Mit den wärmeren Tagen mehren sich auch wieder die Food-Festivals, wie etwa das „72h True Italian Food Festival“. Mit dabei sind auch zwei neu eröffnete italienische Lokale. Wir haben vorab gekostet.

Unverhofft kommt manchmal oft. Würden nicht diverse Food-Festivals anstehen, wären möglicherweise zwei spannende gastronomische Neueröffnungen unbeachtet an mir vorbeigegangen. Die Neuentdeckungen heißen „Frizza“ und „Soulty Food Club“. Das eine Lokal liegt im Westteil der Stadt, das andere im Berliner Osten. Beide nehmen teil am „72h True Italian Food Festival“. Für das Event öffnen 52 weitere italienische Lokale ihre Türen querbeet durch ganz Berlin. Für knapp zehn Euro wird den Fans der italienischen Küche dann eine ausgefallene Snack-Kreation serviert. Dazu gibt es einen fruchtig-frischen „Sarti Spritz“ oder als alkoholfreie Variante einen herb-fruchtigen „Crodino Spritz“. Die 72-stündige Veranstaltung wird von der Agentur Berlin Italian Communication im Rahmen des Projekts „True Italian“ organisiert.
Die kleinen Köstlichkeiten werden in den jeweiligen Lokalen vor Ort probiert Und so kommen Gäste nicht nur in den Genuss der Speisen, sondern können sich auch in die Vibes des jeweiligen Restaurants eingrooven. Viele der zahlreichen Leckereien auf der Festival-Karte lassen mir allein schon beim Lesen das Wasser im Munde zusammenlaufen. Und so manch’ eine Kreation dürfte die Neugier auf Neues wecken. Eine Dekonstruktion der bekannten italienischen Süßspeise dürfte das herzhafte Tirami giù sein: Es sieht aus wie klassisches Tiramisu mit Frischkäsecreme, wird aber mit Oliven-Taralli, halbgetrockneten Kirschtomaten, Balsamico-Reduktion und Basilikum geschichtet.
Der Name „Frizza“ ist ein Wortspiel

Spannend dürften auch Spaghetti mit Kartoffeln und Vongole in Zitronensoße oder traditionelle Käse-Kartoffel-Rösti (Frico) mit Polenta aus der norditalienischen Region Friaul-Julisch Venetien sein. Freunde von Fingerfood dürften bei Focaccia mit Lardo und Rucola oder venezianischen Cicchetti mit Baccalà Mantecato auf ihre Kosten kommen.
Leider habe ich nicht unendlich Zeit, um alle angebotenen Köstlichkeiten zu testen. Zeit für die zwei geplanten Lokale bleibt dennoch. Zunächst führt es mich auf meiner Food-Expedition in den alten Berliner Westen. An der Nürnberger Straße, einer Seitenstraße der trubeligen Einkaufsmeile Tauentzien, befindet sich das Bistro „Frizza“. Angefangen hat alles mit „Frizza.Kitchen“, einem Start-up-Unternehmen der Wahl-Berliner Philip und Paul Piskator.
Die Idee dahinter war hochwertige und frisch zubereitete Tiefkühlkost, die dem Lebensstil berufstätiger Menschen Rechnung tragen soll: „Gutes Essen kommt im hektischen Alltag oft viel zu kurz, obwohl jede und jeder weiß, wie wichtig es ist, sich von guten und frischen Zutaten zu ernähren“, sagt Gründer Philip Piskator. Doch oft fehle einfach die Zeit dazu. Der Deutsch-Italiener und sein Bruder waren zuvor in der Modebranche tätig und hatten wenig Zeit zum Kochen. Daraus entstand die Idee der Geschwister, größere Portionen zuzubereiten, nährstoffschonend schockzugefrieren und das Ganze schließlich auch zu vertreiben. Da zur Hälfte auch italienisches Blut in den Adern der beiden Entrepreneure fließt, liegt dabei natürlich vor allem eins auf der Hand – und das ist die Qualität der eigens hergestellten Tiefkühlgerichte.

Vor wenigen Wochen sind die beiden in Ligurien aufgewachsenen Gastronomie-Unternehmer einen Schritt weiter gegangen und haben nun ihr erstes, eigenes Lokal unweit des Ku’damms eröffnet. Der Name sei ein Wortspiel, erläutert mir Philip Piskator im Gespräch. Das Kunstwort „Frizza“ weckt einerseits Assoziationen an den runden, kulinarischen Nationalklassiker aus Bella Italia. Andererseits spielt die Wortneuschöpfung auf das Adverb „frizzante“ an, was auf Deutsch so viel wie prickelnd oder sprudelnd bedeutet.
Sprudelnde Leichtigkeit vermittelt auch das Ambiente des Restaurants. Der große, lichtdurchflutete und mit weißen Holzdielen und mannigfaltigen Kunstwerken versehene Raum wirkt wie ein großes Strandhaus, durch das eine leichte Sommerbrise weht. Das Bistro bietet von mittags bis in den frühen Abend Köstlichkeiten, bei denen sowohl Fleischliebhaber wie auch Vegetarier oder Veganer etwas Passendes finden sollten. Mit im Angebot sind wechselnde Pasta-Gerichte, Vitello tonnato, mit Rotwein-Teriyaki-Soße marinierte Beef Strips, toskanische Minestrone oder Kartoffel-Spinat-Gnocchi an Gemüse und Thymianbutter. Hinzu kommen Snacks wie etwa Ciabatta mit Büffelmozzarella und Pistazienpesto oder hausgemachter Hummus an Sauerteigbrot.
Lasagna Rolls für das Festival

Auch auf der Getränkekarte dürfte für jede und jeden etwas dabei sein. Mit zur Auswahl stehen eine handverlesene Auswahl an Weinen von kleinen Produzenten vorrangig aus Italien, Österreich und Deutschland, darunter auch die edlen Trauben vom familiären Weingut in Cinque Terre. Wer lieber nüchtern bleibt, kann seinen Durst auch mit einem Kombucha oder einem alkoholfreien Spritz oder Riesling stillen.
Naschkatzen dürfte der Zahn tropfen, wenn sie Köstlichkeiten wie Apfelkuchen an einer Miso-Karamell-Soße oder Pistazien-Cheesecake lesen. Auch ich gebe mich geschlagen und koste ein Stück der fabelhaften Käsetorte. Der Clou des cremigen, aber nicht zu schweren Desserts ist sein Kirsch-Holunder-Topping: Die leuchtend rote Soße bildet nicht nur einen farblichen Kontrast zur hellgrünen Kuchenbasis, sondern auch ihr leicht säuerlicher Geschmack beweist, dass sich Gegensätze gut ergänzen können. Ein Traum von einem Käsekuchen!

Aber ich bin ja nicht hier wegen der Desserts. Und so probiere ich auch die Spezialität, die Philip Piskator und sein Bruder auf dem Festival anbieten: Lasagna Rolls. Hierbei handelt es sich um eine aufwendig hergestellte, eingerollte Lasagne aus hausgemachtem Teig, die ein bisschen wie eine Zimtschnecke aussieht. Der herzhafte Zimtschnecken-Doppelgänger überzeugt mich vor allem durch die hocharomatische Bolognese-Füllung aus handgeschnittenem Rindfleisch, und auch die Béchamelsoße zerschmilzt auf der Zunge. Natürlich gibt es das Ganze auch als vegetarische Variante mit Pilzfüllung.
Genuss pur erlebe ich wenige Tage später im Ostteil der Stadt, als ich den ebenfalls neu eröffneten „Soulty Foodclub“ an der Gabriel-Max-Straße in Friedrichshain besuche. Zuvor war an der Gabriel-Max-Straße noch das „MedEATearranean Trip“ unter der Federführung von Sergio Priore beheimatet. Doch zwischenzeitlich ist der Gastronom mit seiner neapolitanischen Küche in große Räumlichkeiten gezogen. Kürzlich haben Thandiwy degli Esposti und ihr Geschäftspartner Christian Nieth das Lokal übernommen. Beim Umbau haben sie selbst Hand angelegt, erzählt die in Südafrika und Südtirol auf gewachsene Gastronomin im Gespräch.
Umrahmt von quietschbunten Tapeart-Gemälden sitzen die Gäste auf schwarzen Holzbänken. Währenddessen steht Max Maddy, der schon im „Sage“ und im „Facil“ gekocht hat, hinter den Töpfen und bereitet mediterrane und Südtiroler Köstlichkeiten mit besonderem Twist zu. Auf der Karte stehen unter anderem Carbonara mit angebratenem Spargel und Onsen-Ei, selbstgerollte Trüffel-Tortelloni oder ein Kuchen mit Olivenöl. Wer mag, kann sich durch die meisten Kreationen aus der Küche auch beim Sonntagsbrunch probieren.
Bruschetta in drei leckeren Varianten

Gut, dass mir das festgelegte Festival-Menü die Qual der Wahl abnimmt. Und so komme ich in den Genuss von drei Bruschetta-Varianten – eine köstlicher als die andere. Besucher des „72h True Italian Food Festival“ müssen sich allerdings entscheiden, ob sie lieber mit der veganen, mit der fleischigen oder mit der fischigen Option vorliebnehmen. Mein Kulinarik-Traum an diesem Nachmittag ist die vegane Variante des super-knusprigen Brots mit einem hocharomatischen Pesto aus getrockneten Tomaten und Chiliöl, gegrilltem Wild-Brokkoli, schwarzem Knoblauch und knackigen Mandeln.

Oder ist es doch die raffinierte Sardellen-Bruschetta mit cremiger Burrata, Basilikumöl mit ihren süß-bitteren Komponenten dank fermentierter Zitronenschalen und einer Tomaten-Rhabarber-Marmelade? Schwer zu sagen. Ebenfalls köstlich ist auch die dritte Variante mit Rinder-Tatar mariniert mit Senfkörnern und Wacholderbeeren sowie eingelegten Charlotten und Radieschen.
Wer noch mehr Vorgeschmack auf die Genüsse von Bella Italia und den Sommer haben möchte, kann im Juni noch mehr aus der Küche von Friedrichshains Restaurants kosten. Denn auf dem „Italian Street Food Festival“ vom 8. bis 9. Juni geht das Schnabulieren all’italiana weiter. Diverse Restaurants bieten am Osthafen wieder Leckereien an. Thandiwy degli Esposti und ihr Team wartet dann mit Frittura di pesce mista auf. Das Gericht besteht aus frittierten Kalamari, Garnelen, Sardinen und Mini-Tintenfischen mit mehreren Dips, etwa mit Basilikum, mit Knoblauch und mit Chili. Auch sehr lecker, finde ich, während ich die Meeresfrüchte in die grüne Soße tunke. „Das haben wir als Kinder immer am Strand gegessen“, schwärmt die Südtirolerin. Ja, der Sommer kann kommen.