Sofia Tsakiridou zählt zu den erfolgreichsten Models Deutschlands mit einer hohen Reichweite bei Instagram. Im Interview erzählt die Hamburgerin, warum sie heute statt für viele namhafte Brands und Designer nur noch für sehr wenige, bewusst ausgewählte arbeitet, wodurch sich ihre Eigenmarke auszeichnet und was Yoga für sie bedeutet.
Liebe Sofia, Du lädst nur selten klassische Werbefotos bei Instagram hoch und stellst kaum noch Produkte vor, sondern postest zu Themen wie Selbstliebe, Selbstverwirklichung, positive Energie und Nachhaltigkeit. Würdest Du Dich – neben deiner Tätigkeit als Yoga-Lehrerin und Model – trotzdem als Influencerin bezeichnen?
Ich habe letztens den Begriff Soulfluencerin gehört und fand ihn ganz schön, einfach weil der Begriff der Influencerin sehr belastet ist, und so wie er verwendet wird nicht so richtig zu dem passt, was ich teile. Wenn das Wort „Soul“ oder „Seele“ vielleicht etwas weit weg erscheint, dann finde ich auch die Idee des Herzens schön. Leute zu „beeinflussen“, oder vielmehr ein Spiegel zu sein, sich selbst, den Körper, den Geist und eben das Herz als zusammenhängendes System zu verstehen.
As within, so without, as above to below – diese Weisheit bring es so schön auf den Punkt. Wenn es mir innerlich gut geht, so strahle ich es nach außen. Wenn meine Umwelt gut ist, reflektiert es auf mein Inneres.
Welches Vorurteil gegenüber Influencern/Content Creators würdest Du gerne aus dem Weg räumen?
Ich verstehe, woher gewisse Urteile kommen, und dennoch ist es eben ein komplett neues Berufsfeld, mit dem viel Arbeit verbunden ist. Man arbeitet als Selbstständige wirklich selbst und ständig. Obgleich man unterschiedliche Meinungen über gewisse Inhalte hat, ist es ein großer Aufwand und ein Kreieren, was eben schnell „nichtig“ gesprochen wird, wenn man nicht selbst drinsteckt und viel Zeit, Liebe und noch viel mehr Zeit in einen „simplen Influencerkanal“ fließen lässt. Man kann auch nicht leugnen, dass viele Leute eine Eigenmarke aufbauen und dazu so viele Kreationen drumherum kreieren. Da entstehen neben Schmucklabels und dergleichen superwertvolle Bücher, Apps und andere Produkte. So oberflächlich mancher Inhalt ist, so tief unterstützend, lehrreich oder inspirierend sind andere. Die Verantwortung liegt hier eben nicht nur bei der Influencerin/dem Influencer, sondern auch bei den Konsumenten. Chose wisely where you out your time and energy to.
Für welche großen Marken und Hersteller hast Du in letzter Zeit gemodelt?
Ich habe in letzter Zeit primär für meine eigene Brand gemodelt: La Loba.
Unsere Vision ist es, eine moderne, raffinierte Marke und Looks zu kreieren, die jedoch achtsam und ethisch korrekt hergestellt werden. So ist unser ganzer Schmuck zu 100 Prozent recycelt, die Mode wird in Portugal in einem kleinen Familienbetrieb hergestellt, und unsere Logistik ist eine bewusst frauengeführte und -dominierte. Wir stellen möglichst mit Wollgarnen her, sodass die Teile auch wirklich recycable sind und verpacken ausschließlich in 100-prozentig recyceltem Papier. Zudem geben wir seit dem ersten Tag unserer Gründung vor bald zwei Jahren etwas an ProWildlife ab, denn wir wissen, dass die vielen Arten, die vom Aussterben bedroht sind, unfassbar relevant sind für das Wohlergehen auf dieser gemeinsamen, wundervollen Erde. Meine Co-Creatorin und ich kommen beide aus der Modelbranche und wollten nach so vielen Jahren zeigen, dass es wirklich anders gehen kann ohne nur mit Greenwashing zu ködern, was wir so um uns herum mitbekommen.
Welche Zusammenarbeit würde Dich denn überhaupt noch reizen?
Ich hätte Lust, für eine wundervolle Marke zu stehen, die im Beautybereich tätig ist, für Kosmetik und Haare, denn ich finde auch hier liegt unfassbare Kraft darin, die Schönheit und Effizienz von natürlichen Produkten in die Welt zu bringen und bislang plane ich hier auch nichts Eigenes zu schaffen.
Wenn man Dir folgt merkt man schnell, dass Du ein sehr tiefsinniger Mensch bist. Wie passt das mit der meist doch recht oberflächlichen Modebranche und Instagram-Welt zusammen?
Ehrlich gesagt gab es einen Punkt in meinem Leben, wo mich der „Erfolg“ so überwältigt hat, ich aber gleichzeitig eine große Leere und Unzufriedenheit gespürt habe. Ich hatte unzählige Jobs von renommierten Kunden, Magazincover und Kampagnen sowie Moderationen. Das war doch der Erfolg, der glücklich macht? Ich habe einfach für mich gemerkt, dass es das nicht war. Und ich muss dabei betonen, dass diese Welt unfassbar viel Spaß bringt, dass es wunderschöne Menschen gibt und so viele tolle Projekte. Aber es war ein bewusstes Abstandnehmen, was mir klargemacht hat, was sich gut und richtig anfühlt. So bin ich mit der Wahl meiner Kunden und Kundinnen und Kooperationspartner und Kooperationspartnerinnen sehr wählerisch geworden und mache sehr viel weniger, dafür aber eben nur Ethos und Produkte, zu denen ich auch 100 Prozent stehe.
Das war eine lange Reise und ich freue mich so, dass ich in all der Konfusion – denn ich lebte das, was in Medien und Gesellschaft als „erfolgreich“ angesehen wird, was mich aber so gar nicht erfolgreich im Inneren hat fühlen lassen – Klarheit gefunden habe.
Jetzt nutze ich die sozialen Medien so unfassbar gerne, um mich inspirieren zu lassen und um andere zu inspirieren. Aber anstatt Fast Fashion, ungesunde Snacks oder irgendwelche anderen Goodies teile ich, was mich wirklich über diese Jahre von innen bereichert hat. Da teile ich auch gerne mal meinen liebsten gesunden Snack oder ein achtsames Label, primär jedoch Gedankengänge, Praxen, Tools, Workshops und Retreats, bei denen ich wirklich weiß, es wird ein nährender Snack für Körper, Geist und das Herz.
Hast Du das Gefühl, Models werden in den letzten Jahren mehr als Persönlichkeiten wahrgenommen und nicht nur als bloße „Kleiderständer“? Hat sich hier etwas verändert im Vergleich mit Deiner Anfangszeit?
Das klassische Modeln hat sich unfassbar verändert. Marken buchen bewusst „Typen“, nichtigeres Aussehen und vertreten mehr Diversity bezüglich Körpertypen, Herkunft und auch sexueller Orientierung. Bei vielen Brands habe ich hier aber leider das Gefühl es ist einfach nur ein Trend, als dass es eine Überzeugung wäre. Nichtsdestotrotz ein sehr wichtiger Schritt. Es ist schön, so viel Schönheit in all ihren Formen und Essenzen zu sehen, ich lieb’s. Gerade die Zeit der „Kleiderständer“ war so gefährlich. Keine Frau hat den Körper eines Mädchens, das am Anfang der Pubertät steht. Und trotzdem wurde dieses Bild so lange verkauft. So viele Frauen, ob in der Branche oder über den Konsum haben ein unfassbar verzerrtes und oft sehr ungesundes Bild über ihren Körper bekommen. Ich freue mich, mich als Frau zu sehen, zu fühlen, zu akzeptieren und zu lieben – und dies mit Kurven und einem Zyklus, der dazu führt, dass unsere Körper sich ständig verändern. Dazu sind sie geschaffen! Ich denke, dass wir hier immer noch einen langen Weg vor uns haben, freue mich aber, ein kleinen Teil dazu beitragen zu dürfen, dass Frauen ihre Körper wieder entdecken und wir eine Vielzahl von Schönheit und Form genießen und zelebrieren!
Welche Schattenseiten hat Social Media für Dich, was findest Du anstrengend daran – gerade als Person des öffentlichen Lebens?
Die Schattenseite ist, dass man bei Social Media denkt, dass das, was dort geteilt wird, der Hauptbestandteil des Lebens der jeweiligen Person ist. Es sind aber die Highlights. Man sollte eine gute Balance finden, wie viel Zeit man damit verbringt. Es ist eine wundervolle Plattform zur Inspiration und zum Verbinden mit anderen Creators, zum Aufbau einer Community – and it’s designed to make us addicted – use with caution!
Gesunde Ernährung – Du bist erfolgreiche Kochbuchautorin – und Yoga – Du hast eine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin in Guatemala absolviert und postest unter anderem auch Yoga-Live-Sessions – nehmen großen Raum bei Dir ein. Was bedeutet Yoga für Dich? Welches Lebensgefühl und welche Lebensanschauung stehen dahinter?
Yoga ist ein riesiger Teil meines Lebens. Und Yoga sind nicht die schönen oder nicht so schönen körperlichen Posen, die man da so macht. Yoga ist eine jahrtausendalte Kunst und Philosophie des Lebens, die traditionell tantrische Lehre, dort, wo ich meine Wurzeln schlage. Es ist die Verbindung von unserem Verstand mit unserem Körper und unserem Herzen. Es ist ein Weg der Verbindung. Dieser innere Aspekt, uns als ganzheitlichen Tempel zu betrachten, wenn du so willst – ich liebe den Begriff des Tempels, denn wir sollten uns als nichts weniger als das betrachten, eben ein Zuhause, ein Palast … eben aber auch der Verbindung mit allem um uns herum. Und das meine ich gar nicht so „wuh-wuh“, wie es klingen kann: Wenn wir atmen, atmen wir den Sauerstoff der Bäume in uns hinein, wenn wir ausatmen, atmen sie unser Kohlenstoffdioxid ein. Ganz kleine, bewusste Verbindungen wie diese lehrt mich Yoga wieder und wieder. Yoga heißt Union. Ich arbeite hier persönlich viel mit den Qualitäten von feminin und maskulin, ebenso geht es eben aber um die verkörperte Erinnerung, dass wir ein Teil des Ganzen sind. Ob du es Gott, Göttin, Natur oder ganz anders nennst, ist irrelevant für mich, es sind nur Worte, die eine dahinter liegende Essenz zeigen.
Warum hast Du Deine Ausbildung in Guatemala und Bali gemacht? Und was sind die Unterschiede zu Yoga-Sessions hierzulande?
Meine erste Ausbildung vor knapp fünf Jahren in Guatemala war unfassbar lehrreich darin, tiefer in die Wurzeln des Yogas zu kommen, meine Praxis zu vertiefen und eine tägliche Praxis zu etablieren. Vor allem aber insofern, als dass ich zum ersten Mal mit dem Rhythmus des Tages aufgewacht und zu Bett gegangen bin, in purer Natur gelebt habe und nur frisch gekochtes Essen von der hauseigenen Farm gegessen habe, um nur einige Aspekte zu nennen. Dieses so andere Leben, weg von Schnelllebigkeit, von Lärm, von Konsum, von Werbung, von industriell gefertigten Produkten und so weiter war der größte Juwel meiner Ausbildung. Das Zurückkommen nach Hamburg war … interessant. Und ja, man kann seine sieben Sachen packen und nach Bali und Co. auswandern, und wer weiß, was das Leben für uns bereithält. Gerade sehe ich aber meinen Raum, genau hier zu sein. In the messiness, in the wild, in the loud. Um hier eine Brücke zu kreieren aus diesen zwei wundervollen, wilden Welten. Genau aus dem Grund habe ich vor knapp drei Monaten auch SOMA Space hier in Hamburg mit einer wundervollen Freundin und holistischen Stimmtherapeutin gegründet. Um einen Space zu schaffen, wo Leute ankommen können, wo das Nervensystem runterfährt, wo wir die Süße des Lebens kosten und von nicer Community umgeben sind. „Creating an oasis in the urban jungle“ war unsere Inspiration. Leute abzuholen, wo sie sind, und in einfachster Weise, Sprache und Tools zu diesem wundervollen inneren Ort des Yogas zu bringen.
Würdest Du sagen, Du bist ein sehr spiritueller Mensch?
Das erste Mal, als ich gefragt wurde, wie ich zu meinem spirituellen Weg gekommen bin, war ich total verdutzt. Was heißt das, was meint diese Frage? Ich glaube, wir sind alle spirituelle Menschen. Oft wird spirituell mit esoterisch gleichgesetzt. Ich liebe es auch, meinen Salbei anzuzünden, weil er so gut riecht und mein ganzes System tief ausatmen lässt. Für manche ist das vielleicht schon esoterisch – so be it.
Spiritualität ist für mich eine freie Form des Verbundenseins. Das Wissen, dass wir eben nicht einfach so in dieses Leben gekommen sind und alles alleine und für uns bewältigen müssen, ohne Plan, ohne Support. Spiritualität heißt für mich zu wissen, dass wir eben Kinder der Natur sind, ein Ausdruck des Göttlichen – welches Wording eben mit dir räsoniert.
Dein Motto lautet: „Your mind is a magnet“. Welche Tipps kannst Du als erfahrene Yoga- und Meditationslehrerin Menschen geben, die gerade niedergeschlagen sind und keine guten Perspektiven haben? Was sollte man an diesen Punkten im Leben tun?
You thoughts are creating your reality. Was sind die tief sitzenden Glaubenssätze, die uns immer wieder in den negativen Strudel schicken? Hierfür kann ich tiefere Arbeit als Mentorin empfehlen, denn diese holen uns immer wieder ein, bis wir Licht auf sie strahlen lassen und sie integrieren. Das nennt man „Shadowwork“, und ich finde es eine unfassbar kraftvolle Arbeit für mich und alle, mit denen ich bisher arbeiten durfte.
Ein paar kleine Dinge, die unfassbar große Effekte haben: Was ist die eine Priorität, die du in dein Leben einladen möchtest? Und was ist ein Schritt, klitzeklein, oder etwas größer, den du regelmäßig machen kannst, um dem näherzukommen?
Consistency is key. Bevor ich eine Morgenroutine hatte, habe ich den Tamtam darum gar nicht verstanden – jetzt tue ich es. Deswegen empfehle ich so sehr diese eine Sache jeden Morgen zu machen und sei es nur eine Minute. Oft ist es besser ganz kleine Ziele wie dieses zu setzen, diesem aber konsistent nachzugehen. Du wirst merken, wie du mehr Vertrauen und Selbstbewusstsein aufbaust und das Wellen in dein Leben schlägt. Ich finde es unfassbar wichtig, einen Moment der Dankbarkeit zu haben. Wir alle leben in unendlicher Fülle. Wenn du das hier liest, dann bist du sicherlich eine dieser Elite. Zugang zu den banalsten Sachen wie einem Bett, einem Handy oder Laptop, Elektrizität und so weiter sind eben nicht selbstverständlich. Wenn wir uns einen kleinen Moment konsistent nehmen, um uns dessen bewusst zu werden und dieses Gefühl von Dankbarkeit in uns zu spüren, Liebe, die wir geben und empfangen dürfen, das leckere Essen von gestern, die Sonne, diesen neuen Hammertrack, der mein ganzes Wesen tanzen lässt, so lässt du die Fülle in deinem Leben an Bedeutung gewinnen, anstatt das, was noch nicht so ist, wie du es magst.
Wo siehst Du Dich in zehn Jahren?
Ehrlich – ich bin so gespannt. Ich habe unfassbar Lust, Leute tief zu begleiten in Mentoring und Retreats, habe gerade auch mit Ausbildungen angefangen, und es erfüllt mich so sehr, dass ich das gerne machen werde, bis ich 100+ bin. Dazu würde ich supergerne ein Buch schreiben und ein schönes Journal kreieren, was Leute in den kleinen alltäglichen Momenten begleiten darf. Generell sehe ich mich in viel Natur, ab und an auf einem guten Dance, oft und viel am Meer – gerne dem mediterranen statt der Ostsee, meine griechischen Wurzeln… – und umgeben von den Liebsten, frischem eigenen Gemüse, leckerem Schmaus, mit einem Bauch voller Lachen und einem strahlenden Herz.