Feiert Alba Berlin den Doppel-Triumph? Die Basketballerinnen des Hauptstadtclubs haben ihren Teil dazu bereits beigetragen und erstmals den Meistertitel gewonnen. Nun beginnt für die Männer die heiße Play-off-Phase.
Nora Tschirner war nicht der einzige prominente Fan beim alles entscheidenden Finalspiel der Basketballerinnen von Alba Berlin um die deutsche Meisterschaft. Neben der Schauspielerin hatten sich auch zahlreiche Profis der Alba-Männer unter die Zuschauer gemischt. Sie alle fieberten mit 2400 anderen Zuschauern in der Sömmeringhalle mit, denn das fünfte und letzte Finalspiel gegen die Rutronik Stars Keltern in der Damen-Basketball-Bundesliga (DBBL) war ähnlich dramatisch wie die vier vorangegangenen. Am Ende behielt der Hauptstadtclub mit 68:53 die Oberhand und feierte seinen ersten Titel der Frauen-Mannschaft – und das nur zwei Jahre nach dem Aufstieg in die höchste Spielklasse. „Das bedeutet uns sehr viel. Es ist die Belohnung für die gute Arbeit der Spielerinnen, des Trainerteams und allen, die daran in den letzten Jahren beteiligt waren“, sagte Sportdirektor Himar Ojeda, der die Entwicklung im Frauen-Basketball des Clubs maßgeblich vorangetrieben hat.
Wohin entwickelt sich der Club?
In der Stunde des Triumphs erinnerte er sich an ein Manager-Meeting vor sechs Jahren, „in dem wir uns die Frage gestellt haben: Wo entwickelt sich der Club hin? Wir alle waren uns damals einig, dass Frauenbasketball mit unserem Männerteam ganz oben auf der Liste steht.“ Beide Abteilungen wurden fortan miteinander verzahnt, was für professionellere Strukturen bei den Basketballerinnen sorgte. „Ich habe Fortschritte beim Athletiktraining gemerkt, da kam aus dem Männerbereich viel Input, sodass ich plötzlich an Spieltagen fittere Beine hatte“, erklärte zum Beispiel Point Guard Lena Gohlisch. Der 30-Jährigen ist aber auch bewusst: „Klar haben nicht alle Standorte die Möglichkeiten wie wir bei Alba.“ Dennoch habe man die Bedingungen optimal genutzt und viel früher den Titel gewonnen als intern für möglich gehalten wurde. „Vielleicht“, meinte Gohlisch, „haben wir hier eine Vorreiterrolle“. Auch für das Männerteam?
Die Alba-Herren müssen nämlich noch einen großen Schritt Richtung Meistertitel gehen. Die heiße Play-off-Phase beginnt an diesem Freitag (17. Mai) mit dem ersten K.o.-Spiel. Der Gegner wurde in den sogenannten Play-Ins, einer von der Basketball-Bundesliga neueingeführten Vorqualifikation für die Playoffs, ermittelt. Wie auch immer der Gegner dann heißt: Alba geht als klarer Favorit ins Viertelfinalduell. Zum einen hat das Team von Trainer Israel Gonzalez mehr Regerationszeit, es darf mit zwei Heimspielen in die Best-of-Three-Serie starten, und es geht mit dem Schwung aus drei Ligasiegen in Serie an den Start. Im letzten Vorrundenspiel gewannen die Albatrosse mit 103:83 gegen die Hakro Merlins Crailsheim und besiegelten damit endgültig den Abstieg des Gegners. „Wir dürfen nicht die Spannung verlieren, weil wir nicht die sein wollen, die den Abstiegskampf entscheiden. Nicht, dass uns andere Fans etwas vorwerfen können“, hatte Alba-Guard Malte Delow schon vor dem Spiel gefordert: „Deshalb müssen wir das als Vorbereitung auf die Play-offs sehen.“
Für Alba selbst war das Spiel sportlich bedeutungslos, weil Tabellenplatz zwei vor dem Anwurf bereits feststand. „In einer Saison mit sechs neuen Spielern, vielen Verletzungen, viel Reisestress und einem harten Spielplan ist dieser zweite Platz bemerkenswert“, meinte Trainer Gonzalez. Doch er und sein Team wollten die Hauptrunde mit aller Macht mit einem Erfolgserlebnis abschließen. Noch wichtiger fürs Selbstvertrauen war aber ein anderer Sieg. Beim 59:53-Erfolg zwei Tage zuvor gegen Bayern München bewies der Hauptstadtclub zumindest in der Defensive absolute Titelreife. „Das war ein sehr wichtiger Sieg vor den Play-offs“, sagte Albas Jonas Mattisseck erleichtert: „Es tut gut, vor heimischem Publikum die Bayern zu besiegen.“ Der Prestigesieg war auch deswegen so wichtig, weil der Hauptrundengewinner den Berlinern fünf Tage zuvor eine empfindliche 53:77-Pleite zugefügt hatte. „Wir haben gezeigt, dass wir mithalten können“, sagte Delow nach der geglückten Revanche in der heimischen Arena am Ostbahnhof vor 12.665 Zuschauern. Der erste Sieg gegen die Bayern im vierten Saisonvergleich sei „sehr viel wert“, meinte das Eigengewächs Delow, vor allem in „einer harten Saison mit wenig Ausrufezeichen“. Bei einer weiteren Niederlage gegen den Dauerrivalen hätte man „vielleicht, wenn du in den Play-offs auf sie triffst, nicht das größte Selbstvertrauen“, wie Weltmeister Johannes Thiemann andeute.
Die niederschmetternde Niederlage in München könnte im Nachhinein noch viel Wert gewesen sein, auch wenn Spielmacher Martin Hermannsson unmittelbar nach der Schlusssirene konsternierte: „Aus dem Spiel können wir nichts Positives rausziehen.“ Vor allem die eigene Ausbeute von nur 53 Punkten – im zweiten Viertel gelangen gar nur historisch schlechte fünf Zähler – war eines Titelanwärters unwürdig. Die Wurfquote aus dem Feld von nur 29 Prozent war unterirdisch. „Das war ein Weckruf für uns“, versicherte Shooting Guard Matt Thomas.
Dabei war es für das ersatzgeschwächte Alba hervorragend losgegangen, das Team führte in München schnell mit 10:2. Doch dann griff Bayern-Trainer Pablo Laso in die Trickkiste: Er holte sein Team mit einem Time-Out zu sich an die Seitenlinie. So weit, so unspektakulär. Doch was der Spanier dann tat, hatten selbst die erfahrensten Spieler im Team so noch nicht erlebt. Laslo schwieg seine Profis an. Wie ein unangenehmer Schleier breitete sich die Stille aus, ehe sich der Coach kurz vor Ablauf der Auszeit doch noch knapp äußerte: „Was soll ich euch sagen? Was soll ich euch sagen?“ Er musste offenbar nichts sagen, die Bayern-Profis verstanden auch so. Fortan agierten sie viel aggressiver und entschlossener, der zweite Abschnitt ging mit 30:5 an die Münchner und geriet zur völligen Vorführung für Berlin.
„Schlechteste Vorbereitung“ vor München
„Das war die schlechteste Vorbereitung, die wir nur haben konnten“, begründete Hermannsson den schwachen Auftritt in München: „Spieler kamen aus Verletzungen, andere fehlten, einige konnten die Woche nicht trainieren.“ Auch Sportdirektor Himar Ojeda ließ in seiner Kritik Milde walten, weil das Team seit Wochen „immer mit zu wenigen Spielern“ spielen müsse. Die Rückkehr von Center Khalifa Koumadje, der seine Fünf-Spiele-Sperre wegen einer Tätlichkeit in Hamburg abgesessen hat, kommt daher gerade recht. Der 2,21-Meter-Riese war bei der erfolgreichen Revanche gegen die Bayern gleich ein wichtiger Faktor, weil er mit seiner Größe und physischen Präsenz die Dominanz der Münchner um den früheren NBA-Star Serge Ibaka unter dem Korb etwas brechen konnte.
Schon bei seinem Zwölf-Minuten-Einsatz zuvor gegen die Telekom Baskets Bonn (90:69) war der Mann aus dem Tschad auf Anhieb bester Rebounder der Berliner. „Khalifa ist ein Riesen-Punkt für uns“, sagte Albas Co-Trainer Thomas Päch: „Wenn er da ist, haben wir beim Defensiv-Rebound eine Waffe unterm Korb, die viel verändern kann.“ Koumadje will dem Team in der entscheidenden Saisonphase mit seinen Stärken helfen, ohne sich noch mal zu einer Undiszipliniertheit hinreißen zu lassen. „Ich kann unserem Team mit defensiver Präsenz helfen. Am Korb stehen, versuchen, Würfe zu verhindern. Das ist definitiv ein guter Anker für unsere Mannschaft“, sagte er.