Personalengpässe, zunehmende Kosten und die demografische Entwicklung stellen die Krankenhauslandschaft vor vielfältige Herausforderungen. Eine Reform muss dringend her. Ein Überblick.
Letztendlich hat die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung in ihrer jüngsten Stellungnahme nur bestätigt, was bereits bekannt war: Die aktuellen Strukturen der Krankenhäuser sind nicht für die Zukunft gerüstet. Für die 1.720 Krankenhäuser in Deutschland mangelt es an Ärzten, Pflegepersonal und den finanziellen Mitteln, um den medizinischen Bedarf zu decken. Die Dringlichkeit einer umfassenden Reform des deutschen Gesundheitswesens ist offensichtlich geworden, insbesondere aufgrund des Fachkräftemangels. So würden in diesem Jahr beispielsweise rund 1,4 Millionen Menschen ihren 60. Geburtstag feiern, aber nur 800.000 Menschen ihren 20. Geburtstag. Für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist es klar: „Wenn wir die Sektorengrenzen nicht aufbrechen, werden wir es nicht schaffen, die Generation der Babyboomer mit der Zahl der Fachkräfte, die wir jetzt im Gesundheitssystem haben, gut zu versorgen.“
Sektorengrenzen aufbrechen
Hier soll auch das neue Krankenhausversorgungsgesetz, wie es wirklich heißt, greifen. Mit der Reform hat Lauterbach (SPD) gleich drei Hauptziele vor Augen: Gewährleistung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung für Patientinnen und Patienten, Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität sowie Entbürokratisierung. Im Klartext bedeutet das, dass jeder Bürger in Deutschland künftig Zugang zu den notwendigen medizinischen Behandlungen erhalten soll.
Ein zentraler Bestandteil der Reform ist ein neues Vergütungssystem, das den Kliniken ermöglichen soll, sich von dem wirtschaftlichen Druck zu befreien, immer mehr Patienten zu behandeln. Bisher finanzieren sich Krankenhäuser über sogenannte Fallpauschalen (DRGs). Darüber werden auch alle Fixkosten wie Ausgaben für medizinische Behandlungen, Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik gedeckt. Das heißt, dass die Krankenhäuser einen festen Betrag erhalten, auch wenn die Behandlung tatsächlich mehr oder weniger gekostet hat. Dadurch besteht ein Anreiz, im Zweifelsfall auch unnötige Operationen oder anderweitige Behandlungen durchzuführen und Fachbereiche, die weniger lukrativ sind, wie beispielsweise die Kinder- und Jugendmedizin, zu schließen. Nun sollen die Fallpauschalen auf 40 Prozent abgesenkt werden. Die verbleibenden 60 Prozent sollen den Kliniken künftig allein für das Vorhalten von Leistungsangeboten zur Verfügung stehen. Grundlage für diese Vorhaltefinanzierung bilden 65 Leistungsgruppen. Diese umfassen medizinische Bereiche, die fachlich verwandt sind und ähnliche Anforderungen an Personal und Technologie haben. Diese Voraussetzungen werden als Mindestqualitätsstandards definiert.
Das im Oktober 2023 verabschiedete Krankenhaustransparenzgesetz ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der geplanten Krankenhausreform. Es zielt darauf ab, mehr Transparenz im Gesundheitswesen zu schaffen, indem ein Verzeichnis erstellt wird, das umfassende Informationen über Krankenhäuser bereitstellt. Dieses Verzeichnis, bekannt als interaktiver Krankenhaus-Atlas, wird Mitte Mai vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlicht. Es listet alle Krankenhäuser auf und zeigt deren Zuordnung zu den Versorgungsstufen. Dazu zählen Grundversorgung, Regel- und Schwerpunktversorgung sowie Maximalversorgung. Krankenhäuser der Grundversorgung werden künftig medizinische und pflegerische Basisversorgung wie grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle gewährleisten können. Krankenhäuser, die im Vergleich zur Grundversorgung weitere Leistungen anbieten, zählen künftig zum Level der Regel- und Schwerpunktversorgung. Universitätskliniken erreichen dagegen den Level der Maximalversorgung und sollen künftig auch überregionale Behandlungen anbieten können. Für jeden Level sollen einheitliche Mindestvoraussetzungen gelten. Damit würden erstmals einheitliche Standards für die apparative, räumliche und personelle Ausstattung gelten, was die Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten maßgeblich erhöhen soll. Auch Level-1-Krankenhäusern wird eine besondere Bedeutung zugemessen. Künftig sollen sie nicht nur eine medizinische Grundversorgung vor Ort sicherstellen, sondern auch als Verbindungsstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung fungieren. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit verschiedener Fachbereiche vorgesehen. Tritt ein komplexer Fall wie ein Schlaganfall auf, den das lokale Krankenhaus nicht angemessen behandeln kann, so müssen Patientinnen und Patienten längere Wege in Kauf nehmen. In solchen Fällen werden Transportmöglichkeiten einschließlich Luftrettung bereitgestellt. Sobald sich der Zustand des Patienten bessert, wird dieser mit großer Wahrscheinlichkeit in ein Krankenhaus mit einem niedrigeren Versorgungslevel verlegt.
Interaktiver Krankenhaus-Atlas
Zusätzlich stellt der interaktive Krankenhaus-Atlas detaillierte Informationen über die Qualität und Leistungen der Krankenhäuser bereit, einschließlich der personellen Ausstattung und Komplikationsraten für ausgewählte Eingriffe. Durch diese Maßnahmen wird eine bessere Qualität in der Gesundheitsversorgung angestrebt.
Um den Umbau der Krankenhauslandschaft zu finanzieren wird ein Transformationsfonds über einen Zeitraum von zehn Jahren eigerichtet. Dieser Fonds soll ein Gesamtvolumen von 50 Milliarden Euro haben und wird je zur Hälfte vom Bund und den Ländern finanziert. Der Bund plant, seinen Anteil aus Mitteln des Gesundheitsfonds der Krankenkassen und den Etats der Länder zu finanzieren, während die Bundesländer jährlich 2,5 Milliarden beisteuern sollen.
Die Kritik an der geplanten Krankenhausreform ist vielschichtig und kommt von verschiedenen Seiten. Insbesondere die Gesundheitskonferenz äußerte deutliche Besorgnis über fehlende Berücksichtigung wichtiger Aspekte wie Vergütungssystematik und Finanzierung kleinerer Krankenhäuser. Darüber hinaus werden ökonomische Fehlanreize bemängelt, die die Versorgungsqualität gefährden könnten.