses Amt hat der frühere Spitzen-Fußballer bis heute inne und ist mittlerweile der dienstälteste Aufsichtsrat des Vereins. In den Vordergrund hat es ihn dabei nie gezogen. Schmitt, so sagen es seine Kollegen, sei ein kluger Kopf und ein exzellenter Zuhörer. Und er könne unterschiedliche Strömungen verbinden. Im Kontrollgremium des Vereins sitzen unterschiedliche Charaktere. Meiko Palm, früher in der Ultra-Szene aktiv, dann Fanbeauftragter, ist einer von ihnen. „Egon ist niemand, der während der Sitzungen übermäßig redet. Aber er hört genau zu und wenn er sich zu Wort meldet, lohnt es sich einfach, genau hinzuhören“, sagt Palm über die Zusammenarbeit im Gremium.
Ruhender Pol im Aufsichtsrat
Schmitt, ohnehin kein Freund der lauten Töne, ist so viel Lob fast schon peinlich: „Wenn der Meiko das so sieht, dann freut mich das natürlich. Aber ich finde es nicht schlecht, wenn man gut zuhören kann.“ Fast schon peinlich war ihm die Ehrung im vergangenen Dezember. Abgesprochen war, dass Schmitt die Goldene Vereinsnadel aufgrund seiner 50-jährigen Mitgliedschaft bekommen sollte. Doch plötzlich stand Strippenzieher Klimmt am Podium, um die Laudatio zu halten. Schmitt wurde zum Ehrenspielführer ernannt. „Ich habe von nichts gewusst, aber es kann schon sein, dass im Vorfeld etwas abgesprochen war“, sagt Schmitt und blickt zu Ehefrau Edith. Die lacht nur und sagt dann: „Es war die Idee des 1. Vorsitzenden Jörg Alt, der sie mit Nachdruck betrieben hat. Es ist uns gelungen, dass mein Mann überrascht wurde.“ Beide kennen sich aus Offenbacher Zeiten und sind längst in Saarbrücken heimisch geworden. Zunächst wohnte das damals junge Paar in Burbach, seit mehr als 40 Jahren in der Nähe der Winterberg-Kliniken, quasi über den Dächern der Stadt. „Die Frage, von hier noch mal wegzugehen, stellte sich nie“, sagt Edith Schmidt. Und so entstand eine kuriose Situation, dass Ferner und Schmitt zu FCS-Ikonen wurden, obwohl sie keine gebürtigen Saarländer sind.

Doch ihre Bindung zum Verein ist enorm und die Treue unerschütterlich. 2016 schien der FCS am Tiefpunkt angelangt zu sein. Unter ferner liefen in der Regionalliga gelandet, wurde er von den Stadtoberen auch noch aus dem Ludwigspark rausgeworfen. Angeblich, um den Neubau zu beschleunigen. Als absehbar war, dass der Bau-Pfusch derart eklatant war, dass der FCS mehrere Jahre im Völklinger Exil bleiben muss, verlor Ferner, damals gerade Vizepräsident geworden, fast die Nerven: „Das ist das Ende, das ist das Aus. Davon erholen wir uns nie mehr“, sagte der frühere Torwart 2017. Angesprochen auf den Ausbruch seines Kumpels, muss Schmitt lachen: „Dieter ist etwas emotionaler als ich. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass es im Sport immer eine Perspektive gibt. Es geht immer weiter und es liegt an den handelnden Personen, das Wie zu formulieren“.
Rückblickend hat Schmitt Recht behalten. Aus der zweiten Reihe verfolgt er den Werdegang seines FCS mit Wohlwollen. „Wir sind aufgestiegen, das Stadion ist doch noch fertig geworden und wir waren zweimal im Halbfinale des DFB-Pokals. Die vergangenen Jahre waren recht erfolgreich“, sagt Schmitt, lobt seine Mitstreiter im Aufsichtsrat, aber auch Präsident und Hauptsponsor Hartmut Ostermann. „In all den Jahren einen derart verlässlichen Partner gehabt zu haben, hat uns viele Dinge erleichtert. Er hat uns auch die Sicherheit gegeben, Situationen, wie die in Völklingen überstehen zu können“, sagt der Ehrenspielführer.
Schmitt sieht den FCS in der 2. Liga

Hinter dem FCS liegen turbulente Wochen. Die Pokal-Siege gegen Bayern München, Eintracht Frankfurt und Borussia Mönchengladbach sind ein wenig verblasst, die Halbfinal-Niederlage gegen den 1. FC Kaiserslautern schmerzt enorm. „Ich glaube, je mehr Zeit ins Land geht, desto größer wird die Freude über das Erreichte sein. Es tut vielen Fans weh, dass wir gegen den Erzrivalen verloren haben, der sicherlich der schwächste Gegner in dieser Runde war. Auf der anderen Seite hatten wir auch keinen wirklich guten Tag. Das sind Dinge, die passieren im Fußball“, sagt Schmitt realistisch. Bis Ende 2025 ist er als Aufsichtsrat gewählt, ob danach „Schluss“ ist oder ob der rüstige Rentner noch eine Amtszeit dran hängt, lässt er bewusst offen. Von der Zukunft des Vereins hat er dagegen einen klaren Plan. „In die Zweite Liga aufsteigen und dort etablieren, das ist das Ziel, das wir formulieren dürfen und auch müssen. Das Potenzial gibt das her. Die Bundesliga ist dagegen schon sehr weit weg. So realistisch muss man sein“, sagt Schmitt. Sein Sinn für die Realitäten sowie das Machbare und seine Übersicht ist immer noch so ausgeprägt wie damals als Libero. Doch der Fußball hat sich seitdem geändert. Beim Pokalspiel gegen den FCK platzte der Business-Bereich mit rund 800 Gästen aus allen Nähten. 50 Jahre zuvor bettelte Mannschaftskapitän Schmitt bei Platzwart Mock, dieser möge doch einen Raum im Stadion zur Verfügung stellen, damit die Spielerfrauen nicht bei Wind und Wetter auf ihre Männer warten müssen. „Das hat dann eine Eigendynamik entwickelt. Wir haben uns abgewechselt, wer Brote schmiert und Kuchen backt. Irgendwann stand ein Fernseher in dem kleinen Raum, damit wir Bundesliga schauen konnten“, sagt Ehefrau Edith und ihr Mann fügt lachend hinzu: „Wir waren so was wie Vorreiter. Wir haben den ersten VIP-Raum des FCS organisiert. Es waren wilde, aber tolle Zeiten.“ Waren es bessere Zeiten? Schmitt, der Überlegte, wiegt den Kopf hin und her. „Das will ich nicht sagen. Man lebt in der Gegenwart. Jede Zeit hat ihren Charme“, sagt der FCS-Aufsichtsrat, der sich immer noch über die kleinen Dinge des Fußball-Lebens begeistern kann.
„Wissen Sie, was mich freut?“, fragt er zum Abschluss: „Wenn mein Enkel mir erzählt, dass die Kinder heute wieder mit dem FCS-Trikot in die Schule kommen und ich am Spieltag junge Menschen mit einem blau-schwarzen Schal in unserer Straße sehe, die sich auf Richtung Ludwigspark machen. Der FCS ist wieder sichtbar. Das zeigt, dass wir nicht so viel falsch gemacht haben in letzter Zeit.“